Das Urteil
Hawaii der richtige Urlaubsort für die Glitskys sei, worauf Glitsky sagte, Hardy sei wohl nicht mehr auf dem letzten Stand, wieviel Gehalt Polizeiangestellte heutzutage nach Hause brächten, wenn er glaube, daß Abe, Flo und ihre drei Kinder vierzehn Tage auf einem Campingplatz zubringen könnten, geschweige denn auf Maui Sonne tanken. Er schloß seine Ausführungen mit den Worten, daß sie am Wochenende wahrscheinlich nach Santa Cruz fahren würden oder vielleicht auch hoch an den Russian River und dann den Rest des Urlaubs damit zubrächten, die Wohnung zu streichen. »Sofern wir uns die Farbe leisten können.«
»Ist die Finanzdecke ein bißchen knapp?«
Glitsky zerbiß die Eiswürfel aus seinem Tee. »Die war schon ein bißchen knapp, bevor man mir freiwillige fünf Prozent Gehaltskürzung aufs Auge drückte.«
»Das hat man dir aufs Auge gedrückt?«
»Jedem, der mehr als fünfzig Riesen verdient. Und jetzt, nach knapp neunzehn Jahren bei der Polizei, nachdem ich es endlich in diese luftige Höhe geschafft habe, gibt man mir tüchtig eins hintendrauf, weil ich soweit kam.«
Abe rieb das Teeglas auf dem Fleck Kondenswasser hin und her, den es auf der Tischplatte hinterlassen hatte, und starrte durchs Fenster. »Erst neulich hab ich zu Flo gesagt: He, Schatz, was hältst du davon, wenn ich nächstes Jahr freiwillig zwei Stunden die Woche kostenlos arbeiten gehe? Sie hielt es für eine großartige Idee, weil wir ja sowieso kein Geld zum Leben brauchen.« Er trank etwas Tee. »Weißt du, was ich gemacht hab? Ich bin zu Frank gegangen« - das war Frank Batiste, Glitskys Vorgesetzter -»und hab ihn um eine Gehaltskürzung um 2001 Dollar gebeten, um der Stadtverwaltung ein bißchen Geld einzusparen.«
»Und was hat Frank gesagt?«
»Er hat gesagt, er macht's nicht - es sähe unkollegial aus. Ich erzähl ihm, daß ich 52 000 Dollar verdiene - zieht man die fünf Prozent ab, bleiben mir noch 49 400 Dollar. Und mein Vorschlag mit den zweitausendundeins Dollar bringt mir 49 999 Dollar. Und alles in allem hätte ich lieber die zusätzlichen 500 Dollar.«
»Ich hätt's gemacht.«
Glitsky schüttelte den Kopf. »Nein, hättest du nicht. Und weißt du warum? Weil sich die Differenz auf fünfzig Dollar im Monat beläuft, was nach Abzug der Steuern vielleicht fünfunddreißig Kröten ausmacht - sagen wir mal zwei Hamburger pro Woche. Und dann heißt es, du bist ein schwieri ger Zeitgenosse. Nach neunzehn Jahren! Und rate mal, was mit schwierigen Zeitgenossen passiert? Hier ist ein Hinweis: Fünfundachtzig durften sich nicht mal auf ihre freiwillige Gehaltskürzung freuen - man hat ihnen die Kündigung geschickt.«
»Fünfundachtzig Mann?« Die Zahl war höher, als Hardy gedacht hätte. Wie konnte die Stadtverwaltung Polizisten entlassen? Das waren fast fünf Prozent des gesamten Polizeikorps. »Fünfundachtzig?«
»Klar. Wozu brauchen wir Polizisten?«
»Oder Klinikpersonal.« Hardy erwähnte die Protestdemonstration vor der Mission Hills Clinic.
»Aber rate mal? Der Bürgermeister hat immer noch seinen Chauffeur. Das willst du ja wohl nicht, daß der Bürgermeister selbst sein Auto fahren muß, oder etwa doch? Was würden denn die Leute sagen? Wie sähe das denn aus?«
Hardy trank einen Schluck Bier. »Na ja, zumindest weiß er, wo seine Prioritäten liegen. An seiner Stelle würde ich's bestimmt genauso machen - die Polizisten rausschmeißen und meinen Chauffeur behalten.«
»Ich werd mich mal umsehen, ob ich einen privaten Sicherheitsdienst aufmache«, sagte Glitsky. Irgend etwas hinter Hardy stach ihm ins Auge. »Und hier kommt mein erster Mitarbeiter.«
Terrell nahm neben Glitsky und gegenüber von Hardy Platz. »Erster Mitarbeiter bei was?«
»Glitskys Private Sicherheit. Bewaffnete in Minuten zur Stelle.«
Terrell trank einen tiefen Zug aus einer der Flaschen Bud-weiser, die er mitgebracht hatte. »Dürfen wir Leute umnieten, nix mit Rechte vorlesen und so? Auf frischer Tat ertappt und platt gemacht?«
»Ganz genau. Und bezahlt wird man auch dafür.«
Terrell nickte heftig. »Das gefällt mir. Ich bin dabei.« Er trank einen weiteren Schluck, sah dann Hardy an. »Ihr Sozius mag ja ein berühmter Anwalt sein, aber au Backe!«
»Deswegen ist er ja ein berühmter Anwalt - weil er so ist.« Er sah Glitsky an. »Freeman.«
»Weil er wie ist?« fragte Glitsky.
»Weil er wie ist?« wiederholte Hardy in sanftem Ton und sah Terrell dabei an. »Sie können mit Inspector Glitsky ganz offen reden.«
»Ich
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