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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Hände aus ihrer Verschränkung und lehnte sich schließlich in seinem Sessel zurück. »Dr. Witt hatte gerne den Eindruck, daß er bei diesen Fragen mitreden konnte, bei vielen Punkten.« Er winkte ab. »Das soll keine Kritik sein, er war nicht der einzige. Es war ihm ein Bedürfnis, die Gewißheit und das Gefühl zu haben, daß er mit seiner Praxis das Sagen hatte, in welcher Richtung sich die Gruppe weiterentwickelt.«
    Das deckte sich bestens mit der Einschätzung Jennifers, der Meinung Lightners und dem Bericht des Federal-Express-Fahrers. Larry Witt war jemand, der alles zwanghaft unter Kontrolle haben mußte. »Und in welcher Richtung hat sich die Gruppe weiterentwickelt?«
    »Entwickelt sie sich weiter«, korrigierte Singh. »Die Gruppe wird neuorganisiert als Unternehmen, das Profite erwirtschaftet. Wir sind lange genug gemeinnützig gewesen. Der Aufsichtsrat vertritt die Position, daß man Kapital anziehen muß, wenn man im Gesundheitswesen konkurrenzfähig bleiben will. Um das zu tun, muß man ... attraktiv sein, und leider ist ein Teil davon das physische Umfeld. Man würde denken, die Qualität der medizinischen Versorgung ist der springende Punkt, aber so läuft das Geschäft nun einmal nicht.« Singh seufzte. »Das ist die Realität, und man hat die Mitglieder - also die Ärzte - gebeten, statt einer Einkommenserhöhung kurzfristig Verluste zu akzeptieren, solche Dinge, verstehen Sie.«
    Hardy verstand es nur zu gut. Überall herrschten schlechte Zeiten, aber besonders im Gesundheitssektor und besonders in Kalifornien. Der Schritt erschien auf den ersten Blick langfristig sinnvoll, aber Hardy begriff auch, weshalb es kurzfristig Widerstände geben mochte - keine Einkommenserhöhung, weniger Geld, den Gürtel enger schnallen, abwarten, abwarten, abwarten. Nach allem, was er gehört hatte, zählten Abwarten und Aufschieben nicht zu den Stärken Larry Witts.
    »Bekam Dr. Witt wegen dieser Sache mit irgend jemandem Streit? Wurde er wütend, platzte ihm der Kragen?«
    »Dr. Witt? Du liebe Güte, nein. Ihm ist nie der Kragen geplatzt. Sie können hier fragen, wen Sie wollen - er war immer höflich, immer vernünftig, selbst wenn er nur ungern einen Rückzieher machte. Hier gab es nichts, weswegen man wütend werden sollte - kleine Meinungsverschiedenheiten unter Standesgenossen. Dr. Witt hatte hier keine Feinde. Man mochte ihn und respektierte ihn.«
    »Aber irgendwer hat ihn umgebracht. Hat er vielleicht mit einer Krankenschwester eine Affäre gehabt oder mit der Frau eines Kollegen ...?«
    Mr. Singh schüttelte den Kopf, sah amüsiert drein. Er war jetzt völlig entspannt, beugte sich nach vorn. »Es war niemand hier bei uns, glauben Sie mir, Mr. Hardy. Ich bin der Ansicht, daß es seine Frau gewesen sein muß, verstehen Sie.«
    »Dies hier«, sagte Freeman, »ist eine eidesstattliche Erklärung zu dem expliziten Zweck, daß mir keiner an die Wäsche kann. Und das hier«, er hob die andere Hand, »ist ein Scheck über zweihunderttausend Dollar.«
    Hardy saß in seinem Büro, die Füße auf dem Schreibtisch, und überlegte, wo er seine Dartscheibe anbringen konnte. Er hatte sich vor mittlerweile beinahe fünf Monaten in Freemans Kanzleigebäude eingemietet, und in dieser Zeit waren seine Dartkünste - wie ihm jetzt zu Bewußtsein kam -, zum Teufel gegangen, weil er das Gefühl gehabt hatte, daß er angesichts größerer Verantwortung für seine Familie regelmäßige Arbeitszeiten einhalten sollte.
    Er hatte eine Runde Darts in die Trennwand aus Rigipsplat-ten geworfen, und Frceman blieb für einen Augenblick die Spucke weg, als er die Pfeile dort stecken sah.
    »Ich mach die Löcher wieder zu und häng meine Dart scheibe über die Stelle.« Dann, das Thema wechselnd: »An Jen nifers Stelle hätte ich vermutlich mehr Geld in Costa Rica ausgegeben.«
    Freeman ging hinüber zum offenen Fenster, von dem aus man die Gebäude gegenüber und, vier Stockwerke tiefer, das nach der Mittagspause einsetzende Gedränge auf der Sutter Street sah. »Ich habe den Eindruck, daß sie es bei ihrer Abreise eilig hatte«, sagte er.
    »Das könnte wohl der Grund sein.«
    »Außerdem hat sie mir erzählt, daß die Bank nicht mehr als zehn Riesen rausrücken wollte. In bar. Ohne Vorankündigung. Also hat sie das eingesackt und ist abgehauen, hat sich wohl gedacht, sie läßt sich den Rest telegraphisch anweisen oder sonst was, was eine schlechte Idee war.«
    »Hat man sie so geschnappt?« fragte Hardy.
    Freeman nickte. »Sieht so

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