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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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nicht. Tatsächlich geschah gar nichts, und das Bellen ging immer weiter. Hardy hätte ein Einbrecher mit einem Vorschlaghammer sein können anstelle eines Anwalts mit einem Hausschlüssel, und - wie es aussah - hätte ihm Kein Mensch irgendwelche Fragen gestellt.
    Und dies war der Häuserblock, in dem sich zwei Augenzeugen für den Zeitpunkt des Mordes und sogar noch mehr Zeugen für den Lieferwagen des Federal Express gefunden hatten? Hardy dachte bei sich, daß Terrell ein As beim Befragen potentieller Zeugen sein mußte.
    Als er im Inneren des Hauses war, brach das Bellen nach einer weiteren Minute ab.
    Das Haus war weiß. Die Eingangshalle bestand aus weißem italienischen Marmor, der rosageädert war.
    Die weichen Polstermöbel waren modern und weiß, die Tische und Garderobenhaken aus schwarzem Gußeisen. Alles vor einem Untergrund aus champagnerfarbenem Teppichboden, der von Wand zu Wand verlief. An den Wänden erkannte Hardy eine der Fotografien von Mapplethorpe, die für solchen Wirbel gesorgt hatte, daneben einen Druck von Goyas Saturn verschlingt einen seiner Söhne. Aus unmittelbarer Nähe besah er sich ein paar andere Drucke oder Originale, die er noch nicht einmal in eine abgesperrte Dunkelkammer gehängt hätte, geschweige denn ins Wohnzimmer eines Hauses, in dem ein kleines Kind lebte.
    Auf seinem gelben Notizblock machte er einen Vermerk, um sicherzustellen, daß David Freeman die Medien draußen hielt. Er mußte wohl annehmen, daß das Zeug Larrys Geschmack widerspiegelte und nicht den Jennifers.
    Im Erdgeschoß war alles makellos, antiseptisch. Die Küche - der Fußboden ein Schachbrettmuster aus schwarzen und weißen Fliesen und die Armaturen ebenfalls schwarz und weiß - sah aus, als ob sie nie benutzt worden wäre. Kupferne Kochtöpfe funkelten an ihren Haken an dem gußeisernen Haltegestell über dem freistehenden Herd.
    Es herrschte eine bedrückende Stille - Hardy ertappte sich dabei, daß er auf den Fußballen ging, als er sich durch die anderen Zimmer im Erdgeschoß bewegte. Das Eßzimmer mit dem Tisch aus schwarzem Lack und sechs Stühlen. Eine Bibliothek mit überwiegend medizinischer Fachliteratur. Keine Romane, jede Menge Geschichte und Biographien. Es gab ein kleines Lesezimmer mit einem offenen Kamin und einem zweisitzigen Sofa neben einem Tischchen für Zeitschriften. Doch es gab keine Zeitschriften. Ein Gästezimmer. Hardy hob die Tagesdecke vom Bett, die Matratze darunter war nicht bezogen.
    Er blieb am Fuß der Treppe stehen. Jennifer hatte hier gewohnt? Es gab keinerlei Lebenszeichen. Er kritzelte eine zweite Notiz aufs Papier, sie zu befragen, ob sie im Lauf der letzten Monate woanders gewohnt hatte. Und falls ja, wo?
    Einen Monat, nachdem Frannie und er zusammengezogen waren, hatte er ihr beim Kunstflohmarkt auf der Ghirardelli Street eine dieser kleinen Kacheln gekauft, auf der zu lesen stand: Ein sauberes Haus ist ein Zeichen für ein vergeude tes Leben. Diese Kachel hing stolz in ihrer Küche. Er war sich sicher, daß er nicht suchen mußte, wo Jennifer ihre aufbewahrte.
    Im ersten Stock folgte die Fortsetzung. Links lag, was Matts Zimmer gewesen sein mußte, das Bett war diesmal gemacht, die Spielzeuge standen in Reih und Glied. Die Abendsonne ging soeben unter, badete den Raum in einen orangeroten Schimmer. Neben dem Zimmer war ein Badezimmer mit Klo und Dusche, wo jemand mit Schablone Seepferdchen an die Wand gemalt hatte - so minimal dies auch war, war es bislang das einzige Anzeichen für irgendeinen Anflug von Gemütlichkeit im Haus.
    Hardy kam erneut am Treppenhaus vorbei und blieb stehen, um sich Wohn- und Eßzimmer direkt unter ihm zu besehen. Weiß. Schwarz. Spiegel und Metall und das zunehmende Halbdunkel der Dämmerung. Was immer er sonst noch zu tun hatte, er wollte es hinter sich bringen und möglichst schnell hier rauskommen.
    Das Elternschlafzimmer war eine Überraschung. Das gelbe Absperrband der Polizei lag immer noch da, allerdings nicht mehr quer vor die Tür gespannt, sondern auf den Teppich geworfen. Er stieg darüber hinweg und spazierte in die Mitte des Zimmers.
    Nachdem die Beamten von der Spurensicherung mit ihrer Arbeit fertig gewesen waren und die Leute von der Reinigungsfirma den Schaden behoben hatten, hatte Jennifer keinen Fuß mehr in dieses Zimmer gesetzt, dessen war sich Hardy plötzlich gewiß. Zusammengelegte Laken und Decken lagen auf der nackten Matratze des Bettes, Handtücher auf dem Schrank neben der Tür zum Bad, Wollmäuse in den

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