Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
all diese Fragen schienen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geheimnis um die Nebelfee zu stehen. Alles passte haargenau zu dem, was Plim und er im Sommer herausgefunden hatten. Die Nebelfee war mit einem raffinierten Trick angelockt, gefangen und anschließend verschleppt worden – und zwar noch bevor das Land in Schnee und Eis versunken war.
Wer wusste von dieser Geschichte? – rätselte Primus. Waren es lediglich Magnus Ulme, Ruven Rabenstein und er selbst gewesen, die diesem Geheimnis auf die Schliche gekommen waren, oder gab es am Ende noch jemand anderen im Hintergrund …?
Die Haustür ging auf und mit ihrem Rennbesen in der Hand trat Plim ins Freie. Plim war auf dieses Höllengerät ebenso stolz wie auf ihren heiß geliebten Hexenkessel. Der Besen verfügte über einen Lenker mit Hupe, einen Fahrradsattel und zwei lange, verrußte Auspuffrohre. Plim selbst sah nicht gerade danach aus, als würde sie eine beschwerliche Reise erwarten. Sie trug ein dunkelgrünes Abendkleid, glänzende Stiefel und eine kurze, buschige Pelzjacke. Ihr langes Haar hatte sie zu einem strengen Zopf zusammengebunden. Sie stellte den Besen ab, zog ihre Pilotenmütze über und setzte die Rennfahrerbrille auf.
Primus verwandelte sich und kam über die Wiese auf sie zugeflattert. »Du, hör mal«, sagte er, »willst du etwa in diesem Aufzug zu den Sümpfen fliegen?«
»Ganz genau«, nickte sie, »in Grün bin ich bestens getarnt.«
»Ja, schon«, sagte er, »aber vielleicht solltest du dir lieber etwas Festeres anziehen?! Wir machen doch keinen fröhlichen Stadtbummel.«
»Ach, papperlapapp«, winkte sie ab, »das ist genau das Richtige. Außerdem habe ich noch einen Schal eingepackt. Komm«, sagte sie, während sie ihre schwarzen Damenhandschuhe bis über die Ellbogen streifte, »ich kenne den Weg. Du kannst bei mir mitfliegen, dann geht es schneller. Am besten, du setzt dich wieder vorne auf den Lenker und hältst meine Tasche fest. Aber dass du auch schön auf sie aufpasst, ja?«
»Alles klar«, sagte er und krallte sich fest. »Von mir aus kann die Fahrt losgehen.«
Sie warf den Besen an und ließ den Motor aufheulen. Stinkende Rauchschwaden machten sich in der Lichtung breit, dass Chuck aus seinem Schläfchen erwachte. Dann hoben sie ab.
»Los«, rief Primus, »auf zur Schwarzen Hütte!«
Und mit einem lauten Knall schossen die beiden dem Himmel entgegen.
Tapsen im Dunkeln
S nigg lag auf seinem Komposthaufen und döste. Gemächlich wanderte der Schatten der alten Eiche über ihn hinweg, während sich die Sonne im Westen senkte. Noch immer war es frühlingshaft klar und angenehm warm. Die bauschigen Wolken, die von Osten heranrückten, leuchteten im Licht des Nachmittags und formten sich zu zahllosen Gebilden, hoch über dem Land.
Snigg rekelte sich auf seinem Laubhaufen und blinzelte genüsslich in die Sonnenstrahlen. So gut wie heute hatte er schon lange nicht mehr geschlafen, stellte er fest. Zuerst das leckere Frühstück bei Chuck und anschließend das ausgiebige Nickerchen im Sonnenschein. Was konnte es Schöneres geben? Zum vollendeten Glück fehlte ihm eigentlich nur noch ein kleiner Nachmittagsimbiss und der Tag wäre gerettet. So raffte er sich auf und fing grunzend an, in seiner Blättermatratze zu wühlen.
Plötzlich ertönte aus der Eiche ein Zischen. Etwas schoss unter dem Boden hindurch, flitzte durchs Innere des Baums und näherte sich kurz darauf mit rasender Geschwindigkeit dem Astloch, unter dem sein Komposthaufen lag. Der Kürbis zuckte zusammen. Er wusste genau, was im nächsten Moment passieren würde, und zog augenblicklich den Kopf ein. Der Zauberzirkel war im Anmarsch und zum Flüchten fehlte ihm wie immer die Zeit. Schnell vergrub er den Kopf zwischen den Blättern und biss die Zähne zusammen.
»Jeden Monat das Gleiche«, jammerte er. Ausgerechnet dann, wenn dieses dämliche Magazin ankam, saß er wieder einmal nichts ahnend unter dem Astloch und bekam den Prügel mit voller Wucht an den Kopf. Es war zum Verzweifeln.
Doch dann geschah es, dass er hinter sich ein leises Knacken vernahm.
Snigg horchte auf. Das Zischen in der Rohrleitung wurde auf einmal lauter! Es ging in ein lärmendes Trillern über und wuchs schließlich zu einem ohrenbetäubenden Pfeifen an, dass dem Kürbis Hören und Sehen verging. Die Äste der Eiche wackelten. Wie ein kochender Teekessel pfiff der alte Baum nun über die Hügel, so dass die Fensterscheiben des Turms vibrierten. Snigg wusste überhaupt nicht
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