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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schlafzimmer führte.
    Über dem Schreibtisch hing ein Holodisplay aus sich langsam bewegenden Daten, die man sich selbst überlassen hatte. Reileen Kawahara stand mit dem Rücken zur Tür und blickte in die Nacht hinaus.
    »Haben Sie etwas vergessen?«, fragte sie entrückt.
    »Nein.«
    Ich sah, wie sich ihr Rücken versteifte, als sie mich hörte, doch dann drehte sie sich ohne Eile um, und selbst der Anblick der Nadelpistole konnte die eisige Gelassenheit ihrer Gesichtszüge nicht trüben. Ihre Stimme klang fast genauso desinteressiert wie bei ihrer ersten Frage.
    »Wer sind Sie? Wie sind Sie hier hereingekommen?«
    »Denken Sie nach.« Ich deutete auf die Sessel. »Nehmen Sie da drüben Platz und entlasten Sie Ihren Körper, während Sie nachdenken.«
    »Kadmin?«
    »Jetzt beleidigen Sie mich. Setzen!«
    Ich sah, wie die Erkenntnis hinter ihren Augen explodierte.
    »Kovacs?« Ein gequältes Lächeln verzog ihre Lippen. »Kovacs, Sie dummes, bescheuertes Arschloch! Ist Ihnen klar, was Sie in diesem Moment verloren haben?«
    »Ich sagte, Sie sollen sich setzen.«
    »Sie ist zurückgekehrt, Kovacs. Sie ist wieder auf Harlans Welt. Ich habe mein Wort gehalten. Was versprechen Sie sich von diesem Auftritt?«
    »Ich sage es Ihnen zum letzten Mal«, erwiderte ich ruhig. »Entweder Sie setzen sich, oder ich breche Ihnen eine Kniescheibe.«
    Das dünne Lächeln verschwand nicht von ihrem Gesicht, als Kawahara sich zentimeterweise auf dem nächsten Sessel niederließ. »Wie Sie meinen, Kovacs. Ich werde mich an Ihr Drehbuch halten. Danach sorge ich dafür, dass dieses Fischweib, diese Sachilowska, wieder hierher transferiert wird, genauso wie Sie. Was haben Sie vor? Wollen Sie mich erschießen?«
    »Wenn es nötig ist.«
    »Weswegen? Geht es hier um irgendeinen moralischen Standpunkt?« Kawahara betonte die letzten beiden Worte so, dass sie wie ein Markenname klangen. »Vergessen Sie nicht etwas? Wenn Sie mich hier und jetzt töten, wird es etwa achtzehn Stunden dauern, bis der externe Speicher in Europa es bemerkt und mein letztes Update resleevt. Dann wird mein neues Ich nicht lange brauchen, um herauszufinden, was hier geschehen ist.«
    Ich setzte mich auf die Armlehne eines Sessels. »Da wäre ich mir nicht so sicher. Überlegen Sie nur, wie lange Bancroft gebraucht hat, und er kennt immer noch nicht die Wahrheit.«
    »Geht es hier um Bancroft?«
    »Nein, Reileen. Hier geht es um Sie und mich. Sie hätten Sarah in Ruhe lassen sollen. Und Sie hätten mich in Ruhe lassen sollen.«
    »Ach«, gurrte sie mit gespielter Besorgnis. »Hat man Sie etwa manipuliert? Das tut mir aber Leid.« Genauso unvermittelt senkte sich ihr Tonfall wieder. »Sie sind ein Envoy, Kovacs! Sie leben von der Manipulation. Das tun wir alle. Wir alle leben in einer großen Manipulationsmatrix, und wir kämpfen ständig darum, uns zu behaupten.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht darum gebeten, an diesem Spiel teilzunehmen.«
    »Kovacs, Kovacs.« Kawaharas Gesichtsausdruck war mit einem Mal beinahe zärtlich geworden. »Darum hat keiner von uns gebeten. Glauben Sie, ich hätte es mir gewünscht, in Fission City geboren zu werden? Einen Vater mit Schwimmhäuten zwischen den Fingern zu haben und eine Mutter, die eine psychotische Hure war? Glauben Sie, ich hätte darum gebeten? Wenn wir geboren werden, sind wir automatisch im Spiel, und danach geht es nur noch darum, den Kopf über Wasser zu halten.«
    »Oder die Köpfe der anderen unter Wasser zu drücken«, stimmte ich ihr freundlich zu. »Ich vermute, Sie geraten nach Ihrer Mutter.«
    Einen Moment lang schien es, als wäre Kawaharas Gesicht eine Metallmaske, hinter der ein Feuer loderte. Ich sah, wie die Wut ihre Augen entflammte, und wenn der Schnitter mich nicht gekühlt hätte, wäre mir angst und bange geworden.
    »Töten Sie mich«, sagte sie mit zusammengepressten Lippen. »Und genießen Sie es ausgiebig, denn anschließend werden Sie leiden, Kovacs. Glauben Sie, dass diese traurigen Revolutionäre auf New Beijing gelitten haben, als sie starben? Ich werde ein bislang ungekanntes Ausmaß des Leidens für Sie und Ihre nach Fisch stinkende Schlampe erfinden.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht, Reileen. Wissen Sie, Ihr Update-Needlecast wurde vor etwa zehn Minuten abgeschickt. Und ich habe die Sendung unterwegs gedippt. Wir haben nichts weggenommen, wir haben nur das Rawling-Virus dazugetan. Inzwischen ist er bereits im Stack, Reileen. Ihr externer Speicher ist

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