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Das unsagbar Gute

Das unsagbar Gute

Titel: Das unsagbar Gute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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Einfluss anderer Menschen im letzten Jahr. Weil Schott allen anderen Menschen egal war. Bianca bildete keine Ausnahme, sie war froh, wenn ihr Schott nicht in den Sinn kam; passierte es doch, dachte sie schnell an etwas anderes. Für seine Exkollegen von der Zeitung galt das Desinteresse an Schott in noch höherem Maße, die meisten hatten seit Monaten nicht ein einziges Mal an Schott gedacht. Schon wegen des Übermaßes an eigenen Problemen.
    Mit dem Desinteresse an Schott war es nun aber vorbei. Eine bestimmte Person dachte ständig an ihn. Nicht an Schott direkt, nur an das, wofür Schott stand, an den mutmaßlichen Mörder der Frau Leupold und hundertprozentig feststehenden Dieb des Geldes. Geld wird immer vermisst. Schott hätte nach zwei Minuten Nachdenkens auch den Konnex zwischen dem Geld und dem Labor hergestellt und dieses nicht als Marotte einer ehemaligen Chemieprofessorin angesehen, die nicht über die Pensionierung hinwegkam. Wenn Schott ein wenigmehr Interesse an seiner Nachbarschaft entwickelt hätte, wäre ihm auch die Existenz des Enkels Manfredo Gonzales Leupold nicht verborgen geblieben; er hätte ihm nicht einmal selber begegnen müssen – es hätte gereicht, im Supermarkt sich rudimentär an den dortigen Gesprächen zu beteiligen und den Klatsch wenigstens passiv aufzunehmen. Aber eben, daran lag es ja: dass Schott keinen Anteil nahm. An nichts und niemandem. Wir müssen es leider sagen, dass das Desinteresse der Exkollegen an Schott nur die genaue Entsprechung seines eigenen Desinteresses an diesen Leuten war.
    Aber Schott wusste nichts von einem Enkel und dessen Aufenthalten in Wien. Für die Außenkontakte war Bianca zuständig gewesen, als sie verschwand, fielen auch diese Kontakte fort, ohne dass Schott es überhaupt merkte. Bezeichnenderweise war seine Isolation inzwischen schon so groß, dass sie nur noch von einem Tier, dem Kater Sami, durchbrochen werden konnte. Und diese Menschenscheu, dieses Insichgekehrtsein eines randständigen Individuums hätte Dr. Hintergschwandtner dann in seinem Plädoyer zur Entlastung Schotts verwenden können; die Wegnahme des Geldes und das Nichtmelden der Auffindung der Frau Leupold als Kurzschlusshandlung eines Menschen, dem normales Sozialverhalten in einem über Monate sich hinziehenden Prozess der Abstumpfung abhandengekommen sind … wie gesagt, das hätte Dr. Hintergschwandtner verwenden können. Wenn es zu einer Verhandlung gekommen wäre.
    Aber dazu ist es nicht gekommen.
    Dennoch wird uns der Anwalt Dr. Hintergschwandtner noch begegnen, wenn auch nicht in anwaltlicher Funktion, wir führen ihn aber schon jetzt ein, damit wir uns an den Namen gewöhnen.

    Stimmen 2

    »Mein Gott, ich dachte schon, es hat dich dort drüben …«
    »Ach ja? Warum bist du dann nicht nachgekommen?«
    »Wollt ich auch … ehrlich … in fünf Minuten wäre ich …«
    »Ja, ja, schon gut …«
    »Was hast du so lang gemacht?«
    »Mich umgesehen. Gründlich. Vom Keller bis zum Dachboden. Unglaublich, was die Frau für Gerümpel angesammelt hat. Diese Kommoden von anno Schnee, gleich mehrere übers ganze Haus verteilt! Aber nicht etwa Stilmöbel oder so, nichts, was irgendwas wert wäre. Du hättest sehen sollen …«
    »Was ist mit der Leupold?«
    »Was soll mit ihr sein?«
    »Ist sie noch da?«
    »Natürlich ist sie noch da. Liegt neben dem Tisch und ist tot. Was hast du denn gedacht? Dass sie auferstanden ist?«
    »Es hätte doch sein können, dass jemand sie gefunden hat. Ist doch schon ein paar Stunden her.«
    »Interessanter Gedanke – du ahnst ja nicht, wie interessant. Ich bin sogar überzeugt, dass jemand sie gefunden hat.«
    »Wie kommst du da drauf?«
    »Das Geld ist weg. Jemand war da und hat es geklaut.«
    »Wer denn?«
    »Jemand Neugieriger. Jemand wie du.«
    »Was? Ich schwöre dir, ich habe …«
    »War nur Spaß. Wenn du es genommen hättest, wäre es ausgesprochen dämlich gewesen, mir zuerst davon zu erzählen, oder?«
    »Ja …«
    »Also war es jemand anderer, der hinwiederum kaum übersehen haben kann, dass die Frau Leupold tot im ersten Stock liegt.«
    »Vielleicht hat er nur das Geld gesehen, geschnappt und ist gleich wieder weg …«
    »Kaum. Überleg doch: In einem Haus, wo das Geld so herumliegt, gibt es sicher noch was anderes zu holen – so würde ich mir das vorstellen, wenn ich der Einbrecher wäre. Und dann würde ich alles absuchen und die Frau Leupold entdecken …«
    »Wieso kommst du auf einen Einbrecher? War etwas

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