Das Unmoralische Angebot des Prinzen
werden höchstens immer tiefer, so wie im Laufe des vergangenen Monats.“
„Aber woher willst du das wissen?“
„Kein Mensch kann in die Zukunft sehen. Aber ich habe mich in den achtunddreißig Jahren meines Lebens ziemlich gut kennengelernt. Nie war ich wirklich verliebt, wirklich verrückt nach einer Frau. Bis ich dich getroffen habe. Du bist der Teil, der mir fehlt, corpo e anima – Körper und Seele. Ich kann nicht leben ohne das, was mich zu einem Ganzen werden lässt.“ Als er ihren zweifelnden Blick sah, fragte er panisch: „Sag mir die Wahrheit, Gabrielle. Empfindest du es nicht genauso?“
Sie zögerte einen Moment, dann brach es aus ihr heraus. „Doch, Durante, ich fühle alles, was du fühlst. Es macht mir nur manchmal Angst, dieses Gefühl, weil es so stark ist. Und dann fürchte ich mich vor der Zukunft, weil ich dich vielleicht irgendwann verlieren werde. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass so ein Glück ewig dauert. Ständig frage ich mich, wann du wohl genug von mir haben wirst und …“
„Genug von diesem Glück? Von dem, was mich lebendig macht? Was ich brauche wie die Luft zum Atmen?“
„Durante … das ist zu viel auf einmal … viel zu viel.“
„Nichts ist zu viel für dich. Mein Leben gehört dir, die ganze Welt gehört dir, wenn du willst. Willst du, divina Gabriella ?“
Er erkannte die widerstreitenden Gefühle in ihr und wartete angespannt. Doch dann rief sie: „Ja, Durante. Bitte, lass mich nie wieder allein. Ich werde alles tun, um dein Leben zu bereichern, wenn du mich nur lässt.“
Überglücklich stöhnte er auf und zog sie an sich. „Du hast mein Leben schon unendlich bereichert, amore. Du hast mich geheilt, mir meine Ängste genommen. Jetzt gehöre ich dir, mit allem, was ich bin. Und ich werde mich bemühen, der beste Ehemann der Welt zu werden. Du hast übrigens recht, wie immer. Wir können nur wirklich glücklich werden, wenn ich meinen Hass begrabe. Dazu kommt, dass wir eine Hochzeit feiern, die dir angemessen ist. Daher werde ich zurückkehren und mit meinem Vater Frieden schließen. Unsere Hochzeit soll in Castaldinien stattfinden.“
13. KAPITEL
Mit jeder Meile, die sie auf castaldinischem Boden zurücklegten, nahm in Gabrielle das Gefühl zu, sie müsse ersticken. Obwohl sie sich dagegen wehrte, stiegen Erinnerungen an die schlimmsten Tage ihres Lebens in ihr auf. Gabrielle bekam Angst, dass die traumatischen Erfahrungen sich wiederholen könnten, diesmal ohne Aussicht auf ein glückliches Ende.
Sie hatte die meiste Zeit ihrer Kindheit auf einer Mittelmeerinsel verbracht, und die herrliche Landschaft, das Sonnenlicht und die Weite des Meeres hatten ihr die unruhigen und traurigen Jahre versüßt. Ihr letzter Aufenthalt auf Sardinien war jedoch vollkommen anders verlaufen, denn zusehen zu müssen, wie ihre Mutter langsam zugrunde ging, wie jedes Leben aus ihr wich, wie die sonnendurchflutete Villa am Meer, die von einem alten Olivenhain umgeben war, sich mehr und mehr in eine Gruft verwandelte, hatte ihre Liebe zu Italien zerstört.
Und jetzt fuhr sie an Durantes Seite durch eine ebenso schöne mediterrane Landschaft, nachdem sein Privatjet auf dem für Mitglieder der königlichen Familie reservierten Flugplatz gelandet war. Um sich von ihren traurigen Gedanken abzulenken, konzentrierte sie sich auf das, was Castaldinien von Sardinien unterschied. Die Landschaft war ungezähmter und vielfältiger, die Berge zerklüftet, die Hügel durchschnitten von Flüssen, die in den Ebenen weites Schwemmland gebildet hatten, teils fruchtbar, teils bewachsen von dichtem Buschland. Das türkisfarbene Meer war gesäumt von langen weißen Sandstränden.
Als ob Durante ihre Anspannung spüre, fragte er: „Bist du zum ersten Mal in Castaldinien, bellissima ?“
Jetzt wäre der Moment gewesen, ihm alles zu gestehen. Das Bedürfnis war schon seit Tagen so stark wie die Angst vor seiner Reaktion. Zu ihrem Leidwesen hatte ihre Angst die Oberhand behalten. Sie brachte es einfach nicht fertig und hoffte inständig darauf, dass der König, den sie in einer Stunde treffen würden, die Last von ihr nehmen würde. Dann wusste Durante endlich Bescheid über ihre Rolle in dem Spiel und darüber, dass sie verpflichtet gewesen war zu schweigen. „Ja, es ist seltsam, dass ich nie hier war“, erwiderte sie. Er konnte nicht wissen, wie seltsam. Denn König Benedetto hatte in ihrem Leben ja immer eine große Rolle gespielt.
„Deine Verbindungen zu meinem Land haben dazu
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