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Das verborgene Kind

Das verborgene Kind

Titel: Das verborgene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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Gelegenheit, sich durch sarkastische Bemerkungen aufzuheitern. Soll sie herkommen, wenn sie will, aber wir müssen sichergehen, dass sie wirklich eine Rundumbetreuung kriegt, Lottie. Ich habe nicht vor, sie im Bett zu waschen oder ihr die Zehennägel zu scheiden. Bei den scheußlichen Geschichten, die sie mir über Clara erzählt hat, läuft es mir kalt den Rücken runter, und ich will nicht für irgendetwas in der Art verantwortlich sein.«
    »Ach, stell dich nicht so an, und koch lieber was zum Abendessen!«, sagte Lottie. »Ich bin halb verhungert. Morgen reden wir mit dem Personal im Krankenhaus und sorgen dafür, dass alles vorbereitet ist, wenn sie entlassen wird.«
    Seufzend stand Milo auf und zwinkerte Matt zu. »Wenn es Probleme gibt, krieche ich bei dir im Sommerhaus unter, damit du es nur weißt.«
    Er verschwand in der Küche, und Lottie schaute Matt an.
    »Annabel hat angerufen«, sagte sie. »Sie sagte, sie könne dich auf deinem Handy nicht erreichen und habe sich gefragt, ob es dir auch gut geht. Ich habe ihr gesagt, du wärest im Sommerhaus. Ich bin froh, dass du ihr jetzt davon erzählt hast und wir es nicht mehr geheim halten müssen.«
    Matt zog eine Grimasse. »Ich wollte mich einfach nicht drängen lassen«, gab er beinahe ärgerlich zurück. »Andernfalls hätte ich mich ja wohl schwer weigern können, es ihr zu zeigen, oder? Aber dazu war ich noch nicht bereit.«
    Lottie nickte, beendete eine Reihe und wendete das Strickzeug. »Ich weiß genau, was du meinst. Du wolltest ein wenig allein sein mit dem Haus, bevor du es mit anderen teilst. Genau wie mit diesen Bildern.«
    Er warf ihr einen kurzen Blick zu. »Ich hoffe, es hat Milo nichts ausgemacht. Ich weiß, es ist merkwürdig, aber ich möchte einfach etwas Zeit haben, sie mir in Ruhe anzusehen.«
    »Milo macht das überhaupt nichts aus. Warum auch? Ich glaube, er freut sich, dass du so begeistert davon bist. Rufst du Annabel vor dem Abendessen noch an? Willst du sie wieder hierher einladen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Ich fahre nächste Woche nach London, um ein paar Sachen aus der Wohnung zu holen, und dann verabrede ich mich mit ihr. Ich möchte, dass das Sommerhaus vollständig eingerichtet und bewohnbar ist, wenn sie es sieht, damit sie nicht auf falsche Gedanken kommt, wenn du verstehst, was ich meine.« Er stand auf. »Aber ich rede jetzt mit ihr und sage ihr, dass wir uns in London treffen können. Wenn ich bis zum Abendessen nicht zurück bin, dann ruf mich einfach an!«
    Später ließ Matt in seiner Dachkammer die Bilder aufs Bett gleiten. Sie waren alle kleinformatig, manche nicht größer als sieben, acht Quadratzentimeter. Als er die größeren betrachtete, fiel ihm sofort auf, dass die Stimmung sich verändert hatte. Licht und Schatten wirkten außergewöhnlich, und er nahm eine Melancholie wahr, die in den Aquarellen, die sich bereits im Sommerhaus befanden, nicht zu spüren war. Er beugte sich darüber, studierte sie genau und wünschte, er wisse mehr über Malerei. Wie zum Beispiel hatte Helena es geschafft, den Eindruck zu vermitteln, dass sie Kummer empfand? Da war wieder der Küchentisch, aber nun ließen die Blumen in dem Glas ein wenig die Köpfe hängen, und ein paar Blütenblätter lagen auf der polierten Oberfläche verstreut. Der flache Korb fehlte, an seinem Platz befand sich eine Spielzeuglokomotive, die achtlos umgeworfen war. Ein anderes Bild zeigte den samtbezogenen Lehnstuhl, aber dieses Mal hatte sich keine rote Katze behaglich darauf zusammengerollt; stattdessen lehnte ein Teddybär am Kissen und vermittelte ebenfalls einen Eindruck von Verlassenheit.
    Ein Bild jedoch zeigte ein Kind, einen kleinen Jungen. Eifrig griff Matt danach und hielt es ins Licht. Das Kind kauerte in einem Fleck Sonnenlicht auf der Veranda. Seine Konzentration war in jeder Linie sichtbar. Eine blonde Haarsträhne fiel ihm in die Augen. Der Kleine trug einen Matrosenanzug und hielt die kleine Holzlok in den Händen. Matt betrachtete das nächste Aquarell: Dieses Mal saß das Kind auf dem Stuhl auf der Veranda und drückte den Teddy an sich. Hinter ihm, im Schatten der Eingangshalle, schien sich eine weitere Gestalt zu befinden, so leicht umrissen, dass Matt sich fragte, ob er sich irrte. Er sah genauer hin. Da stand doch noch ein Kind im Schatten, oder? Er nahm das andere Bild und schaute es noch einmal an. Ja, dort zwischen den Bäumen befand sich ebenfalls eine kleine Gestalt. Versteckte sie sich vor dem kleinen Jungen,

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