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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Derrick dachte nicht daran, sich nach dem Urteil aufs Kreuz legen zu lassen. Er wollte Angels fünfundzwanzigtausend jetzt, bar auf den Tisch, und er wollte außerdem eine ›Anzahlung‹, wie er es nannte, für jeden der anderen Geschworenen. Eine Anzahlung vor dem Urteilsspruch. Natürlich auch in bar, eine vernünftige und faire Summe, sagen wir, fünftausend für jeden Geschworenen. Derrick ging von einem einstimmigen Urteil aus, also ergab die Anzahlung von fünf Riesen mal elf weitere Geschworene die hübsche Summe von fünfundfünfzigtausend Dollar. Dazu kam das Geld für Angel, und alles, was Derrick wollte, waren achtzigtausend sofort.
    Er kannte eine Frau im Büro der Kanzleivorsteherin, und diese Bekannte hatte sich die Akte angeschaut. »Ihre Leute verklagen den Tabakkonzern auf Millionen«, sagte er, und jedes seiner Worte wurde von einem Mikrofon in Cleves Hemdentasche festgehalten. »Achtzigtausend ist ein Tropfen im Eimer.«
    »Sie sind verrückt«, sagte Cleve.
    »Und Sie sind korrupt.«
    »Achtzigtausend sind völlig ausgeschlossen. Wie ich bereits sagte - wenn die Summe zu groß wird, laufen wir Gefahr, erwischt zu werden.«
    »Na schön. Dann rede ich eben mit dem Tabakkonzern.« »Tun Sie das. Ich werde es dann in den Zeitungen nachlesen.«
    Sie leerten ihre Gläser nicht. Cleve ging abermals als erster, aber diesmal lief ihm Derrick nicht nach.
    Die Schönheitenparade wurde Dienstag nachmittag fortgesetzt, als Cable Dr. Myra Sprawling-Goode in den Zeugenstand rief, eine schwarze Professorin und Forscherin an der Rutgers University, nach der sich, als sie hereinkam, sämtliche Köpfe im Saal umdrehten. Sie war fast einsachtzig groß, so hinreißend und schlank und gut gekleidet wie die vorhergehende Zeugin. Ihre cremig hellbraune Haut verzog sich in perfekte Fältchen, als sie die Geschworenen anlächelte, ein Lächeln, das auf Lonnie Shaver haften blieb, der es sogar erwiderte.
    Cable hatte für seine Suche nach Experten ein unbeschränktes Budget und mußte deshalb keine Leute verwenden, die nicht intelligent, beredt und imstande waren, den Durchschnittsbürger zu beeindrucken. Er hatte Dr. Sprawling-Goode zweimal auf Video aufgenommen, bevor er sie engagierte, und dann noch einmal während ihrer Probevernehmung in Rohrs Kanzlei. Wie alle seine Zeugen war sie einen Monat vor Prozeßbeginn zwei Tage lang einem Scheinverhör unterzogen worden. Sie schlug die Beine übereinander, und der ganze Saal holte tief Luft.
    Sie war Professor für Marketing mit zwei Doktortiteln und beeindruckenden Leistungen, keine Überraschung. Sie hatte nach ihrem Studium acht Jahre an der Madison Avenue in der Werbung gearbeitet und war dann an die Universität zurückgekehrt, wo sie hingehörte. Ihr Spezialgebiet war Marktforschung, ein Thema, das sie an der Universität lehrte und zu dem sie ständig Untersuchungen durchführte. Ihre Funktion in diesem Prozeß wurde rasch klar. Ein Zyniker hätte behaupten können, sie wäre hier, um gut auszusehen, um auf Lonnie Shaver, Loreen Duke und Angel Weese Eindruck zu machen und zu bewirken, daß sie stolz darauf waren, daß eine Afro-Amerikanerin wie sie durchaus imstande war, in einem derart wichtigen Prozeß als Expertin zu erscheinen und ihre Ansichten zu äußern.
    In Wirklichkeit war sie Fitchs wegen da. Sechs Jahre zuvor, nach einer Angstpartie in New Jersey, bei der die Jury drei Tage lang fortblieb, bevor sie mit einem Urteil zugunsten der Verteidigung zurückkehrte, hatte Fitch sich vorgenommen, eine attraktive Wissenschaftlerin zu suchen, möglichst an einer namhaften Universität, die sich für einen großen Batzen Geld mit der Zigarettenwerbung und ihrer Wirkung auf Teenager beschäftigte. Die Parameter des Projekts würden durch die Herkunft des Geldes vage definiert sein, und Fitch hoffte, daß die Untersuchung sich eines Tages in einem Prozeß als nützlich erweisen würde.
    Dr. Sprawling-Goode hatte nie von Rankin Fitch gehört. Sie hatte ein Achthunderttausend-Dollar-Stipendium vom Consumer Product Institute erhalten, einer obskuren Einrichtung in Ottawa, von der sie noch nie etwas gehört hatte und die, wie behauptet wurde, zu dem Zweck gegründet worden war, die Markttrends von Tausenden von Produkten zu erforschen. Sie wußte nur wenig über das Consumer Product Institute. Und Rohr ebensowenig. Er und seine Rechercheure hatten zwei Jahre gewühlt. Es war sehr undurchsichtig, bis zu einem gewissen Grad vom kanadischen Gesetz geschützt, und wurde

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