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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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Die Scheinwerfer waren in der Dämmerung des frühen Abends eingeschaltet. Ich näherte mich zögernd, eine Hand am Griff der Nemex.
    Als ich noch fünf Meter vom Heck des Kreuzers entfernt war, öffnete sich eine Tür, und Ortegas Körper wurde nach draußen gestoßen. Sie fiel wie ein Sack auf die Straße und blieb reglos liegen. Im gleichen Moment zog ich die Nemex und trat misstrauisch näher an sie heran, ohne den Wagen aus den Augen zu lassen.
    Auf der anderen Seite öffnete sich eine Tür, und Kadmin stieg aus. Nachdem ich ihn vor so kurzer Zeit virtuell erlebt hatte, dauerte es einen Moment, bis es klickte. Groß, dunkelhäutig und mit Adlernase – das Gesicht, das ich zuletzt hinter Glas träumend im Dekantierungstank auf der Panama Rose gesehen hatte. Der Klon des Märtyrers der Rechten Hand Gottes, unter dessen Hülle sich der Patchwork-Mann verbarg.
    Ich zielte mit der Nemex auf seine Kehle. Da uns kaum mehr als die Breite des Kreuzers trennte, würde ein Schuss ihm den Kopf zerfetzen und wahrscheinlich auch den Stack aus der Wirbelsäule reißen.
    »Machen Sie sich nicht lächerlich, Kovacs. Dieses Fahrzeug ist gepanzert.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin ausschließlich an Ihnen interessiert. Bleiben Sie, wo Sie sind.«
    Ich zielte weiter mit der Nemex auf den Punkt knapp über seinem Adamsapfel, während ich neben Ortega in die Hocke ging und mit der freien Hand ihr Gesicht berührte. Warmer Atem strich über meine Fingerspitzen. Ich tastete blind nach dem Hals und fand ihren Pulsschlag – schwach, aber stabil.
    »Der Lieutenant lebt und ist bei bester Gesundheit«, sagte Kadmin ungeduldig. »Was ich in zwei Minuten von Ihnen nicht mehr behaupten kann, wenn Sie nicht die Waffe wegnehmen und in den Wagen steigen.«
    Unter meiner Hand bewegte sich Ortegas Gesicht. Sie drehte den Kopf, und ich nahm ihren Duft wahr. Ihre Hälfte der Pheromonkombination, die uns überhaupt erst in diese Lage gebracht hatte. Ihre Stimme klang nach der Betäubung schwach und schleppend.
    »Tu es nicht, Kovacs. Du bist mir nichts schuldig.«
    Ich stand auf und ließ die Nemex langsam sinken.
    »Fahren Sie zurück. Fünfzehn Meter. Sie kann nicht laufen, und Sie können uns gleichzeitig erledigen, bevor ich sie zwei Meter weit getragen habe. Fahren Sie zurück. Ich komme dann zum Wagen.« Ich gestikulierte mit der Waffe. »Ortega übernimmt die Hardware. Das ist alles, was ich dabei habe.«
    Ich öffnete meine Jacke, um es ihm zu zeigen. Kadmin nickte. Er duckte sich und stieg wieder in den Kreuzer, dann rollte das Fahrzeug langsam die Straße zurück. Ich wartete, bis es anhielt, dann ging ich erneut neben Ortega in die Knie. Sie versuchte sich aufzusetzen.
    »Kovacs, tu es nicht. Sie wollen dich töten.«
    »Ja, das werden sie auf jeden Fall versuchen.« Ich nahm ihre Hand und schloss sie um den Griff der Nemex. »Hör mir zu. Ich bin hier sowieso fertig. Bancroft ist zufrieden, Kawahara wird zu ihrem Wort stehen und Sarah zurückschicken. Ich kenne sie. Jetzt musst du sie für den Mord an Mary Lou Hinchley verantwortlich machen und Ryker aus dem Stack holen. Rede mit dem Hendrix. Dort habe ich noch ein paar lose Enden für dich hinterlassen.«
    Vom Kreuzer ertönte ungeduldig der Kollisionsalarm. In der zunehmenden Dunkelheit der Straße klang der Laut traurig und uralt, wie der Ruf eines sterbenden Elefantenrochens auf dem Hirata-Riff. Ortega wandte mir ihr betäubtes Gesicht zu, als würde sie dort ertrinken.
    »Du…«
    Ich lächelte und legte eine Hand an ihre Wange.
    »Für mich wird es Zeit für einen Szenenwechsel, Kristin. Das ist alles.«
    Dann stand ich auf, verschränkte die Hände im Genick und ging auf den Wagen zu.



 
35
     
     
    Im Kreuzer saß ich zwischen zwei beeindruckenden Muskelprotzen eingezwängt, die nach etwas kosmetischer Chirurgie gegen ihr geklontes gutes Aussehen allein aufgrund ihrer Körpermasse sofort als Ringfighter engagiert worden wären. Wir erhoben uns gemächlich von der Straße. Während sich das Fahrzeug drehte, warf ich einen Blick aus dem Seitenfenster und sah, wie Ortega sich aufzurichten versuchte.
    »Soll ich die Sia-Fotze kaltmachen?«, erkundigte sich der Fahrer. Ich machte mich darauf gefasst, nach vorn zu springen.
    »Nein.« Kadmin drehte sich auf dem Vordersitz zu mir um. »Nein, ich habe Mr. Kovacs mein Wort gegeben. Ich glaube, dass sich meine und ihre Wege in nicht allzu ferner Zukunft noch einmal kreuzen werden.«
    »Darauf würde ich mich an Ihrer Stelle nicht

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