Das Urteil
»Vielleicht vierzig. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Sicher waren es weniger, als sich heute wünschen, Aktien gekauft zu haben.« Er breitete entschuldigend die Arme aus, kehrte die Handflächen nach außen. »Doch so läuft das eben. Wer wünschte sich jetzt nicht, er hätte Anteile von Apple gekauft, als das Unternehmen anfing, oder sogar von McDonald's?«
»Aber Dr. Witt hat sich noch vor dem Verkauf beschwert.« »Wissen Sie denn, daß er sich beschwert hat? Bei wem hat er sich beschwert? Vielleicht wollte er einfach nur um eine Fristverlängerung bitten. Vielleicht hatte er eine schnelle Frage. Vielleicht sonst was. Ich kannte Dr. Witt nicht persönlich, deshalb habe ich keine Ahnung.«
Dieses Gespräch gab Hardy ein Gefühl von dej á vu - Villars hatte dieselben Einwände gehabt. Hardy wußte einfach nicht, was er glauben sollte. Er war auf Annahmen und Hoffnungen angewiesen, aber er hatte keinerlei Fakten in der Hand. Eine weitere Welle von Übelkeit schwappte über ihn hinweg, er lehnte sich in den Sessel zurück und schloß die Augen. »Mr. Hardy?«
»Ich glaube, ich gehe lieber«, sagte er. »Vielen Dank. Sie waren sehr hilfreich.«
Stone nahm Hardy am Arm und führte ihn quer durchs Zimmer und durch die Tür zur Eingangshalle. »Wissen Sie«, sagte Hardy, »ich habe noch eine weitere Frage, wenn es Ihnen nichts ausmacht... Was ist mit den Anteilen passiert, die keiner gekauft hat?«
Das war nur ein weiteres verwaltungstechnisches Detail, und Stone war ganz offen. »Einige der Anteile befinden sich in Treuhandverwahrung, zählen zum Vermögen der Gruppe. Andere haben wir als Bonus verschenkt. Und einige weitere haben wir für Dienstleistungen eingetauscht.« »Wie zum Beispiel Anwaltsgebühren?« Stone lächelte. »In der Tat, so ist es. Mr. Bachman hat damit einen guten Coup gelandet. Und wir hatten gedacht, daß wir damit ein gutes Geschäft, tatsächlich sogar ein unglaubliches Geschäft gemacht hätten.«
Sic waren an der Tür angekommen. Stone schmunzelte noch immer über Bachmans Gewieftheit. »Crane hat uns normalerweise zweihundertfünfzig pro Stunde berechnet, und Bachman schlug vor, er würde den Papierkram zur Umwandlung der Geschäftsform für fünfzigtausend Anteile erledigen. Wir überschlugen, daß er auf ungefähr hundert Stunden kommen würde, und die Anteile waren zweitausendfünfhundert Dollar wert - zu der Zeit. Es war ein Bombengeschäft. Also hat der Aufsichtsrat eingewilligt. Und tatsächlich kam er dann auf mehr als dreihundert Stunden, also dachten wir, daß wir wirklich sehr gut dabei abgeschnitten hätten.«
»Fünfzigtausend Anteile?«
»Zu fünf Cent pro Anteil, vergessen Sie das nicht. Es waren Peanuts. Jetzt natürlich ...«
Hardy wartete.
»Nun, wir alle haben einiges dabei rausgeholt, ich sollte es Mr. Bachman nicht mißgönnen. Er hat viel Arbeit reingesteckt und uns alle sehr viel reicher gemacht. Ist das eine Sünde?«
»Wieviel hat er schließlich kassiert?«
Stone spitzte die Lippen, lächelte. »Ich nehme an, es ist amt lich festgehalten. Ich kann es Ihnen also sagen - ein wenig über sieben Millionen Dollar.«
Hardy wiederholte den Betrag. Langsam. Laut.
Stone stimmte ihm zu, daß es ein tolles Geschäft war. »Jetzt fahren Sie besser nach Hause und legen sich ins Bett. Nehmen Sie alle vier Stunden ein Aspirin.«
»Und nehmen Sie reichlich Flüssigkeit zu sich«, sagte Hardy.
Der Arzt lächelte. »Genau. Dann schicken Sie mir fünfzig Dollar.« Das Lächeln machte einem breiten Grinsen Platz. »Entschuldigen Sie, vergessen Sie die fünfzig Dollar. Die Macht der Gewohnheit.«
Doch er fuhr nicht nach Hause.
David Freeman war hin und weg, er dirigierte im Wohnzimmer soeben ein klassisches Konzert - Hardy kannte das Stück nicht. Er warf seine Aktenmappe auf den Boden und plumpste müde auf Freemans Couch, deckte sich mit ein paar Kissen zu, um es warm zu haben und sah Freeman zu, wie er -den Stab in der Hand - seine Symphonie dirigierte.
Er döste ein.
Als er aufwachte, klebte der Nebel noch immer an den Fenstern. Freeman hatte eine Decke über ihn geworfen. Es war ruhig, und der ältere Mann saß am Küchentisch und arbeitete, las in einer Akte, machte sich Notizen.
»Wie spät ist es?« Hardys Knochen waren zu schwer, als daß er den Arm hätte heben können.
Freeman sah auf. »Nach zwei. Ich werde nach einem Prozeß normalerweise ebenfalls krank.«
»Ich darf nicht krank sein.« Hardy versuchte sich aufzu richten. Es gelang ihm nicht
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