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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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mit Blick nach schräg unten.
    Ich rief die Pläne aus meinem Gedächtnis ab, zog die Nadelpistole und marschierte in Richtung Heck los.
     
    Ich brauchte weniger als fünfzehn Minuten, um den Auftriebskontrollraum zu erreichen. Unterwegs war ich niemandem begegnet. Der Kontrollraum schien vollautomatisch zu funktionieren, und ich vermutete, dass sich heutzutage kaum noch jemand die Mühe machte, den gewölbten Baldachin auf der Oberseite des Luftschiffs leibhaftig aufzusuchen. Ich fand die Wartungsleiter und stieg mit aller gebotenen Vorsicht hinunter, bis mir eine von unten kommende Wärmeempfindung auf dem Gesicht verriet, dass ich fast bis zum Hauptdeck gekommen war. Ich hielt inne und horchte auf Stimmen. Fast eine ganze Minute lang strengte ich mein Gehör und mein Anwesenheitsgespür an, bis ich die restlichen vier Meter hinunterstieg und den Boden eines gut beleuchteten, mit Teppich ausgelegten Korridors erreichte. Auch hier hielt sich niemand auf.
    Ich checkte meine interne Zeitanzeige und steckte die Nadelpistole ein. Mein großer Augenblick rückte näher. Inzwischen musste das Gespräch zwischen Ortega und Kawahara begonnen haben. Ich musterte das Dekor des Korridors und vermutete, dass die ursprüngliche Funktion dieses Decks hinfällig geworden war. Die Ausstattung bestand aus opulenten Rot- und Goldtönen mit exotischen Pflanzengruppen und Lampen in Gestalt kopulierender Körper, die alle paar Meter aufgestellt waren. Der Teppich unter meinen Füßen war tief, und zeigte sehr detaillierte Bilder von sexuellen Ausschweifungen. Männliche, weibliche und abgewandelte Organe wanden sich umeinander, über die gesamte Länge des Korridors, in einer ununterbrochenen Abfolge von ausgefüllten Öffnungen und gespreizten Schenkeln. An den Wänden hingen ähnlich explizite Holorahmen, die keuchend und stöhnend zum Leben erwachten, als ich daran vorbeikam. In einer Szene glaubte ich die schwarzhaarige Frau mit den knallroten Lippen aus der Werbesendung auf der Straße wiederzuerkennen, die möglicherweise in einer Bar auf der anderen Seite des Globus ihren Schenkel an meinen gedrückt hatte.
    In der kühlen Distanziertheit des Betathanatins wirkte sich keine dieser Darstellungen intensiver auf mich aus als eine Wand voller marsianischer Technoglyphen.
    Vom Korridor gingen auf beiden Seiten im Abstand von etwa zehn Metern künstlerisch ausgeschmückte Doppeltüren ab. Man brauchte nicht viel Phantasie, um darauf zu kommen, was sich hinter diesen Türen befand. Luxuriösere Varianten von Jerrys Biokabinen. Damit bestand die Möglichkeit, dass jeden Augenblick ein Kunde durch eine der Türen nach draußen treten konnte. Ich lief schneller und suchte nach einem Verbindungsgang, der zu einem Treppenaufgang und Aufzügen führte, mit denen sich die übrigen Stockwerke erreichen ließen.
    Doch dann schwang fünf Meter vor mir eine Tür auf. Ich erstarrte, die Hand am Griff der Nadelpistole, die Schultern gegen die Wand gedrückt, den Blick auf die Türkante gerichtet. Das Neurachem summte einsatzbereit.
    Ich sah, wie ein graues pelziges Tier, das entweder ein halb erwachsener Wolf oder ein Hund war, mit arthritischer Langsamkeit auf den Korridor trat. Ohne die Hand von der Nadelpistole zu nehmen, löste ich mich von der Wand und beobachtete. Das Tier war höchstens kniehoch und lief auf allen vieren, aber mit den Hinterbeinen schien etwas nicht zu stimmen. Sie wirkten auf merkwürdige Weise verrenkt. Es hatte die Ohren angelegt, und ein leises Winseln drang aus seiner Kehle. Es drehte den Kopf in meine Richtung, und ich verstärkte den Griff um die Waffe, doch das Tier sah mich nur einen Moment lang an, und der stumme Ausdruck des Leidens in seinen Augen verriet mir, dass ich nicht in Gefahr war. Dann humpelte es mühsam durch den Korridor zu einem Zimmer ein Stück weiter an der gegenüberliegenden Wand und blieb dort stehen, den länglichen Kopf vor der Tür gesenkt, als würde es lauschen.
    Mit einem seltsamen Gefühl des Kontrollverlusts folgte ich dem Tier und legte ebenfalls den Kopf an die Tür. Die Schalldämpfung war ausgezeichnet, aber kein Problem für das Khumalo-Neurachem. An der untersten Hörbarkeitsschwelle rieselten mir Geräusche ins Ohr, wie huschende Insekten. Ein dumpfes, rhythmisches Stampfen und dazu etwas, das wie die flehenden Schreie eines Menschen klang, dessen Kräfte nahezu erschöpft waren. Es hörte fast im gleichen Moment auf, als ich auf Empfang ging.
    Gleichzeitig stellte auch der Hund

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