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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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dem Lokal gab es bunte Glasfenster, doch sie waren mit Baumwollaken mit Paisley-Muster verhängt, die den Raum angemessen schummrig machten. Man hörte Sitarmusik, und der Duft von Patchouli und Currygerichten lag in der Luft. Ein bärtiger Mann ohne Hemd und eine langhaarige, dünne junge Frau spielten am Tresen Schach.
    Singh winkte zögernd von seinem Tisch im hinteren Teil des Raum. Hardys Augen, die sich noch nicht an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, nahmen seine Umrisse wahr, und er ging zu ihm hin, lief auf dem Weg direkt in einen Tisch hinein. Eine Katze miaute zu seinen Füßen und sprang aufs Fensterbrett.
    Hardy besah sich den Tisch, ging weiter. Singh schüttelte ihm die Hand, ein kraftloser Händedruck. Der kleine Rationalisierungsexperte schien irgendwie noch kleiner geworden zu sein, niedergeschlagen, auch wenn er ein tapferes Lächeln auf gesetzt hatte. Als Hardy ihm für das Treffen dankte, sagte Singh: »Es ist mir ein Vergnügen, daß Sie gekommen sind. Wissen Sie, es gibt nicht viel ...« Seine Stimme brach ab. Er zeigte hierhin und dorthin.
    »Ist das Ihr Laden?« fragte Hardy. »Gehört er Ihnen?«
    Ein höfliches Lachen. »O nein, nein.« Er beugte sich vor und weihte Hardy ein. »Es ist nicht teuer. Sie lassen mich hier manchmal den ganzen Tag lang sitzen. Das ist besser, als zu Hause zu hocken. Es ist ein Ort, wo man hingehen kann, genau wie zur Arbeit.«
    Der Mann ohne Hemd hatte sich für die Aufgabe als Kellner eine Schürze umgebunden und stand nun an ihrem Tisch, gab die Speisekarte bekannt. Espresso, Tee, Vollkornprodukte, Linsensuppe, brauner Reis, Tabouleh. Hardy bestellte Hummus und einen Salat. Singh fragte ihn, ob er etwas dagegen hätte, wenn er das Gemüsecurry bestellte, das mit 4 Dollar 95 das teuerste Gericht auf der Karte war. Hardy antwortete, kein Problem, was immer er wolle, das Mittagessen gehe auf seine Kappe. Hardy, der Kumpel.
    Als der Kellner gegangen war, fragte Hardy Singh, was mit seinem Job passiert sei. Singh lächelte traurig. »Na ja, die Konjunktur, wissen Sie ...«, setzte er an, verstummte dann wieder. Er trug noch immer seine dünne Krawatte und sein weißes Hemd. Das Sakko hing hinter ihm über der Stuhllehne. »Nein, das ist es nicht. Ich glaube, es ist reine Gier.«
    »Gier?«
    »Nein, das ist nicht fair, nicht gerecht. Ich nehme mal an, es ist eben einfach so im Geschäftsleben, aber ich bin ... Ich habe sieben Jahre für die Grupp e gearbeitet, und ich dachte ...«Er zuckte die Schultern.
    »Was ist passiert?«
    »Naja, die Umstrukturierung, verstehen Sie? Die Kosten senkung.« Singh nahm einen Schluck aus seinem Glas Wasser ohne Eis. »Ich habe es nicht kommen sehen. Es ist mein eigener Fehler. Ich hätte es wissen müssen. So läuft es eben, wenn Gewinn gemacht werden soll - man schneidet das Fett ab.« Er lachte. »Ich habe mich jedoch nie als Fett betrachtet. Verstehen Sie? Ich dachte, ich wäre etwas wert und würde gute Dienste leisten. Jetzt habe ich das natürlich begriffen.«
    Hardy, der das Rundschreiben zur Aktienmission dreimal gelesen hatte, war mittlerweile mit den Fakten vertraut: Die Yerba Buena Medical Group befand sich seit gut einem Jahr in dem Prozeß der Veränderung ihres Status von der Ge meinnützigkeit zur Gewinnorientierung - der Praxisbetrieb mußte Kapital anziehen, wenn er in den Konkurrenzkampf um Patienten eintreten wollte, und er konnte kein Kapital an ziehen, wenn er keine Gewinne machte.
    »Also hat man Sie einfach vor die Tür gesetzt?«
    S ingh zuckte die Schultern. »Jemand anderer macht denselben Job vermutlich billiger. Vielleicht nicht so gut, was weiß ich. Aber ich gehörte zu den Angestellten, nicht zu den Ärzten, also ...« Ein weiteres Schulterzucken, die Schlußfolgerung lag auf der Hand. »Wie auch immer, wie kann ich Ihnen behilflich sein? Sie sind ja nicht gekommen, um über mich zu reden.«
    Hardy lehnte sich zurück. »Das geht schon in Ordnung so, Mr. Singh. Es stört mich nicht im geringsten, etwas über Sie zu hören. Sie haben vielleicht gehört, daß Dr. Witts Frau für schuldig befunden wurde, ihn ermordet zu haben ...«
    »Nein, das habe ich nicht. Ich habe die Nachrichten nicht mehr verfolgt, seit... Seine Frau ... ?«
    »Sie ist meine Mandantin. Ich versuche, die Verhängung der Todesstrafe abzuwenden.«
    »Ich halte gar nichts davon. Ich bin der Meinung, eine Hinrichtung durch den Staat ist nur eine andere Form von Mord.«
    »Dann möchten Sie mir vielleicht helfen?«
    »Wenn ich das

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