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Das unsagbar Gute

Das unsagbar Gute

Titel: Das unsagbar Gute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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Gott gibt, kann der auch kein Auge haben; einfach eine sehr starke halluzinogene Wirkung von Nummer siebzehn war das gewesen, das war auch schon alles. Entheogen. Das Wort fiel ihm ein, er hatte einmal etwas darüber gelesen. Zusammengesetzt ausden griechischen Worten »en« gleich »in«, »theos« gleich »Gott« und »genesthai« gleich »bewirken, erzeugen« … also etwa »im Inneren Gott bewirken«. Beschreibt die Sache doch recht gut, das kam also von innen, nicht von außen, weder aus der diesseitigen noch einer hypothetischen jenseitigen Außenwelt …
    Woher weißt du das?
    Das liegt doch auf der Hand, dieses Gefühl des Einsseins mit dem Universum, das ist doch typisch für diese Art Drogen …
    Nein, du Trottel! Das mein ich nicht! Woher weißt du, was entheogen heißt?
    Hab ich wo gelesen …
    Red keinen Müll! Das müsste ich wissen! Du hast nie etwas über die griechische Herkunft dieses Wortes gelesen!
    Na schön, mag sein, aber das kann man sich als Abendländer doch zusammenreimen – gen hat was mit erzeugen zu tun, liegt doch auf der Hand, Gene, genetisch  …
    Ja, ja, bla, bla! Aber die Nennform genesthai ! Woher weißt du das? Wie heißt denn die erste Person Singular?
    Genomai  … glaub ich …
    Na also! Woher weißt du das?
    Die Stimme verstummte. Er brauchte sie auch nicht mehr zum Diskurs. Das Problem war herauspräpariert. Er konnte Griechisch. Hatte es aber nie gelernt. Genomai. Das kriegte man nicht einfach so mit als Abendländer. Und dann dieser Satz der Katze. Ho de speiron eis to pneuma ek tou pneumatos therisei zoän aionion. Logisch. Speiron war Partizip, eigentlich »der Säende« – im Deutschen besser als Nebensatz aufgelöst: »wenn einer sät« oder »derjenige, der sät« oder aber lutherisch »wer sät«, eis to pneuma: »auf den Geist«, eis mit Akkusativ, was sonst? Und so weiter. Er zerlegte den ganzen Satz in einzelne grammatische Partikel, es war nichts Geheimnisvolles dran, kein besonders anspruchsvolles Griechisch das Ganze – aberer hatte das nie gelernt. Jetzt konnte er es. So wie einer, der es gelernt hat. Im Gymnasium. Nur der Romuald Nowak konnte das nicht sein. Der hatte sich damals für Französisch entschieden statt für Altgriechisch. Nur zwei Spinner, deren Namen er nicht mehr wusste, hatten sich für die tote Sprache entschieden. »Tote Sprache«, das war gut! Die Sprache war in Nowaks Kopf durchaus lebendig. Nicht, dass der halluzinierte Kater mit altgriechischen Zitaten um sich warf, war das Problem. Sondern der Dr. Nowak, der viel über Chemie wusste, aber nichts über Griechisch – umgekehrter Alzheimer, fiel ihm ein. Die Dementen vergessen, was sie gelernt haben, ich aber weiß, was ich nie gelernt habe.
    Er setzte sich und begann nachzudenken. Sehr gründlich. Erst hier und jetzt setzte die große Wandlung bei Dr. Romuald Nowak ein. Nämlich jene, die einen neuen Menschen hervorbringt und so weiter. Geglaubt wird so etwas heute nicht mehr, weil man reflexhaft dazusagt: Und dann stellt sich heraus, dass der Neue wie der Alte ist; auch der Betroffene selbst, Romuald Nowak, hatte solche Bedenken und Einwände. Bis ihm das Wort metanoia einfiel, das er auch niemals gelernt hatte, von dem er aber wusste, dass es »Umkehr« hieß. Und dass damit nicht jene »Umkehr« gemeint war, die man in einem Selbsterfahrungsseminar im katholischen Bildungshaus St. Sowieso zu unternehmen meint, und auch nicht die Umkehr in einem Ashram in Goa. Sondern eben die Metanoia, das völlig andere, das aus dem Geist kommt. Therizein ek pneumatos halt; aus dem Geist ernten. Steht ja so dort!
    Aus dem Geist ernten ist aber etwas völlig anderes als aus einem Zwanzig-Liter-Rundkolben ernten – und das, was geerntet wird, ist deutlich weniger anschaulich oder fassbar als ein Kilo 3,4-Methylendioxymethamphetamin. Die Interessen ändern sich bei dieser Ernte mit.
    Das hat Romuald recht bald gemerkt.

    Stimmen 5

    »Was stimmt denn jetzt schon wieder nicht?«
    »Was soll nicht stimmen, was meinst du?«
    »Ich seh dir doch am Gesicht an, dass irgendwas faul ist!«
    »Ach woher … es ist nur …«
    »Was?«
    »Dieser Nowak …«
    »Was ist mit dem? Gestern hast du noch gesagt, alles paletti, alles wunderbar, keine Sperenzchen, mit allem einverstanden – hast du etwa noch einmal angerufen, und jetzt macht er einen Rückzieher?«
    »Nein, macht er nicht. Ich hab nur – nachgedacht …«
    »Und?«
    »Das geht alles … wie soll ich sagen … zu glatt. Ich

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