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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hunter
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gebügelten Hemden in den Schrank.
    Giovanni grinste. »Erzähl das nur nicht dem Priester.«
    Caspar blickte ihn überrascht an. »Kommt Carwyn in die Stadt?«
    Giovanni nickte und band sich seine anthrazitfarbenen Schuhe. »Im Dezember wahrscheinlich. Er will einen richtigen Besuch machen und ein paar Monate bleiben.«
    »Großartig«, erwiderte Caspar. »Ich werde seine Zimmer herrichten.«
    »Vermutlich bringt er auch eines seiner Tiere mit.«
    Die Katze wand sich maunzend um Caspars Beine, bis er sich bückte und ihr durch das dicke graue Fell strich.
    »Tut mir leid, Doyle – ich schätze, du musst drinnen schlafen, solange der Wolfshund in der Stadt ist.«
    Doyle drückte sein Missvergnügen aus, indem er den Schwanz hob und zurück aufs Bett sprang.
    Giovanni beobachtete, wie die Katze vorsichtig über die Kissen stolzierte. »Lass die Gärtner die Zäune prüfen. Ich weiß, dass seine Hunde gut abgerichtet sind, aber es wäre sehr ärgerlich, wenn sich – wie letztes Jahr – wieder einer selbstständig macht. Und bereite sie auf das Massaker vor, das sich ganz sicher in den Blumenbeeten abspielen wird.«
    »Natürlich.« Caspar hielt inne, beobachtete stumm die Abendvorbereitungen seines Freundes und sah auf die Uhr. »Es wird angenehm sein, ihn für einen längeren Besuch bei uns zu haben. Mehr wie in alten Zeiten.«
    »Ja«, erwiderte Giovanni nur und war in Gedanken bereits bei seinen Plänen für die Nacht.
    Caspar sah zu, wie sein Freund den Kragen seines Hemds zurechtrückte. »Du solltest kein Weiß tragen. Das macht dich noch bleicher, und du bist schon leichenblass.«
    Giovanni drehte sich stirnrunzelnd um. »Du hast dir wieder die Engländerinnen angesehen, stimmt’s? Die mit der Modenschau im TV -Shopping?« Er schüttelte in gespieltem Bedauern den Kopf, sagte »Tss, tss« und versuchte dabei, sein Haar vor dem Spiegel zu bändigen.
    Caspar seufzte. »Ich kann mir nicht helfen. Ihr britischer Sarkasmus und ihr tadelloser Sinn für Mode ködern mich jedes Mal. Ich bin ein Bewunderer ironischer Frauen.«
    Giovanni wandte sich schnaubend vom Spiegel ab, nahm seinen schwarzen Mantel vom Stuhl neben der Kommode und prüfte ihn auf Katzenhaare. »Wann hast du dich zuletzt im echten Leben und nicht vor der Mattscheibe mit einer Frau getroffen?«
    »Vor einem halben Jahr. Und du?«
    »Letzte Woche.« Giovanni schlüpfte in sein Jackett und war froh, dass es keine grauen Haare aufwies.
    Caspar zog ein grimmiges Gesicht. »Das zählt nicht, und das weißt du.«
    Giovanni ging schmunzelnd zur Tür. »Sie hat das anders gesehen – jedenfalls hat sie sich nicht beklagt.«
    Caspar hörte seine Schritte im Flur verhallen und sah der Katze in die nachdenklichen Kupferaugen. »Es zählt nicht, wenn sie sich daran nicht erinnern können, Doyle.«
    Die Katze musterte ihn kritisch, rollte sich zusammen und begann, auf Giovannis Kopfkissen zu schnurren.
    »Letzte Woche?«, brummte Caspar beim Verlassen des Zimmers und löschte das Licht. »Eher vor dreißig Jahren.«
    Giovanni stieg die Treppe hinab, nahm den Autoschlüssel aus der Küchenschublade und trat ins schwache Licht des Abends. Um die Dunkelheit nicht zu verschwenden, raste er durch die Straßen, um sein Ziel vor der Schließung zu erreichen.
    Er parkte den Mustang an der St.-Thomas-Universität und sah auf die Uhr seines Armaturenbretts. In fünfzehn Minuten würde die Kapelle geschlossen – also schritt er rasch über den Rasen auf das achteckige Backsteingebäude zu, in dem Mark Rothkos schwarze Gemälde hingen.
    Er betrat die menschenleere Kapelle, die er seit Monaten nicht mehr hatte besuchen können, nickte der Aufsicht zu, ging an den Gebetbüchern am Eingang vorbei, setzte sich auf eine schlichte Holzbank, sammelte sich kurz und schickte seine Sinne aus, wobei er die scheinbar statischen Gemälde an den weißen Wänden intensiv ins Auge fasste.
    Der Wächter an der Tür ließ seine Haut prickeln. Er konzentrierte sich auf dessen Herzschlag, während seine Ohren die Geräusche innerhalb und außerhalb des kleinen Gebäudes filterten.
    Giovannis Blick ruhte auf den schwarzen Bildern. Je länger er hinsah, desto mehr Strukturen und feine Farbstrudel stiegen aus ihren Tiefen auf. Längst gewahrte er nicht mehr nur Schwarz, und die Gemälde kreisten, wuchsen und nahmen Dimensionen an, die ein flüchtiger Beobachter nie bemerkt hätte.
    Er saß reglos da und ließ die Seele in der Einfachheit des stillen Kirchenraums ruhen. Allzu bald hörte er den

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