Das Urteil
Ich hätte nie…«
»Sie haben recht. Vierzig Jahre im Geschäft, von einem Tante-Emma-Obstladen zu einer Firma in fünf Staaten mit einem Umsatz von sechzig Millionen im letzten Jahr. Schwer zu glauben, daß sie jetzt das Handtuch werfen wollen.« Troy war alles andere als überzeugend bei seinem Versuch, sentimental zu sein. Lonnie wußte, weshalb. Er war eine hirnlose Null, ein reiches Söhnchen, der jeden Tag Golf spielte und gleichzeitig versuchte, sich den Anstrich des aggressiven Firmenbosses zu geben. Sein Vater und sein Onkel verkauften jetzt, weil in ein paar Jahren Troy die Zügel in die Hand nehmen und vierzig Jahre Arbeit und Umsicht für Rennboote und Häuser am Strand verschleudern würde.
Es folgte eine Pause, während der Ben und Ken Lonnie musterten. Der eine war Mitte Vierzig mit schlecht geschnittenem Haar und einer mit billigen Kugelschreibern vollgestopften Brusttasche. Vielleicht war das Ben. Der andere war etwas jünger, der Typ des leitenden Angestellten, mit schmalem Gesicht, besserer Kleidung und harten Augen. Lonnie sah sie an, und es lag auf der Hand, daß er jetzt dran war, etwas zu sagen.
»Wird die Filiale geschlossen?« fragte er fast schicksalsergeben.
Troy griff die Frage auf. »Mit anderen Worten, was wird aus Ihnen? Ich kann Ihnen versichern, Lonnie, daß ich all die richtigen Dinge über Sie gesagt habe, die ganze Wahrheit, und ich habe vorgeschlagen, daß man Sie hier beläßt, in der gleichen Position.« Ken oder Ben nickte kurz. Troy griff nach seinem Jackett. »Aber das geht mich nichts mehr an. Ich gehe eine Weile hinaus, damit Sie drei die Sache bereden können.« Wie ein Blitz war Troy aus dem Zimmer.
Aus irgendeinem Grund hatte sein Verschwinden bewirkt, daß Ken und Ben lächelten. Lonnie fragte: »Haben Sie eine Visitenkarte?«
»Natürlich«, sagten beide, holten jeder eine Karte aus der Tasche und schoben sie ans Kopfende des Tisches. Ben war der ältere, Ken der jüngere.
Ken war außerdem derjenige, der den Ton angab. Er begann: »Ein paar Worte über unsere Gesellschaft vorweg. Wir sitzen in Charlotte und haben achtzig Läden in den Carolinas und in Georgia. Super-House ist eine Tochter von Listing Foods, einem Konzern in Scarsdale mit einem Umsatz von ungefähr zwei Milliarden im vorigen Jahr. Eine Aktiengesellschaft, deren Papiere sowohl an der Börse als auch außerbörslich gehandelt werden. Wahrscheinlich haben Sie schon von ihr gehört. Ich bin der für Transaktionen zuständige Vizepräsident von Super-House, Ben hier ist regionaler Vizepräsident. Wir expandieren Richtung Süden und Westen, und Hadley Brothers erschien uns attraktiv. Deshalb sind wir hier.«
»Also behalten Sie den Laden?«
»Ja, jedenfalls vorläufig.« Er warf einen Blick auf Ben, als stecke hinter der Antwort noch wesentlich mehr. »Und was ist mit mir?« fragte Lonnie. Sie wanden sich regelrecht, fast simultan, und Ben holte einen Kugelschreiber aus seiner Kollektion. Ken übernahm das Reden. »Also, Sie müssen verstehen, Mr. Shaver…«
»Bitte, nennen Sie mich Lonnie.«
»Gern, Lonnie. Also, solche Übernahmen sind immer mit gewissen Umstrukturierungen verbunden. Das ist einfach Teil des Geschäfts. Jobs gehen verloren, Jobs werden neu geschaffen, Jobs werden versetzt.«
»Und was ist mit meinem Job?« drängte Lonnie. Er befürchtete das Schlimmste und wollte es hinter sich haben.
Ken griff demonstrativ nach einem Blatt Papier und tat so, als läse er etwas. »Also«, sagte er, das Blatt schwenkend, »Sie haben eine gute Akte.«
»Und die besten Empfehlungen«, setzte Ken hilfsbereit hinzu.
»Wir würden Sie gern hierbehalten, jedenfalls fürs erste.«
»Fürs erste? Was bedeutet das?«
Ken legte das Blatt langsam wieder auf den Tisch und lehnte sich auf beiden Ellenbogen vor. »Lassen Sie uns ganz offen sein, Lonnie. Wir sehen für Sie eine Zukunft in unserer Firma.«
»Und es ist eine wesentlich bessere Firma als die, für die Sie jetzt arbeiten«, setzte Ben hinzu. Sie waren ein eingespieltes Paar, das perfekt zusammenarbeitete. »Wir bieten höhere Gehälter, bessere Zusatzleistungen, Aktien-Vorkaufsrecht und so weiter.«
»Lonnie, Ben und ich geben nur ungern zu, daß wir keinen Afro-Amerikaner in einer leitenden Position haben. Ebenso wie unsere Bosse würden wir das gern ändern, und zwar sofort. Wir möchten es mit Ihnen ändern.«
Lonnie musterte ihre Gesichter und unterdrückte tausend Fragen. Vor einer Minute noch hatte er am Rande der
Weitere Kostenlose Bücher