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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Prozeß weiterkommen.«
    »Wie Sie meinen, Richter«, sagte Herrera. Abendessen heute bei Vrazel's, frische Meeresfrüchte und ein guter Wein. Morgen konnte er seinen Enkelsohn besuchen.
    »Ein Deputy wird Sie ins Motel zurückbringen, damit Sie packen können. Sie unterliegen einem strengen Verbot, irgend etwas von alledem weiterzuerzählen, vor allem nicht gegenüber der Presse. Sie sind bis auf weiteres zum Stillschweigen verpflichtet. Haben Sie das verstanden?«
    »Ja, Sir.«
    Der Colonel wurde die rückwärtige Treppe und zur Hintertür hinaus eskortiert, wo der Sheriff wartete, um Herrera auf seiner raschen und letzten Fahrt zum Siesta Inn zu begleiten.
    »Ich beantrage hiermit, das Verfahren für gescheitert zu erklären«, sagte Cable, in Richtung Protokollantin sprechend. »Mit der Begründung, daß diese Jury möglicherweise durch den Artikel in der gestrigen Ausgabe von Mogul auf unzulässige Weise beeinflußt worden ist.«
    »Antrag abgelehnt«, sagte Richter Harkin. »Sonst noch etwas?«
    Die Anwälte schüttelten die Köpfe und erhoben sich.
    Die elf Geschworenen und die beiden Ersatzleute nahmen kurz nach zehn ihre Plätze ein. Die Zuschauer beobachteten sie stumm. Herreras Platz in der zweiten Reihe ganz links blieb leer, was jedermann sofort registrierte. Richter Harkin begrüßte sie mit ernster Miene und kam rasch zur Sache. Er hob ein Exemplar der gestrigen Ausgabe des Mogul hoch und fragte, ob einer von ihnen es gesehen oder gelesen oder etwas über seinen Inhalt gehört hätte. Niemand meldete sich.
    Dann sagte er: »Aus Gründen, die in meinem Amtszimmer dargelegt wurden und im Protokoll vermerkt sind, wurde Geschworener Nummer sieben, Frank Herrera, entlassen und wird jetzt durch den nächsten Stellvertreter, Mr. Henry Vu, ersetzt.« Daraufhin sagte Willis etwas zu Henry, der seinen gepolsterten Klappstuhl verließ und vier Schritte zu Platz Nummer sieben tat, wodurch er zu einem regulären Mitglied der Jury wurde und Shine Royce als einzigen Ersatzmann zurückließ.
    Um möglichst schnell weiterzukommen und die Aufmerksamkeit von der Jury abzulenken, sagte Richter Harkin: »Mr. Cable, rufen Sie Ihren nächsten Zeugen auf.«
    Fitchs Zeitung sackte fünfzehn Zentimeter tiefer, bis auf die Brust, und auch sein Unterkiefer fiel ihm herunter, während er bestürzt die neue Zusammensetzung betrachtete. Er war nervös, weil Herrera fort war, und gleichzeitig fasziniert, weil seine Freundin Marlee einfach ihren Zauberstab geschwenkt und genau das bewerkstelligt hatte, was sie versprochen hatte. Fitch konnte nicht anders, er mußte Easter ansehen, der das offenbar spürte, weil er den Kopf ein wenig drehte und Fitchs Blick begegnete. Fünf oder sechs Sekunden lang, eine Ewigkeit für Fitch, sahen sie sich über eine Entfernung von fast dreißig Metern an. Auf Easters Gesicht lag ein spöttischer und zugleich stolzer Ausdruck, als wollte er sagen: »Sehen Sie mal, wozu ich imstande bin. Sind Sie beeindruckt?« Und Fitchs Gesicht sagte: »Ja. Und jetzt - was wollen Sie?«
    Im Vorverfahren hatte Cable zweiundzwanzig potentielle Zeugen benannt, praktisch alle mit dem Titel Doktor vor dem Namen und alle mit beträchtlichem Renommee. Zu seinem Stall gehörten schlachterprobte Veteranen aus anderen Zigarettenprozessen, von Big Tobacco finanzierte Wissenschaftler und zahllose weitere Sprachrohre, die bereit waren zum Gegenangriff auf das, was die Geschworenen bisher gehört hatten.
    Im Verlauf der letzten beiden Jahre waren alle zweiundzwanzig von Rohr und seinen Genossen vernommen worden. Mit Überraschungen war nicht zu rechnen.
    Man war sich einig darüber, daß die Anklage ihren härtesten Treffer mit Leon Robilio und seiner Behauptung gelandet hatte, daß die Industrie mit ihrer Werbung auf Jugendliche abzielte. Cable hielt es für das Beste, hier zuerst gegenzusteuern. »Die Verteidigung ruft Dr. Denise McQuade auf«, verkündete er.
    Sie erschien durch eine Seitentür, und der ganze Saal, in dem Männer in mittleren Jahren in der Überzahl waren, schien sich ein wenig zu versteifen, als sie am Richtertisch vorbeiging, zu Seinen Ehren emporlächelte, der das Lächeln ganz eindeutig erwiderte, und dann ihren Platz am Zeugentisch einnahm. Dr. McQuade war eine sehr schöne Frau, schlank und hochgewachsen, in einem roten, nur knapp knielangen Kleid, und mit blondem Haar, das sie straff nach hinten gekämmt und im Nacken zusammengerafft trug. Sie legte ihren Eid mit einem anmutigen Lächeln ab, und als sie

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