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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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die Beine übereinanderschlug, hielt der ganze Saal den Atem an. Sie wirkte viel zu jung und viel zu hübsch, um in ein derart unerfreuliches Verfahren verwickelt zu sein.
    Die sechs Männer in der Jury, vor allem Jerry Fernandez und der Ersatzmann Shine Royce, musterten sie eingehend, als sie das Mikrofon sanft an ihren Mund heranzog. Roter Lippenstift. Lange, rote Fingernägel.
    Wenn sie ein bloßes Schaustück erwarteten, wurden sie rasch eines besseren belehrt. Ihre rauchige Stimme referierte über Schulbildung, Hintergrund, Studium, Spezialgebiete. Sie war Psychologin auf dem Gebiet der Verhaltensforschung mit einer eigenen Firma in Tacoma. Sie hatte vier Bücher geschrieben, mehr als drei Dutzend Aufsätze veröffentlicht, und Wendall Rohr erhob keine Einwände, als Cable beantragte, Dr. McQuade als Expertin zuzulassen.
    Sie kam sofort zum Thema. Werbung durchdringt unsere gesamte Kultur. Für eine Altersgruppe oder eine Klasse von Menschen bestimmte Anzeigen werden ganz natürlich auch von Leuten gesehen oder gehört, die nicht der Zielgruppe angehören. Das läßt sich nicht verhindern. Jugendliche sehen Tabakanzeigen, weil Jugendliche Zeitungen und Zeitschriften, Werbetafeln und Neonreklamen in Supermärkten sehen. Aber das bedeutet nicht, daß die Jugendlichen gezielt angesprochen werden. Jugendliche sehen auch Bier-Spots im Fernsehen, mit ihren Lieblingssportlern als Werbeträger. Bedeutet das, daß die Bierproduzenten auf subtile Weise versuchen, die nächste Generation abhängig zu machen? Natürlich nicht. Sie versuchen lediglich, mehr Bier zu verkaufen. Die Jugendlichen geraten auch mit in die Schußlinie, aber dagegen kann man nichts tun, es sei denn mit einem Verbot der Werbung für alle irgendwie anstößigen Produkte. Zigaretten, Bier, Wein, Schnaps, und was ist mit Kaffee und Tee und Kondomen und Butter? Verführen Anzeigen von Kreditkarten-Unternehmen die Leute dazu, mehr Geld auszugeben und weniger zu sparen? Dr. McQuade wies mehrfach darauf hin, daß in einer Gesellschaft, in der die Redefreiheit ein Grundrecht ist, jede Beschränkung der Werbung sorgfaltig geprüft werden muß.
    Die Werbung für Zigaretten unterscheidet sich durch nichts von der für andere Produkte. Ihr Zweck ist es, das Verlangen eines Menschen zu verstärken, das Produkt zu kaufen und zu benutzen. Gute Reklame stimuliert die natürliche Reaktion, loszugehen und zu kaufen, wofür geworben wird. Erfolglose Reklame tut das nicht und wird normalerweise schnell wieder zurückgezogen. Sie benutzte das Beispiel von McDonald's, einer Gesellschaft, mit der sie sich eingehend beschäftigt hatte, und sie hatte zufällig eine Untersuchung dabei für den Fall, daß die Geschworenen sie lesen wollten. Ein durchschnittliches Kind von drei Jahren kann den jeweiligen Werbespruch von McDonald's summen, pfeifen und singen. Der erste Ausflug in ein McDonald's-Restaurant ist ein wichtiges Ereignis. Das ist kein Zufall. Die Gesellschaft gibt Milliarden dafür aus, Kinder für sich zu gewinnen, bevor es die Konkurrenz tut. Amerikanische Kinder konsumieren mehr Fett und Cholesterin als die voraufgegangene Generation. Sie essen mehr Cheeseburger, Pommes frites und Pizza und trinken mehr Limonaden und gezuckerte Säfte. Werfen wir McDonald's und Pizza Hut gerissene, auf Kinder und Jugendliche abzielende Werbepraktiken vor? Verklagen wir sie, weil unsere Kinder dicker sind?
    Nein. Wir als Verbraucher entscheiden darüber, ob wir rauchen oder nicht. Wir werden mit Reklame für Tausende von Produkten bombardiert, und wir reagieren auf diejenigen Anzeigen, die unsere Wünsche und Bedürfnisse verstärken.
    Ungefähr alle zwanzig Minuten schlug sie die Beine umgekehrt übereinander, und jede kleinste Bewegung dieser Beine wurde von den Trauben von Anwälten an beiden Tischen, den sechs männlichen Geschworenen und auch von den meisten Frauen registriert.
    Dr. McQuade war ein erfreulicher Anblick und sehr glaubwürdig. Ihre Aussage war vollkommen logisch, und der größte Teil der Geschworenen war ziemlich von ihr beeindruckt.
    Rohr unterzog sie eine Stunde lang einem höflichen Kreuzverhör, konnte aber keinen nennenswerten Treffer landen.
30
    N apier und Nitchman zufolge wartete Mr. Cristano vom Justizministerium ungeduldig auf einen ausführlichen Bericht über das, was am vergangenen Abend passiert war, als Hoppy Millie seinen persönlichen Besuch abgestattet hatte. »Alles?« fragte Hoppy. Die drei saßen an einem wackeligen Tisch in einem

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