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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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»Vielleicht war es einfach Pech. Die beiden wußten nicht, daß man sie überhaupt anklagen würde. Und jetzt warten sie einfach ab, was passiert.«
    Eine dreifache Zwanzig, kein schlechter Start. Er trank einen Schluck Guinness.
    »Weißt du«, sagte Ronnie, »mir ist grad was eingefallen -was wäre, wenn einer von ihnen vorgehabt hat, sie ebenfalls umzubringen - sie alle drei umbringen wollte, will ich damit sagen -, und sie war eben zufällig nicht zu Hause?«
    Hardy, den Dart wurfbereit in der Hand, erstarrte.
    Ronnie war in seinem Element. »Weißt du denn, wer der Begünstigte ist, wenn die ganze Familie auf einen Schlag ausgelöscht wird?« Hardys Wurfpfeil sauste los, eine zweite dreifache Zwanzig. Drei davon hintereinander - eine »180«er Runde - garantierte einem in jeder Bar in der Stadt einen Drink auf Kosten des Hauses. »He, jetzt mach aber mal 'nen Punkt«, sagte Ronnie. Dann: »Hat er denn sonst noch Fami lienangehörige? Der Mann? Wer könnte denn was geerbt haben?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Hardy. »Gute Frage.«
    Er warf den dritten Pfeil, der annähernd der Flugbahn der beiden anderen folgte, aber einen Millimeter höher darüber in der »20« landete, jedoch außerhalb des Dreifachrings.
    »Keine schlechte Runde«, sagte Ronnie.
    »Ja, nicht schlecht.«

25
    »Der Mann war der Teufel.«
    Penny Roman, die Mutter Melissas, die an den Folgen des mißglückten Abtreibungsversuchs gestorben war, glaubte fest daran. Sie war nicht alt, aber vermittelte irgendwie den Eindruck, als wäre sie es - ihr Haar war derart mit Haarspray zugekleistert, daß es flach und lackglänzend anlag, ihr Makeup dick aufgetragen. Sie hatte ein altmodisches Kleid aus Baumwolldruck mit einem Spitzenkrägelchen an, das vermutlich für einen Teenager gedacht war, und als sie mit ihren Plastikschlappen und einem Tablett mit Kaffee und Tassen her einkam, war der Effekt beinahe grotesk.
    »Bitte, Pen.« Ihr Mann Cecil trug einen kurzen, allmählich grau werdenden Schnäuzer, einen Bleistift hinterm Ohr, dazu eine Lesebrille mit halben Gläsern und grüne Hosen. »Er war vielleicht in den Händen des Teufels, hat die Arbeit des Teufels erledigt...«
    »Er war der Teufel.«
    Cecil sah Hardy an und zuckte die Achsel. »Es ist sehr hart gewesen. Sie können es sich nicht vorstellen.«
    »Es tut mir leid.«
    Es tat ihm fast noch mehr leid, daß er überhaupt hier hinausgefahren war zu dem gerade mal neunzig Quadratmeter großen Haus, gleich in der Nähe des alten Klosters Mission Dolores, wo man das Gefühl hatte, daß die Fenster und Türen nie aufgemacht wurden. In dem kleinen Zimmer, wo sie in stickiger Luft zusammengedrängt saßen, Hardy und Cecil auf der mit Chintz bezogenen Couch und Penny auf der vorderen Hälfte eines Ohrensessels, blickten Jesus und Maria aus drei gerahmten Drucken nach unten. Ein übergroßes und mit viel Zuckerwerk gerahmtes Foto ihrer Tochter Melissa lächelte Hardy von einem Beistelltischchen aus zu. Cecil rollte ein kleines Gestell aus Metall für das Kaffeetablett und ihre Tassen heran.
    Die Familie Roman war ein nicht umgedrehter Stein, über den er mit Freeman gesprochen hatte, der ihn prompt wegen seiner Skrupel tadelte, ob die Familie nun jemals tatsächlich auch nur im Traum daran gedacht hatte, Larry Witt etwas anzutun. Die Frage war: Konnte er mit dem Finger auf sie zeigen? Konnten sie, egal wie peripher, die Argumente der Anklagevertretung entkräften?
    Ebensowenig gefiel es ihm, daß er heute an diesem Dienstag morgen unter falschem Vorwand hier herumsaß und die Verabredung einhielt, die er gestern mit ihnen getroffen hatte, nachdem er ihnen erzählt hatte, er komme von der Polizei. Wenn aber Terrell oder Glitsky es nicht tun konnten oder wollten ...
    Als Hardy ein junger Staatsanwalt gewesen war, war er eines Tages in South San Francisco zum Kennmarkenladen einkaufen gegangen. Kennmarken waren seitens der Staatsanwaltschaft weder gutgeheißen noch verboten - jeder wußte, daß sie einem manchmal sehr gute Dienste erwiesen, vor allem bei Leuten, deren Englisch nicht perfekt war und die es gewohnt waren, sich Kennmarken anzusehen und also im Grunde wußten, was diese zu bedeuten hatten, auch wenn die eine oder andere Nuance fehlen mochte.
    Also hatte er sich am Telefon als Officer Hardy vorgestellt, und jetzt hatte er eine Kennmarke dabei. Sie hatten ihn um-standslos hereingelassen.
    »Dies ist hier reine Routine, insbesondere nach all der langen Zeit. Wir versuchen eben immer

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