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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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lagen. »Diese Idioten. Es hört nie auf.« Sie atmete tief aus. »Weswegen haben sie ihn denn bedroht?«
    »Irgendwas, daß er Ihre Mutter belästigt hätte. Dismas hat mir erzählt, daß er hingefahren ist und sich mit ihr getroffen hat...«
    »Ich weiß. Und mein Vater hat sie grün und blau geschlagen. Er hat mir auch das erzählt.«
    Stille.
    Frannie hatte Angst. Sie hatte sich den ganzen Vormittag gefürchtet, war bei kleinen Geräuschen aufgeschreckt, wenn das Telefon läutete, hatte sich eingebildet, ihr ganzes Haus und die einzelnen Zimmer wären demoliert worden, die Eingangstür eingetreten, die Fenster zerdeppert. Wütend oder bestürzt oder beides, hatte sie jedenfalls nicht das Herz gehabt, die Sache mit Dismas zu bereden, bevor er aus dem Haus gegangen war.
    »Ich habe mich eben erst wieder mit ihm unterhalten, wissen Sie. Mit Ihrem Mann. Er wollte wissen, ob ... er wollte ein paar Sachen über meine Eltern wissen. Er hat kein Wort von der Sache gestern abend erwähnt.«
    »War er denn hier?«
    Jennifer schüttelte den Kopf. »Er hat angerufen. Es ist eine ziemliche Nerverei, wenn er hier hochkommt, und er hatte nur ein paar Fragen. Nein, Sie und er, das sind ... zwei verschiedene Sachen.« Sie machte eine Pause. »Männer sind immer eine andere Sache. Das ist einfach so. Ich sage Ihnen, was Sie wissen müssen. Sie stellen mir Fragen, und ich beantworte sie.«
    »Und was ist mit Ihrem Vater? Was denken Sie, was er unternehmen wird?«
    »Keine Ahnung. Gegen einen anderen Mann? Keine Ahnung. Bei meinem Bruder genau dasselbe.«
    »Glauben Sie, die beiden würden unseren Kindern was tun? Wenn sie die beiden auch nur anfassen ...« Frannie sprach den Satz nicht zu Ende, brachte es nicht über die Lippen.
    »Würden Sie sie umbringen?«
    Frannie nickte. Sie war überrascht, plötzlich festzustellen, daß sie jemanden umbringen würde, um ihre Kinder zu beschützen. »Ist es das, was passiert ist?« fragte sie. »Hat Larry angefangen, Matt zu schlagen?«
    Einen Augenblick lang dachte sie, Jennifer würde einfach nicken und »ja« sagen. Doch statt dessen war da ein unmerklicher Rückzug, etwas in ihrer Körperhaltung, ihren Augen. Sie nahm die Hand von der Glasscheibe.
    »Ich würde mir keine Sorgen machen«, sagte sie zuletzt. »Ich denke, es ist in Ordnung. Mein Vater wird nichts unternehmen. Außerdem schlagen Männer nur zu, wenn sie davon ausgehen, daß man nicht zurückschlägt.« Jennifer beugte sich nach vorn, schlug die Beine übereinander. »Ich könnte für eine Zigarette einen Mord begehen«, sagte sie und fügte dann hinzu: »Eines Tages hatte Ned, mein erster Mann, den Eindruck, daß dieser Zahnarzt mich anmacht, und er fuhr zu ihm hin und hämmerte ihm ein paarmal auf die Brust - zumindest hat er das behauptet -, kam dann zurück und hat mich verprügelt.« Ihr Gesicht verzog sich zu einem traurigen, beinahe sehnsüchtigen Lächeln. »Ganz wie immer.«
    »Was haben Sie gemacht?« Frannie beugte sich vor, preßte allein die Hand an die Trennscheibe. »Wie konnten Sie das auf Dauer hinnehmen?«
    Jennifer seufzte erneut und verschränkte die Arme, starrte auf einen Fleck in der Mitte zwischen ihnen beiden.
    »Ich höre«, sagte Frannie,
    Jennifers Hand legte sich auf das Plexiglas. Ihr Gesicht schien sich bei der Erinnerung, welche auch immer es sein mochte, zu verhärten. Sie war angespannt, flüsterte, sah Frannie fest in die Augen. »Das wollen Sie gar nicht wissen.«
    Hardy hatte es mehr oder minder beiläufig erwähnt - ein Ärgernis mehr als alles andere -, aber Abe Glitsky gefiel die Tatsache überhaupt nicht, daß Phil und Tom DiStephano seinem besten Freund auf die Zehen getreten waren. Es war weniger die Drohung als solche - schließlich war nichts Ernstes passiert, war kein Verbrechen vorgefallen. Glitskys Ansicht, daß in San Francisco nichts außer den abscheulichsten Untaten polizeilich untersucht und gerichtlich bestraft würde, hieß freilich nicht, daß er unhöfliches Benehmen guthieß. Seine Tage im Streifendienst waren noch nicht so lange her, daß er sich nicht mehr daran erinnert hätte, welchen Eindruck ein Polizist auf jemanden machen konnte, der eine Lektion in Höflichkeit oder Selbstbeherrschung nötig hatte.
    Phil DiStephano war ein Klempner, der bei einer mittelgroßen Firma in der Nähe des Kezar Pavillon arbeitete. Der Mann im Büro teilte Glitsky mit, daß Phil und zwei andere Klempner zum Mittagessen gegangen waren und innerhalb einer Viertelstunde zurück sein

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