Das verborgene Feuer
erschöpft in seine Arme sinken. »Ich hatte befürchtet, auf der Fahrt zusammenzuklappen.«
»Du hast Nerven wie Drahtseile.« Er küsste sie kurz auf die Schläfe und geleitete sie, den Arm um ihre Schultern gelegt, ins Haus. »Und du hast dich bestens geschlagen.«
»Passiert so etwas oft?«
»Nein.«
»Du musst Lorenzo wirklich töten.«
Sie hörte ihn kurz schnauben. »Für ein kleines Mädchen bist du ganz schön blutrünstig.«
»Ich meine es ernst.« Sie blieb auf der Schwelle zum Wohnzimmer stehen und sah ihn an. »Ich will, dass er stirbt. Wenn ich ihn umbringen könnte, würde ich es tun.«
Er musterte sie kurz und stupste sie Richtung Flur. »Kümmern wir uns jetzt lieber um Isadora – danach reden wir weiter.«
Im Schlafzimmer hatte der Arzt bereits eine Infusion gelegt, und binnen einer Stunde hatte Isadora wieder Farbe. Eine weitere halbe Stunde später öffnete sie die flatternden Lider und sah sich verwirrt um.
»Was ist … wo bin ich?«
Beatrice eilte an ihre Seite. »Alles wird gut. Du hattest einen Unfall. Aber jetzt sind wir bei Gio, und Caspar ist hier und auch ein Arzt –«
Isadora musterte das Zimmer, ließ den Blick dann auf Giovanni ruhen, nickte und schloss seufzend die Augen.
»All das hat mit Stephen zu tun, nicht?«
Beatrice war noch nie wütender gewesen.
»Ich kann einfach nicht begreifen, warum du mir das verschwiegen hast!«
»Er hat gesagt, ich soll es nicht erzählen.«
»Fandest du nicht, ich hätte ein Recht, es zu erfahren? Hast du überhaupt eine Vorstellung, wie durcheinander ich nach dem vielen Mist war, den er mit meinem Hirn angestellt hat?«
Sie ging auf und ab und fuhr sich aufgebracht durchs Haar, während Isadora sie zu beruhigen versuchte.
»Ich hab von all dem nichts gewusst. Stephen meinte, er wollte mit dir reden, und du warst damit nicht klargekommen. Aber du würdest dich nicht erinnern, und ich sollte es dir auch nicht sagen, wenn du älter seist, denn wir würden ihn nicht wiedersehen.«
»Aber meine Depressionen –«
»Dein Großvater und ich haben sie nicht auf Stephens Kontaktaufnahmen zurückgeführt, Beatrice. Warum auch? Bloß ich wusste, was mit deinem Vater los war, und du hast mir nicht gesagt, dass du ihn gesehen und von ihm geträumt hast. Du hast dich nur Großvater anvertraut. Ich höre jetzt zum ersten Mal, dass du Erinnerungen an Stephen nach seiner Verwandlung hast. Ich dachte, bloß ich wüsste davon.«
»Opa meinte, es würde dich nur aufregen, wenn ich dir erzähle, dass ich ihn gesehen habe.«
Isadora schnaubte. »Die verdammten De Novos – unfassbar überheblich! Du, dein Vater, dein Opa … ihr alle dachtet, ich sei so zerbrechlich. Dein Vater ist der Einzige, der es herausgefunden hat, und er ist tot.«
»Aber er ist doch gar nicht tot!«
»Doch, Beatrice. Er hat mir gesagt, wir würden ihn nie wiedersehen«, ihre Stimme brach, »es sei zu gefährlich und er müsse fliehen.« Isadora schüttelte den Kopf. »Ich war unglaublich wütend. Ich habe ihm gesagt, wir könnten das als Familie bewältigen, aber er ist einfach fortgegangen. Er war fest entschlossen zu verschwinden.«
Sie wischte sich Zornestränen aus den Augen, und Beatrice ging nicht länger auf und ab, sondern zum Kamin.
»Wieso hast du nicht gleich erkannt, dass Giovanni ein Vampir ist?«
Ihre Großmutter runzelte die Stirn. »Er kann es viel besser verheimlichen als dein Vater. Von seinem blassen Teint abgesehen, wirkt er wie ein normaler Mensch. Du machst dir keine Vorstellung, B. Dein Vater …« Kopfschüttelnd hielt sie inne. »Selbst ich habe ihn kaum wiedererkannt. Er war ausgemergelt und bleich. Seine Haut war kalt. Er sah ganz und gar nicht aus wie ein normaler Mensch. Kein Wunder, dass du dich vor seiner Erscheinung als Kind so gefürchtet hast.«
Beatrice setzte sich neben ihre Großmutter. »Wie fühlst du dich? Ist dir noch immer schwindlig?«
Isadora lächelte. »Mir geht’s gut. Ich werde wieder gesund. Und ich bin sehr glücklich. Als diese Männer an die Tür kamen, dachte ich, ich würde sterben. Ich sah ihre Fänge und wusste, es hat etwas mit Stephen zu tun. Was geht hier vor?«
»Dieser Vampir, der Dad verwandelt hat, Lorenzo …«, sie zögerte, denn sie wollte nicht sagen, dass er Giovannis Sohn war, »… ist auch hinter Gio her. Und hinter –«
»Hinter dir, stimmt’s? Dein Vater meinte schon vor zehn Jahren, Lorenzo habe nach ihm gesucht. Weil er Stephen noch immer nicht gefunden hat, hat er es nun auf dich
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