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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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kann. Aber wie ich Ihnen bereits sagte, wurde Dr. Witt von allen respektiert.«
    Das Essen kam und sah ein wenig appetitlicher aus als die Beschreibung in der Karte. Ha rdy brach ein Stück Pita ab und stippte es in sein Hummus. Singh aß wie ein Verhungernder, er hatte fast schon damit angefangen, bevor das Essen auf dem Tisch stand.
    »Sie haben auch gesagt, daß Sie und Dr. Witt einige Differenzen darüber hatten, wie das Geld ausgegeben wurde.«
    »Aber das war der Aufsichtsrat, waren deren Entscheidungen. Es hatte nie konkrete Auswirkungen gehabt. Dr. Witt konnte in seiner Praxis tun und lassen, was er wollte. Ich glaube, er wollte mehr Mitspracherecht, mehr Kontrolle darüber, wie der Betrieb als solcher funktionierte, welche Entscheidungen getroffen wurden.« Singh hörte einen Moment lang auf zu essen, ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Was er allerdings jetzt tun würde, weiß ich nicht.«
    »Was meinen Sie mit jetzt?«
    »Jetzt ist kein Ali Singh mehr da, mit dem er darüber disku tieren könnte. Jetzt, nach der Übernahme.«
    »Sie meinen nach der Veränderung zu einer gewinnorien tierten Unternehmensform?«
    Singh schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Hardy. Das war im vergangenen März. Ich meine die Übernahme, den Verkauf der Gesellschaft.« Er schaufelte mehr von dem Currygericht in sich hinein. »Wenn er sich nicht eingekauft hätte ... fast niemand hat das getan, aber ich glaube, daß Dr. Witt das Ganze anfechten würde.«
    Hardy gab nicht länger vor, daß er mit Essen beschäftigt War. Er spürte, wie sein Nacken kribbelte. »Ich befürchte, ich Weiß nicht mehr, worum es geht. Ich dachte, wir würden dar über sprechen, daß die Gesellschaft jetzt gewinnorientiert ar beitet.«
    »Das tat sie ja auch.«
    Hardy wartete.
    »Und dann - das ist unabhängig davon, verstehen Sie? Später, jetzt im Sommer, ist die Gruppe aufgekauft worden.«
    »Wer hat sie aufgekauft?«
    Singh hatte sein Curry aufgegessen. Er schob den Teller zur Seite. »Das sind die Leute, die mir gekündigt haben. Die Leute von der Versicherungsgesellschaft - PacRim. Sie haben vierzig Millionen Dollar bar auf die Hand gezahlt.«
    Hardy schob seinen eigenen Teller weg. »Vierzig Millionen Dollar.«
    Singh redete weiter. »Als die Ärztegruppe sich beim Fiskus wegen der Änderung der Gesellschaftsform registrieren ließ -man muß dem Staat die Gebühr zahlen, die dem eigenen Wert entspricht -, wurden 535 000 Dollar angesetzt. Das war der Nettowert der Gruppe. Das Angebot über 40 Millionen Dollar war eine riesige Überraschung, verstehen Sie? Niemand hatte vermutet, daß die Gruppe einen derartigen Wert besaß.«
    Irgendwer schon, dachte Hardy. Kein Unternehmen entdeckte von heute auf morgen, daß sein Wert in weniger als sechs Monaten von einer halben Million auf 40 Millionen Dollar gestiegen war.
    Dennoch hatte das Rundschreiben mit dem Angebot der Aktienzeichnung die finanzielle Zukunft der BMG äußerst zurückhaltend beschrieben. Es wurde - zumindest öffentlich -letztes Weihnachten keineswegs über einen Verkauf nachgedacht. Es hatte keine potentiellen Käufer gegeben, und man hatte den Markt zu der Zeit gründlich abgegrast. Der Rundbrief war in dem Punkt sehr deutlich gewesen. Die Mitglieder sollten keinerlei Zusatzprofit erwarten, der Kauf der Anteile zu jeweils fünf Cent war höchstwahrscheinlich nicht einmal die Zeit wert, die die Mitglieder dazu brauchten. Die Aktien würden nie mehr als die fünf Cent wert sein.
    Hardys Kribbeln machte sich immer nachhaltiger bemerkbar.
    »Wenn ich Mitglied gewesen wäre, dann hätte ich Aktien gekauft«, sagte Singh. »Nicht viele Mitglieder haben gekauft, aber ich hätte es getan. Dann wäre jetzt alles anders.«
    »Hat es sich für die Mitglieder denn gelohnt?« fragte Hardy. »Für diejenigen, die Anteile gekauft haben?«
    Singh, der Buchhalter, kannte die Zahlen. Er mußte vor Bewunderung wehmütig lächeln. »Man bot den Mitgliedern, den Ärzten, neunundvierzig Prozent an, das waren 140000 Anteile zu fünf Cents pro Anteil. Wie viele Anteile man kaufen konnte, hing davon ab, wie lange man bereits in der Gruppe war. Das Maximum - für eine Einzelperson, verstehen Sie - waren 368 Anteile, was einer totalen Investition von 18 Dollar 40 entsprach.«
    Hardy erinnerte sich an die Zahl - »weniger als zwanzig Dollar.«
    »Ich bin diese Zahlen so viele Male durchgegangen«, sagte Singh, »und es fällt mir immer noch sehr schwer, das zu glauben. Wissen Sie, was ein Anteil von fünf Cent

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