Das verborgene Feuer
abgesehen. Ich wundere mich nur, dass er nicht eher gekommen ist. Falls er deinen Vater auch nur etwas kennt, weiß er, dass er alles für dich tun würde. Und darum geht es, oder?«
Sie nickte langsam und stellte wieder einmal fest, dass ihre so zart wirkende Großmutter in ihren Kräften nicht zu unterschätzen war.
»Was sollen wir machen? Können wir fliehen? Würde das etwas bewirken? Wie wäre es, ihn zu töten? Wäre das schwer?«
»Ihr De-Novo-Frauen«, brummte Giovanni, der unbemerkt mit Caspar ins Zimmer getreten war. »Ihr seid ja unfassbar bösartig. Unterschätze nie den Zorn einer Mutter, Caspar. Ergrimmte Mütter sind die bösartigsten Geschöpfe auf Erden.«
Caspar ergriff Isadoras Hand. »Wie fühlst du dich, Schatz? Ich hab mir schreckliche Sorgen um dich gemacht.«
»Wird schon wieder. Ach was – mir geht’s gut! Sorgen mache ich mir vor allem um Beatrice.«
»Wir bleiben ein paar Tage hier, bis du ganz gesund bist. Dann schaff ich dich aus der Stadt«, sagte Caspar.
»Aber B –«
»Um Beatrice kümmere ich mich«, bemerkte Giovanni vom anderen Ende des Zimmers.
Isadoras grüne Augen flackerten zornig. »Ihnen soll ich meine Enkelin anvertrauen, Giovanni Vecchio? Woher soll ich wissen, dass Sie für ihre Sicherheit sorgen können?«
»Das können Sie nicht, aber ich bin Ihre beste Option.«
»Isadora«, raunte Caspar, »Giovanni ist ein anständiger Mann.«
»Würdest du ihm dein Kind anvertrauen?«
»Mein Vater hat das getan.«
Isadora runzelte die Stirn und schaute erst Caspar, dann Giovanni und schließlich Beatrice an.
»Mariposa, willst du bei diesem Vampir bleiben? Du bist eine erwachsene Frau und musst das selbst entscheiden.«
Beatrice sah erst Giovanni, dann ihre Großmutter an und seufzte. »Ich glaube, Gio hat recht, Oma. Es gefällt mir zwar nicht, den Lockvogel zu spielen, aber ich schätze, mit Giovanni bin ich gegenwärtig am besten dran.«
Isadora nickte endlich und fasste Giovanni wieder ins Auge, der schweigend an der Tür stand. »Gut. Caspar, ich fahre mit dir, will aber auf dem Laufenden gehalten werden. Ich habe genug von Leuten, die mich im Unklaren lassen und denken, ich käme mit den Dingen nicht klar, kapiert?«
Giovanni verließ das Zimmer und ließ Isadora in der Obhut von Beatrice und Caspar zurück. Beatrice wusste nicht, wann Lucas gegangen war, hatte ihn aber sagen hören, er werde sich am nächsten Abend Isadoras Genesungsfortschritte anschauen.
»B?«
Sie sah auf und merkte, dass Caspar sie beobachtete.
»Hmm?«
»Ich könnte Ihnen das Gästezimmer zeigen, ja? Und einen Pyjama treibe ich sicher auch auf. Morgen fahren wir dann ins Haus Ihrer Großmutter und packen ein paar Sachen für Sie beide. Ich habe die Sicherheitsmaßnahmen schon verstärkt, aber es ist gewiss besser, das Haus im Dunkeln nicht zu verlassen.«
»Gut.« Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Caspar?«
»Ja?«
»Was ist passiert? Ich meine, wo waren die Jungs, die das Haus seit Monaten bewachen, als Großmutter angegriffen wurde?«
»Die waren die Vorspeise«, sagte er mit düsterer Miene.
Drei Tage später standen Giovanni und Beatrice im Hof und winkten Caspar und Isadora nach, die eine Stunde vor der Morgendämmerung losfuhren. Ihr Ziel war ein abgeschiedenes Haus in den Hügeln von Kerrville, Texas – ein Haus, das nie mit Giovannis Namen in Verbindung gebracht worden war und das außer Caspar und ihm selbst praktisch niemand finden würde.
Beatrice winkte mit einem matten Lächeln, denn sie hatte ein Ziehen im Magen, und eine leise Stimme mahnte sie, sie habe ihre Großmutter womöglich zum letzten Mal gesehen. Als sie in das leere Haus zurückkehrte, spürte sie Giovannis Blick im Nacken brennen.
So froh sie war, dass Caspar und Isadora außerhalb von Houston sicherer aufgehoben waren, sosehr fürchtete sie die Vorstellung, allein mit Giovanni in einem Haus zu wohnen und keinen freundlichen Puffer wie Caspar oder Carwyn als Ablenkung zu haben. Seit dem Angriff auf ihre Großmutter hatten sie einander gemieden, doch sie hatte das Gefühl, er beobachte sie fast unentwegt, und war sich der wachsenden Spannung und all des Unausgesprochenen zwischen ihnen genau bewusst.
»Beatrice«, hörte sie ihn rufen, als sie durch die Küche ging, »deine Eskorte kommt um acht. So kommst du rechtzeitig zur ersten Unterrichtsstunde.«
Sie ging weiter Richtung Wohnzimmer. »Gut. Ich leg mich noch ein paar Stunden schlafen.«
»Wir sehen uns heute Abend.«
Sie ging die Treppe
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