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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Milligramm Nikotin, und bei Rauchern, die inhalieren, wie Jacob Wood es tat, werden bis zu neunzig Prozent des Nikotins von den Lungen absorbiert. Dr. Bronsky verbrachte den größten Teil der Zeit auf den Beinen, zeigte auf alle möglichen Teile des menschlichen Körpers, dargestellt in einer lebensgroßen, leuchtend bunt kolorierten Tafel auf dem Stativ. Er erläuterte detailliert, wie Nikotin eine Verengung der oberflächennahen Blutgefäße in den Gliedmaßen bewirkt; es erhöht den Blutdruck; es beschleunigt den Puls; es bewirkt, daß das Herz angestrengter arbeitet. Seine Auswirkungen auf das Verdauungssystem sind tückisch und vielfältig. Es kann Übelkeit und Erbrechen verursachen, besonders bei Leuten, die mit dem Rauchen anfangen. Speichelfluß und Darmbewegungen werden zuerst stimuliert und dann gehemmt. Es wirkt als Stimulanz auf das zentrale Nervensystem. Bronsky war methodisch, aber eindringlich; bei ihm hörte es sich an, als wäre eine einzige Zigarette eine tödliche Dosis Gift.
    Und das Schlimmste am Nikotin ist, daß es süchtig macht. Die letzte Stunde - wieder ein perfektes Timing von Rohr wurde damit verbracht, die Geschworenen davon zu überze ugen, daß Nikotin stark süchtig macht und daß diese Tatsache seit mindestens vier Jahrzehnten bekannt ist.
    Der Nikotingehalt kann während des Herstellungsprozesses mühelos manipuliert werden.
    Falls, und Bronsky betonte das Wort ›falls‹, der Nikotingehalt künstlich erhöht wurde, dann würden die Raucher natürlich viel schneller süchtig werden. Mehr süchtige Raucher bedeuteten mehr verkaufte Zigaretten.
    Es war ein perfekter Abschluß des Tages.
9
    A m Dienstag morgen traf Nicholas zeitig im Geschworenenzimmer ein. Lou Dell braute gerade die erste Kanne koffeinfreien Kaffee und machte den täglichen Teller mit frischen Brötchen und Doughnuts zurecht. Daneben stand eine Kollektion von nagelneuen Tassen und Untertassen. Nicholas hatte erklärt, er hasse es, Kaffee aus einem Plastikbecher trinken zu müssen, und glücklicherweise hegten zwei seiner Kollegen ähnliche Vorurteile. Eine Liste mit Forderungen war von Seinen Ehren schnell bewilligt worden.
    Lou Dell beeilte sich, mit ihrer Arbeit fertig zu werden, als er das Zimmer betrat. Er lächelte und begrüßte sie freundlich, aber sie war ihm immer noch böse wegen ihrer früheren Scharmützel. Er goß sich Kaffee ein und schlug eine Zeitung auf.
    Wie Nicholas erwartet hatte, erschien Colonel im Ruhestand Frank Herrera kurz nach acht, fast eine volle Stunde vor der erforderlichen Zeit. Er hatte zwei Zeitungen unter dem Arm, eine davon das Wall Street Journal. Eigentlich wollte er das Zimmer für sich haben, brachte aber trotzdem ein Lächeln für Easter zustande.
    »Morgen, Colonel«, sagte Nicholas freundlich. »Sie sind früh dran.«
    »Sie auch.«
    »Ja, ich konnte nicht schlafen. Habe von Nikotin und schwarzen Lungen geträumt.« Nicholas studierte die Sportseite.
    Herrera rührte seinen Kaffee um und ließ sich an der anderen Seite des Tisches nieder. »Ich habe zehn Jahre lang geraucht, als ich in der Army war«, sagte er, steif aufgerichtet, Schultern gerade, Kinn erhoben, immer bereit zum Strammstehen. »Aber ich hatte genügend Verstand, um damit aufzuhören.« »Offenbar kann das nicht jeder. Siehe Jacob Wood.«
    Der Colonel grunzte angewidert und schlug eine Zeitung auf. Für ihn war das Ablegen einer schlechten Angewohnheit nichts als ein simpler Akt der Willenskraft. Schaff Ordnung im Kopf, dann ist der Körper zu allem imstande.
    Nicholas blätterte um und sagte: »Weshalb haben Sie aufgehört?«
    »Weil es ungesund ist. Man braucht kein Genie zu sein, um das zu wissen. Zigaretten sind tödlich. Jedermann weiß das.«
    Wenn Herrera bei den letzten beiden Fragebögen, die sie vor dem Prozeß hatten ausfüllen müssen, ebenso offen gewesen wäre, dann säße er jetzt nicht hier. Nicholas erinnerte sich genau an die Fragen. Die Tatsache, daß Herrera so stark empfand, hatte vermutlich nur eines zu bedeuten: daß er unbedingt der Jury angehören wollte. Er war ein pensionierter Militär, vermutlich gelangweilt vom Golfspielen, gelangweilt von seiner Frau, auf der Suche nach einer Beschäftigung und offensichtlich über irgend etwas verbittert.
    »Sie meinen also, Zigaretten sollten verboten werden?« fragte Nicholas. Das war eine Frage, die er sich tausendmal vor dem Spiegel gestellt hatte, und er hatte sämtliche richtigen Erwiderungen auf alle möglichen Antworten

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