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Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das verborgene Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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hat«, sagte er und empfand es als eigenartigen Loyalitätskonflikt, so von seiner Großmutter zu sprechen, die er sehr gern hatte.
    Zach blieb an dem Gedanken hängen, dass Aubrey die Art Mann gewesen sei, auf den Frauen stolz waren. Er versuchte sich zu erinnern, ob Ali jemals stolz auf ihn gewesen war – stolz darauf, seine Geliebte, seine Frau zu sein. Doch augenblicklich stand ihm ihre stete Enttäuschung vor Augen. Dieses langsame Ausatmen durch die Nase, wenn sie sich seine Schilderung irgendeines Missgeschicks anhörte oder einer weiteren versäumten Gelegenheit. Die Falte zwischen ihren Augenbrauen, die er oft sah, wenn er sie dabei ertappte, wie sie ihn musterte. Mit leisem Entsetzen wurde ihm klar, dass er genau diesen Ausdruck auf dem Gesicht seiner Mutter gesehen hatte, ehe sie gegangen war. Wenn sein Großvater seinen Vater wegen irgendeiner Kleinigkeit kritisiert hatte, und auch, als sie vor vielen Jahren zu dritt kreuz und quer durch Blacknowle gestreift waren, während sein Vater vergeblich nach Antworten suchte. Lag das also im Blut? Würden Männer wie Aubrey solche wie die Gilchrists immer als armselige Alternative erscheinen lassen? Zach fand diese Vorstellung erschreckend – dass er die Frauen in seinem Leben unweigerlich enttäuschen würde, Hannah eingeschlossen.
    »Haben Sie diesmal denn gar keine Bilder mitgebracht?«, fragte Dimity, als Zach aufstand, um zu gehen. »Bilder von mir?« Ihre Augen glitzerten beinahe hungrig.
    »Doch, aber ich dachte, diesmal wollten wir über etwas anderes sprechen?«
    »Ach, Bilder will ich immer sehen. Das ist, als wäre er wieder hier bei mir.« Zach kramte in seiner Tasche und holte die letzten Bilder hervor, die er ausgedruckt hatte. Es waren mehrere Zeichnungen und ein großes Ölgemälde, das eine Menschenmenge zeigte, von einer leichten Staubwolke umgeben. Hinter den Leuten ragten blau-rote Berge auf, der staubige Boden war bräunlich und orange dargestellt, der Himmel eine riesige, klare Fläche in Grün, Weiß und Türkis. Die Menschen waren in lose Gewänder gehüllt, einige Frauen auch verschleiert, sodass nur ihre Augen zu sehen waren. In einer Ecke stand eine Frau mit locker hochgestecktem Haar und mehreren Perlenketten um den Hals. Ganz ruhig und gelassen stand sie da, das Gesicht dem Betrachter zugewandt. Sie trug keinen Schleier, und ihre kräftig mit Khol umrandeten Augen wirkten katzenartig. Sie trug einen himmelblauen Kaftan, und er blähte sich in einer heißen Brise, die man beinahe spüren konnte. Der Stoff schmiegte sich eng an ihre Oberschenkel und Hüften. Das war nicht die Mitzy, die Zach von früheren Porträts kannte, und erst recht nicht die Mitzy, die nun vor ihm stand. Das war eine märchenhafte Version der Frau, eine Wüstenprinzessin, deren Gesicht sich von der Menge abhob wie eine einzelne Blüte auf einer grünen Wiese. Das Bild trug den Titel Berbermarkt und hatte bei einer Auktion in New York vor acht Jahren den höchsten Preis erzielt, der je für ein Aubrey-Bild gezahlt worden war. Der Grund dafür war leicht zu erkennen. Das Gemälde war wie ein Fenster zu einer anderen Welt.
    Zach reichte es Dimity. Sie griff mit einem leisen Aufschrei danach, hielt es sich dicht vors Gesicht und atmete tief ein, als könnte sie die Wüstenluft daran riechen.
    »Marokko!«, sagte sie mit seligem Lächeln.
    »Ja«, bestätigte Zach. »Ich habe auch ein paar Zeichnungen von Ihnen in Marokko, falls Sie sie sehen möchten … Haben Sie denn keine Abbildungen davon? In Büchern oder aus dem Internet ausgedruckt? Kopien, die Sie sich ansehen können?« Dimity schüttelte den Kopf.
    »Es erschien mir unanständig, mich so anzustarren. Eitel, könnte man sagen. Und natürlich ist es nie dasselbe wie ein Original … Zu wissen, dass man etwas in Händen hielt, was seine Hände zuvor berührt haben. Dieses Bild habe ich nicht mehr gesehen, seit er es gemalt hat. Und selbst damals habe ich es nicht fertig gesehen.«
    »Tatsächlich? Warum nicht?«
    »Charles …« Ein Schatten trübte ihre Freude. »Charles ist nach London gefahren, um es zu vollenden, als mein Teil daran erfüllt war. Er hatte dort – noch anderes zu tun.« Sie betrachtete das Bild von sich ganz genau und lächelte wieder. »Das war das erste Mal, wissen Sie?«, fragte sie verschwörerisch.
    »Ach?«
    »Da waren wir zum ersten Mal – zusammen. Wie Mann und Frau, meine ich. So, wie es sein sollte. Als uns zum ersten Mal bewusst wurde, wie verliebt wir waren. Ich war nie

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