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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hunter
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eigentliche Schatz. Die Bücher meines Onkels bedeuten mir viel, aber Andros’ Bibliothek war legendär.«
    Er deckte Beatrice sorgsam zu, ehe er sich zu ihr aufs Bett legte und ihr seinen warmen Arm um die Taille legte. »Ich habe nie etwas Vergleichbares gesehen. Bücher auf Griechisch und Latein, Hebräisch, Ägyptisch und Persisch. Sogar einige sumerische Tontafeln gab es. Er hatte all das in über zweieinhalbtausend Jahren zusammengetragen und dazu weitere Manuskripte von dem Mann geerbt, der ihn zum Vampir gemacht hatte und den ich nie kennengelernt habe. Es war eine staunenswerte Sammlung.«
    Seit er Beatrice aus den Albträumen gerissen hatte, die sie wochenlang geplagt hatten, konnte Giovanni nicht aufhören, sie zu berühren. So ambivalent ihre Gefühle ihm gegenüber waren, empfand sie seine Gegenwart doch als tröstlich, und seine Nähe schien das Dauerfrösteln zu vertreiben, das sie seit dem Abend quälte, als sie Lorenzo in die Hände gefallen war.
    »Und Lorenzo hat diese Sammlung noch immer?«
    Giovanni zuckte die Achseln. »Es muss so sein. Nach dem Tod meines Onkels wurde der gesamte Bestand an einem Ort aufbewahrt. Wenn er also die Bücher meines Onkels besitzt –«
    »… die wenigstens hast du zurückbekommen, oder?«
    Sie spürte, wie er sie inniger umfing.
    »Ja.«
    In der langen Stille nach diesen Worten überkam sie die Erinnerung an jenen Abend. Schließlich flüsterte er: »Ich habe nicht mal einen Blick hineingeworfen.«
    Ihr stockte der Atem. »Nein?«
    »Caspar hat sie zur sicheren Verwahrung hierher schaffen lassen, aber …«
    Sie nickte, legte ihm die Hand auf den Arm und verschränkte ihre Finger mit den seinen.
    »Wir sollten sie uns ansehen.«
    »Nicht heute Nacht.«
    »Nein – erzähl mir mehr über die Begegnung mit deinem Onkel.«
    Er zögerte kurz. »Die fand 1484 statt, in einem ereignisreichen Jahr.«
    »Was geschah denn da alles?«
    Sie spürte ihn seufzen und schmiegte sich an seine Brust. »Auf dieser Reise traf er erst Lorenzo de Medici, dann mich und dann natürlich Andros, der am Hof der Medici weilte.«
    »Wieso?«
    »Wieso der Mann, der mich in einen Vampir verwandelte, sich in Florenz aufhielt? Später erzählte er mir, er habe sich reif für einen Sohn gefühlt – ich war sein erstes Kind – und unter den hellsten Köpfen der Stadt wählen wollen.« Giovanni stützte das Haupt in die Hand. »Er suchte wohl einen ›Mann der Renaissance‹. Anfangs fasste er meinen Onkel ins Auge, doch der enttäuschte ihn dann.«
    »Wie das? War er ihm nicht klug genug?«
    »Oh, mein Onkel war brillant«, sagte er nachdenklich. »Nein – Giovanni hatte sich verliebt.«
    Sie schluckte den Kloß im Hals herunter und dachte an den schmalen Band mit Sonetten, den er in der Nacht ihrer Entführung in der Hand gehalten hatte. »In Giuliana?«
    Giovanni nickte, legte den Kopf neben ihr auf das Kissen und spielte mit einer Strähne ihres Haars. »Er begegnete ihr, als er in Arezzo einen Bekannten besuchte. Sie war verheiratet … ihren Mann hatte sie sich natürlich nicht ausgesucht, das war nicht üblich. Er war grausam und langweilig. Sogar Lorenzo hat ihn gehasst, obwohl er ein Cousin von ihm war. Aber Giuliana und Giovanni … sie waren so schön!«
    »Sie war schön?«
    Er hielt inne, und sie rollte sich auf den Rücken, um seinen Gesichtsausdruck zu sehen. Seine Augen waren in konzentriertem Nachdenken zusammengekniffen. »Schwer zu sagen. Meine Erinnerungen als Mensch sind nicht immer klar. Ich habe sie als schön im Gedächtnis, aber das kann an meiner damals noch kindlichen Perspektive gelegen haben. Ich weiß noch, wie mein Onkel sie angelächelt hat. Sie war sehr nett zu mir; sie spielte gern Spiele. Ich glaube, sie konnte keine Kinder bekommen. In all der Zeit, in der sie einander schrieben, war von Nachwuchs nie die Rede.«
    »Was geschah dann?«
    »Sie war verheiratet, und mein Onkel landete im Kerker, als die Affäre entdeckt wurde. Aber Lorenzo de Medici fand ihn unterhaltsam und hat sich deshalb eingemischt.«
    »Und die Liebenden blieben in Verbindung?«
    Er nickte und streichelte ihren Arm. Wo er sie auch berührte, bekam sie Gänsehaut, aber nicht, weil ihr kalt gewesen wäre. Seine Energie, die er sonst streng zügelte, schien seine Haut während dieser Erinnerungen geradezu vibrieren zu lassen. Sie sah ihn immer länger blinzeln und konnte nur vermuten, dass die Sonne bereits aufging.
    »Sie haben sich herrliche Briefe geschrieben«, sagte er leise. »Er hat die

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