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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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Die Frau sah mich misstrauisch an und hielt mir das Flugblatt hin, das ich mit einem besänftigenden Lächeln annahm.
    »Sie haben kein Recht dazu«, sagte sie.
    »Da bin ich ganz Ihrer Meinung…«
    »Nur der Herr, unser Gott, kann unsere Seelen retten.«
    »Ich…« Aber nun drängte Kristin Ortega mich mit entschiedenem Griff weg. Die Art, wie sie meinen Oberarm packte, verriet, dass sie Übung darin hatte. Ich schüttelte sie behutsam, aber ähnlich energisch ab.
    »Haben wir es irgendwie eilig?«
    »Ja, denn ich glaube, dass wir beide Wichtigeres zu tun haben«, sagte sie gepresst und schaute sich zu ihren Kollegen um, die nun ihrerseits die angebotenen Flugblätter abwehren mussten.
    »Vielleicht hätte ich mich gerne mit ihr unterhalten.«
    »Aha? Ich hatte eher den Eindruck, dass sie ihr einen Handkantenschlag gegen den Kehlkopf versetzen wollten.«
    »Das war nur der Sleeve. Ich glaube, er wurde irgendeiner Neurachem-Konditionierung unterzogen, die diese Frau ausgelöst hat. Die meisten Leute legen sich nach dem Download für ein paar Stunden hin. Ich bin vielleicht noch etwas überreizt.«
    Ich starrte auf das Flugblatt in meiner Hand. KANN EINE MASCHINE DEINE SEELE RETTEN?, fragte es mich. Das Wort »Maschine« war in einer Schrift gedruckt, die einer altertümlichen Bildschirmdarstellung entsprechen sollte, und »Seele« in schwebenden holografischen Lettern, die über die ganze Seite tanzten. Ich drehte das Blatt um, auf dessen Rückseite ich die Antwort fand.
    NEIN!!!
    »Also ist die kryogene Suspension okay, aber nicht der Transfer digitalisierter Individuen. Interessant.« Ich schaute nachdenklich zu den leuchtenden Transparenten zurück. »Was ist die Resolution 653?«
    »Ein Testfall, der vor dem UN-Gerichtshof verhandelt wird«, erklärte Ortega knapp. »Die Staatsanwaltschaft von Bay City will einen eingelagerten Katholiken als Zeugen vorladen. Der Vatikan sagt, dass er bereits tot und in den Händen Gottes ist, und bezeichnet die Angelegenheit als Blasphemie.«
    »Ich verstehe. Also ist Ihre Loyalität in dieser Sache recht ungeteilt.«
    Sie blieb stehen und drehte sich zu mir um.
    »Kovacs, ich hasse diese gottverdammten Freaks. Sie haben uns gute zweieinhalbtausend Jahre lang unter der Knute gehalten. Sie waren für mehr Leid verantwortlich als jede andere Organisation der Geschichte. Vielleicht haben Sie davon gehört, dass ihre Anhänger nicht einmal Geburtenkontrolle praktizieren dürfen. Sie haben sich jedem maßgeblichen medizinischen Fortschritt der letzten fünfhundert Jahre verweigert. So ziemlich das Einzige, was zu ihren Gunsten spricht, ist die Tatsache, dass diese DigIn-Sache sie daran gehindert hat, sich mit dem Rest der Menschheit auszubreiten.«
    Das Fahrzeug erwies sich als ramponierter, aber unzweifelhaft schnittig designter Lockheed-Mitoma-Transporter, dessen Anstrich wahrscheinlich die Farben der Polizei repräsentierte. Auf Sharya war ich schon mit Lock-Mits geflogen, aber dort waren alle in stumpfem Schwarz als Radarschutz lackiert gewesen. Die roten und weißen Streifen an diesem Fahrzeug wirkten dagegen knallbunt. Ein Pilot mit Sonnenbrille, ganz im Stil von Ortegas kleiner Truppe, saß regungslos im Cockpit. Die Einstiegsluke des Kreuzers war bereits hochgeklappt. Ortega schlug mit der Hand gegen den Rumpf, als wir in den Bauch des Gefährts stiegen, worauf die Turbinen flüsternd zum Leben erwachten.
    Ich half einem der Mohikaner, die Luke zuzuziehen, hielt mich fest, als sich der Kreuzer in Bewegung setzte und suchte mir einen Sitzplatz am Fenster. Als wir emporstiegen, reckte ich den Hals, um einen Blick auf die Menschenansammlung zu werfen. Der Transporter hielt in ungefähr einhundert Metern Höhe an und senkte leicht die Nase. Ich ließ mich vom Autoformsitz umarmen und stellte fest, dass Ortega mich beobachtete.
    »Immer noch neugierig, was?«, fragte sie.
    »Ich komme mir vor wie ein Tourist. Würden Sie mir eine Frage beantworten?«
    »Wenn es in meiner Macht steht.«
    »Wenn diese Leute Geburtenkontrolle ablehnen, müsste es eigentlich ziemlich viele von ihnen geben. Und die Erdbewohner sind heutzutage nicht besonders aktiv, was das betrifft… Wie kommt es also, dass sie keinen größeren Einfluss haben?«
    Ortega und ihre Männer sahen sich gegenseitig mit unbehaglichem Lächeln an. »Einlagerung«, sagte der Mohikaner links von mir.
    Ich schlug mir mit der Hand ins Genick, dann fragte ich mich, ob diese Geste hier überhaupt in Gebrauch war. Schließlich war

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