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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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hatte und als Aktenverwalterin in einem Krankenhaus arbeitete. Kotlack und seine Crew hatten ihr anhand ihrer schriftlichen Antworten, ihrer Arbeit im Gesundheitswesen, ihres College-Studiums und ihres offenkundigen Interesses an allem, was bisher gesagt worden war, 7 von 10 möglichen Punkten gegeben. Von der Verteidigung hatte sie 6 erhalten, und sie hätte sie abgelehnt, wenn nicht in der ersten Reihe etliche ernstlich Unerwünschte gesessen hätten.
    »Das war einfach«, murmelte Harkin fast unhörbar. »Also weiter. Geschworener Nummer zwei, Raymond C. LaMonette.« Mr. LaMonette gab Anlaß zum ersten strategischen Scharmützel bei der Auswahl der Geschworenen. Keine Seite wollte ihn - bei beiden hatte er 4,5 Punkte. Er rauchte stark, wollte aber unbedingt aufhören. Seine schriftlichen Antworten waren total unleserlich und völlig nutzlos. Die Körpersprachler beider Seiten erklärten, daß Mr. LaMonette alle Anwälte haßte und alles, was mit ihnen zu tun hatte. Vor drei Jahren war er von einem betrunkenen Autofahrer beinahe getötet worden. Sein Prozeß hatte ihm nichts eingebracht.
    Den Regeln der Geschworenen-Auswahl zufolge wurde jeder Seite eine Reihe von Ablehnungen ohne Angabe von Gründen, sogenannte Streichungen, zugestanden, mit deren Hilfe man unerwünschte Geschworene loswerden konnte. In Anbetracht der Wichtigkeit dieses Falles hatte Richter Harkin den Parteien anstelle der üblichen vier zehn Streichungen bewilligt. Beide wollten LaMonette loswerden, aber beide mußten ihre Streichungen für noch unerwünschtere Figuren aufsparen.
    Die Anklage mußte als erste reagieren, und nach kurzem Zögern sagte Kotlack: »Die Anklage streicht Nummer zwei.«
    »Das ist Ablehnung ohne Angabe von Gründen Nummer eins für die Anklage«, sagte Harkin und machte sich eine Notiz. Ein kleiner Sieg für die Verteidigung. Auch Durr Cable hatte sich im letzten Moment entschlossen, ihn notfalls zu streichen.
    Die Anklage verbrauchte eine Streichung für Nummer vier, die Frau eines leitenden Angestellten, und ebenso für Nummer fünf. Die strategischen Streichungen gingen weiter und löschten Reihe eins praktisch aus. Nur zwei Geschworene überlebten. In Reihe zwei nahm das Gemetzel ab, wobei fünf der zwölf die unterschiedlichen Ablehnungen überlebten, darunter zwei durch den Richter selbst. Sieben Geschworene waren ausgewählt, als man zu Reihe drei überging. Auf dem achten Platz saß hier der große Unbekannte Nicholas Easter, Geschworener Nummer zweiunddreißig, der bisher immer einen sehr aufmerksamen Eindruck gemacht hatte und irgendwie annehmbar erschien, obwohl er beiden Seiten nicht recht geheuer war.
    Wendall Rohr, der jetzt für die Anklage sprach, weil Kotlack mitten in einer geflüsterten Diskussion mit einem Experten über zwei der Gesichter in Re ihe vier steckte, lehnte Nummer fünfundzwanzig ohne Angabe von Gründen ab. Es war die neunte Streichung durch die Anklage. Die letzte war für einen sehr gefürchteten und berüchtigten Republikaner in der vierten Reihe reserviert, falls man so weit kommen sollte. Die Verteidigung strich Nummer sechsundzwanzig und verbrauchte damit ihre achte Ablehnung. Die Geschworenen Nummer siebenundzwanzig, achtundzwanzig und neunund zwanzig wurden akzeptiert. Geschworene Nummer dreißig wurde von der Verteidigung mit Begründung abgelehnt und das Gericht gebeten, die Geschworene im gegenseitigen Einverständnis zu entlassen, ohne daß eine der beiden Seiten eine Streichung vergeudete. Durr Cable bat den Richter, die Protokollierung zu unterbrechen, da er etwas Privates mitzuteilen hätte. Rohr war ein wenig verblüfft, erhob aber keinen Einspruch. Die Protokollantin unterbrach ihre Arbeit. Cable händigte sowohl Rohr als auch dem Richter eine dünne Akte aus. Er senkte die Stimme und sagte: »Euer Ehren, wir haben aus einer verläßlichen Quelle erfahren, daß Geschworene Nummer dreißig, Bonnie Tyus, süchtig ist, und zwar nach dem verschreibungspflichtigen Medikament Ativan. Sie wurde nie behandelt, nie verhaftet, hat ihr Problem nie eingestanden. Und sie hat es weder auf den Fragebögen erwähnt noch während der Befragung der Geschworenen. Sie schafft es, ein unauffälliges Leben zu führen mit Job und Ehemann, allerdings bereits dem dritten.«
    »Wie haben Sie das erfahren?« fragte Harkin.
    »Im Laufe unserer eingehenden Ermittlungen über alle potentiellen Geschworenen. Ich versichere Ihnen, Euer Ehren, daß es keine unerlaubten Kontakte mit Mrs. Tyus gegeben

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