Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
der Erdboden mit jedem Augenblick näher kam.
» DU MUSST WIEDER HOCHZIEHEN !« Seine Backen flatterten im Wind.
» HÄ ?«, kam es unter seinen Flügeln hervor. » ICH HÖR NICHTS !«
» HOCHZIEHEN , ABER SCHNELL ! HOCHZIEHEN ! HOCHZIEHEN !«
Plim drehte sich zur Seite. Im letzten Moment machte der Besen einen Bogen und schoss hüpfend über das Wasser davon.
Primus rutschte von Plims Gesicht herunter. Diese spuckte und schüttelte den Kopf.
»Darf ich jetzt endlich wieder etwas sehen, ja?!«, schimpfte sie. »Ich komme mir ja bald vor wie im Zirkus.«
Dann setzte der Motor aus.
Der Besen holperte über die Wasseroberfläche, wurde langsamer und blieb schließlich in einer Erdkuhle liegen. Ein letztes Wölkchen trat aus dem Auspuff – dann war die Sause vorbei.
Völlig erledigt rutschte Plim vom Besen.
Nach dieser Höllenfahrt war sie fix und fertig. Breitbeinig saß sie auf dem Boden und zog die Brille von der Nase. Ihr Gesicht war bis zu den Ohren mit Ruß beschmiert. Sie schaute zu Primus, der mit baumelnden Flügeln über dem Lenker hing. Er ließ sich neben Plim auf den Boden fallen und nahm seine menschliche Gestalt an.
Plim zog eine Schnute.
»Ich glaube, jetzt ist der Besen endgültig im Eimer«, jammerte sie. »Mit dem kann ich wahrscheinlich nur noch Krähen verjagen und den Hausflur fegen.« Dann kamen die üblichen Vorwürfe: »Habe ich nicht von Anfang an gesagt, wir sollten besser zu Fuß gehen? Das kommt davon. Jetzt sitzen wir schon wieder in der Tinte. Hätte ich bloß nicht auf dich gehört.«
»Aha«, entgegnete Primus, »nun bin ich also wieder an allem schuld.«
»Na, wer denn sonst?«, sagte sie empört. »Wenn es nach mir gegangen wäre, dann würden wir ganz bequem durchs Land spazieren. Da, schau mal her!« Sie zeigte auf ihr Seidenkleid. »Von oben bis unten dreckig! Chuck wird einen Aufstand machen, wenn ich ihm das Ding morgen anziehe.« Pikiert verschränkte sie ihre Arme. »Außerdem riecht es hier ganz komisch, findest du nicht?« Sie schnupperte. »Feucht und modrig.«
»Stimmt«, murmelte Primus, »beinahe wie in einem Sumpf.«
»Was hast du da gesagt?«
»Ach nichts«, antwortete er. »Komm, lass uns lieber zusehen, dass wir von hier verschwinden. Die Hütte war irgendwo da drüben. Solange die Sonne noch scheint, können wir sie eigentlich nicht verfehlen.«
Er stand auf und schritt durch den Schlamm. Plim kam ihm mit dem Besen in der Hand hinterher.
»Du hast gerade eben was Gemeines gesagt«, grummelte sie.
»Hab ich nicht!«
»Hast du doch!«
»Ach Unsinn.«
»Ich habe es genau gehört.«
… und sie verschwanden im Dunst.
Unterdessen tapste Bucklewhee durch die Dunkelheit. Diese seltsame Rohrleitung, in die er da geschlüpft war, schien nimmermehr enden zu wollen. Seit Stunden schon ging es eintönig dahin. Es gab keinerlei Abwechslung, ja, nicht einmal einen Pfosten, gegen den er hätte laufen können. Mittlerweile hatte er seine Augen geschlossen. Im Schneckentempo trottete der Gockel geradeaus, wobei er laut Selbstgespräche führte. Er redete über die Bekämpfung von Holzwürmern, hielt Vorträge über Zahnräder und vertrat eisern die Meinung, dass Sanduhren unzuverlässig seien und grundsätzlich stehenblieben. Zwischen den Vorträgen erzählte er sich seine Lieblingswitze, dass er vor Lachen kaum noch aufrecht gehen konnte. So viel Spaß hatte er schon lange nicht mehr gehabt.
Dann konzentrierte er sich auf die technischen Themen. Er dachte an den Brief, der weit hinter ihm unter der Erde lag, und entwarf Apparaturen zum Saubermachen von Rohrleitungen. Selbstverständlich bestanden diese aus zahlreichen Ketten und Metallfedern. Sie hatten ganz viele Schnüre und bimmelten wie verrückt, wenn sie mit der Arbeit fertig waren. Vielleicht musste er vorher noch einige Berechnungen anstellen, grübelte er, aber vom ersten Ansatz her müssten die Maschinen eigentlich funktionieren.
In diesem Moment stieß er sich den Kopf. Als wäre er aus dem Tiefschlaf gerissen worden, schnappte Bucklewhee nach Luft. Um ihn herum war es auf einmal taghell! Er torkelte blinzelnd durch die Leitung und rieb sich die Augen. Dann erst lugte er vorsichtig zwischen seinen Flügelknochen hindurch. Von oben kam Licht.
Unter glucksenden Jubelschreien hüpfte er auf der Stelle. Er hatte es tatsächlich geschafft. Nach all den Stunden in diesem verstaubten Rohr hatte er das Ende der Leitung nun doch noch erreicht. Er hob den Kopf und schaute sich um. Die Rohrleitung machte
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