Das Urteil
nenswerte Probleme flachlegen.«
Sie sah ihn erneut fragend an. Wollte Sie ihn etwa anma chen? Hatte er ihr soeben eine Abfuhr erteilt? Was auch immer, ihr schien es nichts auszumachen. Sie schien die Sache für interessant zu halten. Das hier waren völlig andere Leute.
Es mußte andere Regeln geben, und vielleicht kannte er sie nicht.
»Also wo waren wir?« fragte sie.
»Woher ich Jody kenne. Ich kenne ihn nicht.«
Einen Moment lang lag ein neuer Ausdruck in ihren Augen. Angst? Verärgerung? »Sie sind doch nicht etwa von der Polizei, oder?«
»Warum? Hat Jody Ärger mit der Polizei?«
»Es gibt keinen Grund dafür. Und Sie haben mir noch keine Antwort gegeben.«
»Ich habe es doch gesagt. Ich bin Rechtsanwalt. Ich bin kein Cop.«
Sie lehnte sich zurück und verschränkte die Arme unter ihrem Oberteil. Ihre Miene blieb ausdruckslos. »Was glaubt ihr Leute eigentlich, was er angestellt hat? Ihr solltet ihn in Ruhe lassen.«
Hardy nickte. »Ja. Das ist es, was Mr. Kelso zu Inspektor Restoffer gesagt hat. Aber ich arbeite auf eigene Faust. Ich gehöre nicht zu Restoffer, und ich versuche, meiner Mandan tin das Leben zu retten.« Er erzählte ihr die Kurzfassung von Jennifers Geschichte. Als er ausgeredet hatte, hatte sie die Arme wieder aus der Verschränkung gelöst. Sie trank einen großen Schluck Limonade.
»Aber Jody hat Frank nicht angerufen - Mr. Kelso. Ich war's. Jody wußte nichts davon und weiß wahrscheinlich noch immer nichts davon. «
»Warum haben Sie ihn angerufen?«
»Weil, Mr. Hardy« - sie beugte sich erneut vor - »weil Jody das nicht nötig hat. Er ist sehr sensibel und hat nichts Falsches getan. Und dann fängt dieser Mensch namens Restoffer urplötzlich aus heiterem Himmel an, ihm Fragen zu stellen, als ob er ein Verbrecher wäre. Diese Anschuldigungen setzten ihm mächtig zu, und die ganze Sache war lächerlich. Wissen Sie, wer Jody ist?«
»Ich weiß, daß er Ihr Verlobter ist. Das ist es aber auch schon fast.«
»Er ist einer von denen, die es nur einmal unter einer Million Menschen gibt, so einer ist er. Er bringt die Hälfte seines Lebens damit zu, daß er anderen Leuten hilft. Er kommt aus kleinen Verhältnissen, und jetzt steigt er in die Elite der Stadt auf, treibt Gelder für zwanzig verschiedene Anliegen auf- da steckt er auch jetzt, bei einem Golfturnier zu Wohltätigkeitszwecken. Er ist ein Sozius in seiner Kanzlei und verdient gutes Geld. Er ist mit mir verlobt, also wird Geld kein Thema sein, wie Sie sehen können. Er hat es nicht nötig, sich auf irgendwelche kriminellen Geschichten einzulassen. Geld bedeutet ihm schlicht nichts.«
Wenn Jody solch ein Prachtkerl war, das hätte Hardy sie gerne gefragt, warum hatte sie Hardy dann den Eindruck vermittelt, daß sie mit ihm ins Bett gegangen wäre, vielleicht immer noch ins Bett gehen würde. Es konnte ja sein, daß alle seine Herzensgüte sie nicht zufriedenstellte, was natürlich nicht besagen mußte, daß es diese Herzensgüte nicht gab.
Es konnte aber auch sein, daß ihr Prachtkerl sie nicht begehrenswert fand und eine Vernunftsehe für sich arrangiert hatte, die ihm noch mehr Geld und mehr Macht einbringen würde. Aber vielleicht ähnelten Ehen in dieser Gesellschaftsschicht eher strategischen Bündnissen als Liebesbeziehungen. Beziehungen und Loyalität mochten mehr bedeuten als sexuelle Anziehung. Er wußte es einfach nicht, das war nicht seine Welt.
Und er hatte bald keine Puste mehr. »Hat Jody Ihnen denn erzählt, daß Restoff er ihm etwas zum Vorwurf gemacht hat?«
Nicht konkret, aber es war offensichtlich, daß er dachte, Jody könnte etwas mit dem Tode von Simpson Crane zu tun haben, was einfach absurd ist. Simpson Crane war wie ein Vater für ihn. Er hat geweint, als Simpson erschossen wurde -ich war bei ihm und habe es gesehen. Das ist keine Sache, die man vortäuscht, Mr. Hardy.«
Es soll schon vorgekommen sein, dachte Hardy.
»Außerdem«, fuhr sie fort, »weiß alle Welt, wer Simpson umgebracht hat. Es war die verfluchte Gewerkschaft. Er war, ich denke, jedermann weiß das, einer, der Gewerkschaften aufs Korn nahm und sie abservierte. Er war der festen Überzeugung, daß die Gewerkschaften unser Land kaputtmachen -und nebenbei bemerkt, hatte er recht damit -, also hat er sich mit ihnen angelegt. Er verstand seine Sache einfach zu gut. Und einer von ihnen hat ihn umgebracht oder umbringen lassen. Das zeigt einem genau, was für Leute das sind.«
Hardy hätte sie gerne gefragt, ob sie sich schon
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