Das Vampir-Pendel
Sie lächelte Milena an und zeigte dabei zwei spitze Vampirzähne…
Sie also auch, dachte Milena. Verdammt noch mal! Aber sie lebt und steckt nicht in einem Stein wie Zunita. Gleichzeitig wunderte sich Milena darüber, wieso sie es schaffte, diese doch schrecklichen und unglaublichen Tatsachen einfach so hinzunehmen, als hätte sie in den letzten Jahren immer damit zu tun gehabt.
Milena war nicht mal fähig, einen Schrei oder Warnruf auszustoßen. Die Faszination des Bösen hielt sie fest, und stocksteif blieb sie auf dem Fleck stehen.
Die Unbekannte trug wieder ihren Mantel, der wie ein Schutz um ihre Schultern hing. Diesmal war er nicht geschlossen. Darunter zeichnete sich ein hautenges, dunkles Trikot ab.
Sie hielt den Mund weit geöffnet, um ihre Zähne zu zeigen, und diese Bewegung machte sie einfach häßlich. Dieses Grinsen entstellte ihr Gesicht.
Milena wunderte sich darüber, daß sie es schaffte, eine Frage zu stellen.
Da tropften die Worte nur aus ihrem Mund. »Wer bist du?«
»Assunga heiße ich.«
»Und weiter?«
»Ich will das Pendel haben. Ich danke dir, daß du es für mich geholt hast, damit ist alles wieder ins Lot gekommen. Es muß in unserer Hand bleiben, denn wir wollen nicht, daß sich Zunita nach einer so langen Zeit noch rächen kann.«
»Aber sie ist…«
»Tot, wolltest du sagen?« Assunga lachte kurz auf. »Ja, sie ist tot, aber sie ist nicht vernichtet, und darin besteht der Unterschied. Sie bereitet uns noch immer Probleme, die wir nicht hinnehmen können. Du hast das Pendel für uns besorgt, dafür danken wir dir.« Sie schaute die junge Zigeunerin von oben bis unten an. »Du bist schön, Milena, du gefällst mir. Ich denke gerade darüber nach, ob ich dich nicht mit in unser Reich nehme. Dein frisches Blut wird uns guttun.« Ihre Augen leuchteten dabei auf, und auch die beiden spitzen Zähne schienen zu strahlen.
»Nein, nein, ich will nicht!« Milena schüttelte den Kopf. »Das ist alles nicht wahr. So etwas träume ich nur…«
»Du träumst nicht.« Assunga griff nach dem letzten Wort zu und umklammerte Milenas Oberam. Die junge Zigeunerin spürte den Druck durch den Stoff des Kleides, aber sie spürte noch mehr.
Kälte…
Kein warmes Blut, nur diese eisige Kälte, wie sie zu einem Vampir gehörte.
Der Griff um den Arm verwandelte sich in einen Schwung, und Milena stolperte dabei über ihre eigenen Füße. Sie fiel an dem Tisch vorbei, landete auf dem Bett und konnte von dort aus sehen, was Assunga weiterhin unternahm. Sie brauchte nur einen Schritt nach vorn zu gehen, um das Pendel an sich nehmen zu können.
Sie ging den Schritt.
Dabei grinste sie noch immer.
Dann streckte sie den Arm aus.
Das Grinsen blieb, und auch das Leuchten in den Augen.
Ihre Finger zielten direkt auf den Stein. Sie wollte zugreifen.
In diesem Moment erschien hinter dem Fenster ein dunkler Umriß.
Gleichzeitig segelte etwas Helles durch die offene Scheibe in den Wohnwagen hinein, über Milena hinweg, und landete auf dem Tisch.
Assunga schrie auf und zuckte zurück, denn der Gegenstand war ein silbernes Kreuz…
***
Und ich hatte es geworfen. Genau im richtigen Augenblick und auch in der Sekunde, als mein Freund Marek von der anderen Seite her eingriff, denn er hatte die Tür des Wagens aufgerissen und war dabei, das Gefährt zu durcheilen. Da der Vorhang nicht geschlossen war, konnte ich ihn sehen. Zwar nur schattenhaft und düster, aber ich erkannte doch, daß er seinen Pfahl in der rechten Hand hielt. Die Spitze zeigte nach vorn, er hatte die Waffe einsatzbereit.
Assunga interessierte mich stärker. Für sie war mein Kreuz das reinste Gift. Sie war zurückgezuckt, der Anblick bereitete ihr körperliche Schmerzen. Sie heulte auf, während ich mich an der Außenhaut des Wohnwagens hochschob und dann versuchte, durch das Fenster zu klettern, was mir aber nicht gelang, weil es einfach zu schmal war. So konnte ich nur meinen Oberkörper nach vorn beugen und hörte zugleich den Fluch meines Freundes Marek. Er hatte den rechten Arm in die Höhe gerissen, sein Arm und damit auch der Pfahl zielte auf die Vampirhexe Assunga, die sich auf ihn konzentrieren mußte.
Ich wollte sie zudem mit einer Silberkugel beglücken, was mir aber nicht gelang. Die Schuld daran trug Milena, denn sie richtete sich genau in diesem Augenblick auf und nahm mir die Sicht auf Assunga.
Dann überschlugen sich die Ereignisse.
Marek stieß zu.
Assunga duckte sich blitzschnell und tauchte dabei gleichzeitig zur
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