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Das verborgene Kind

Das verborgene Kind

Titel: Das verborgene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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zusammengekrümmt in der Diele liegen sah, hat er sie beinahe angeschrien. Ihr schien das gar nichts auszumachen. Ich bin im Krankenwagen mitgefahren, und sie hat mir anvertraut, das Schlimmste sei, dass Milo und die Sanitäter sie ohne Make-up und mit strähnigen Haaren gesehen hätten.«
    Jetzt lächelte Matt. »Das klingt ganz nach Venetia. Wie sie es hassen muss, so unvorteilhaft auszusehen, die Gute!«
    »Jedenfalls haben die Ärzte sie versorgt und ihr ein Beruhigungsmittel gegeben, und morgen wollen sie noch ein paar andere Untersuchungen durchführen. Wir sind auf dem Rückweg, Lieber, aber warte nicht auf uns!«
    Er legte auf, stand auf und reckte sich. Das Feuer war fast heruntergebrannt, und ihm war kalt. Er kauerte vor dem Holzofen nieder und legte zuerst kleine Zweige, dann dickere Scheite auf, damit die beiden es bei ihrer Rückkehr warm hatten. Ihm fiel ein Ereignis aus seiner Schulzeit in Blackheath ein. Damals war er vom Klettergerüst gefallen und hatte sich eine Gehirnerschütterung zugezogen, und plötzlich war Lottie aufgetaucht, bevor jemand Zeit gefunden hatte, seine Familie zu benachrichtigen.
    »Ich kam gerade vorbei«, hatte sie erklärt. »Auf dem Weg zu einer Besprechung gleich um die Ecke.«
    Matt setzte sich auf die Fersen, schaute in die Flammen und verlor sich in Erinnerungen. Dann hörte er den Wagen, und er stand auf, um den beiden entgegenzugehen.

27. Kapitel
    N och immer konnte Matt sich nicht entscheiden, wo er die Aquarelle aufhängen sollte. Er hatte sie alle mit ins Sommerhaus genommen, und jetzt stand er in der Küche, vor dem Tisch am Fenster, auf dem er sie aufgestellt hatte, und betrachtete sie eingehend. Nun, da sie sich hier im Haus befanden, wirkten sie sogar noch magischer. Ihm wurde klar, dass er erst nach dem Einzug wissen würde, wo jedes von ihnen hängen sollte. Unterdessen berauschte er sich an der Zartheit und Schönheit der Farben, die einen längst vergangenen Frühling und Sommer wieder zum Leben erweckten.
    »Es gibt noch andere Bilder«, hatte Milo ihm wie nebenbei erklärt, »aber ich habe keine Ahnung, wo sie sein könnten. Diese hier waren wahrscheinlich die einzigen, die es verdient hatten, gerahmt zu werden.«
    Seine Worte hatten in Matt den sehnsüchtigen Wunsch geweckt, die anderen Gemälde zu finden, und er hatte mit einer systematischen Durchsuchung von High House begonnen. Heute war das Gefühl, hierher zu gehören, so stark, als nähere er sich der Lösung des Rätsels, das im Zentrum seiner inneren Einsamkeit stand. Er trat vom Tisch zurück und schlenderte in die Eingangshalle und auf die Veranda hinaus, wobei er sich fragte, wie sie wohl vor all den Jahren ausgesehen hatte. Die Rhododendren und Azaleen waren damals sicher noch kleine Büsche gewesen, gepflanzt, um die kleine Rasenfläche einzurahmen, die einmal eine holprige Viehweide war. Hier und dort, an geschützten Ecken des Rasens, wuchs zartes lilafarbenes Wiesenschaumkraut und erinnerte noch an diese Weide.
    Matt überquerte den Rasen und schaute in den Bach hinunter; hier hatte sich nicht viel verändert. Die Sumpfdotterblumen mussten sich auch damals tiefgolden im Wasser gespiegelt haben, und die steifen, spröden Binsen hatten in der leichten Brise geraschelt. Und die langen grünen Algenfäden, die unter der Oberfläche trieben, hatten die Malerin vielleicht genau wie ihn an Ophelia erinnert, die ihre »phantastischen Kränze« umklammert hatte, während sie in dem weinenden Gewässer dahintrieb und ertrank. Sogar die Weide am Ufer, die bei Shakespeare erwähnt wird, war da – mehrere Weiden sogar – und neigte sich über den Bach. Eine niedrige Mauer trennte den Bach vom Fahrweg, und als er in die Hocke ging und mit den Händen einen Rahmen bildete, meinte er, ein Stück Mauer und Wasser von einem der Bilder wiederzuerkennen.
    »Wie war ihr Name?«, hatte er Milo gefragt.
    »Helena«, hatte er geantwortet.
    Und das war ein weiterer Schock gewesen. Nun stand Matt mit den Händen in den Taschen da und betrachtete den rasch dahinfließenden Bach: Alles fügte sich zusammen, und er fühlte sich gleichermaßen aufgeregt und ängstlich. Diese junge Frau, Helena, hatte einen Sohn und eine Tochter gehabt; dann war ihr Mann im Krieg gefallen. Und so hatte sie sich in ihr Sommerhaus zurückgezogen, hatte getrauert und gemalt, war aber, soweit er wusste, nicht langsam dem Alkohol verfallen wie seine Mutter Helen. Nein, Helena hatte den Schmerz in ihren Bildern verarbeitet, und das so

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