Das verborgene Lied: Roman (German Edition)
heutzutage ein hübsches Sümmchen wert, oder? Ich glaube nicht, dass jemand von hier welche hat – und wenn tatsächlich jemand welche besessen hätte, wären sie sicher inzwischen längst verkauft. Die Leute um Blacknowle sind hauptsächlich Bauern, oder sie verdienen an den Touristen, und weder von dem einen noch vom anderen wird man reich.«
»Und wenn … Meinen Sie, wenn ich anbieten würde, für Informationen oder vielmehr Erinnerungen an Aubrey zu bezahlen? Glauben Sie, das könnte mich weiterbringen?«, fragte Zach, und wieder lachte der Wirt leise.
»Ich wüsste nicht, wie Sie schneller dafür sorgen könnten, dass Sie hier bei allen unten durch sind«, antwortete er fröhlich. Zach seufzte und konzentrierte sich erst einmal auf seine Sandwiches.
»Sie sehen ja bestimmt viele Touristen und Leute, die hier ein Ferienhaus besitzen. Die sind sicher nicht sonderlich beliebt. Meine Eltern haben mich einmal im Ur laub hierhergebracht – nach Blacknowle selbst, und nach Tyneham und Lulworth. Wir hatten ein Häuschen keine fünf Kilometer von hier gemietet. Und meine Großeltern waren auch oft hier, damals in den Dreißigerjahren. Meine Großmutter konnte sich daran erinnern, dass sie Aubrey kennengelernt haben. Ich hatte immer den Eindruck – oder den Verdacht, dass sie ihm nicht nur begegnet ist, wenn Sie verstehen, was ich meine«, bemerkte Zach.
»Tatsächlich? Tja, ich würde sagen, da war sie wohl nicht die Einzige! Und ich habe nichts gegen die Touristen. Je mehr, desto lustiger, finde ich. Es war viel zu ruhig diesen Sommer, wegen des scheußlichen Wetters. Wollen Sie denn eine Weile in der Gegend bleiben, während Sie Ihre Nach forschungen anstellen? Ich hätte ein hübsches Zimmer oben, falls Sie noch nichts haben. Lucy macht morgens zwar ein Gesicht wie eine Gewitterwolke, aber ihr warmes Frühstück ist hervorragend.«
»Oh, vielen Dank. Ich habe mir das noch gar nicht richtig überlegt. Ich werde wohl ein wenig spazieren gehen und die Landschaft betrachten, die den Künstler inspiriert hat. Aber wenn ich niemanden finde, der mit mir sprechen will oder Bilder besitzt, die ich mir ansehen könnte, hat es eigent lich keinen Sinn, länger hierzubleiben«, sagte Zach. Der Gastwirt schien eine Weile darüber nachzudenken. Er stand, in eine Dampfwolke gehüllt, hinter seinem Tresen, denn er trocknete gerade saubere Gläser aus der Spülmaschine ab. Sein Gesicht glänzte.
»Na ja, eines könnten Sie doch versuchen«, sagte er vorsichtig.
»Ach ja?«
Der Wirt schürzte die Lippen und schien noch einen Moment abzuwägen. Dann beugte er sich vor und sagte leise und so verschwörerisch, dass Zach beinahe lachen musste: »Wenn Sie ganz zufällig einen Spaziergang den Pfad ent lang machen, der südöstlich in Richtung Southern Farm führt, und einen knappen Kilometer außerhalb des Ortes die Abzweigung nach links nehmen, dann kommen Sie zu einem Cottage, das The Watch heißt.«
»Und …?«
»Und da wohnt jemand, der vielleicht mit Ihnen über Charles Aubrey reden würde. Wenn Sie es geschickt an stellen.«
»Und wie würde ich es geschickt anstellen?«
»Wer weiß? Manchmal will sie sich unterhalten, und manchmal nicht. Einen Versuch könnte es wert sein, aber Sie haben nicht durch mich von ihr erfahren. Und seien Sie vorsichtig – sie lebt allein, und manche Leute meinen, sie müssten sie beschützen.«
»Beschützen? Diese Frau?«
»Sie. Sich selbst. Die Vergangenheit. Dass sich herumspricht, ich hätte einem Fremden geholfen, nach Informationen zu graben, ist das Letzte, was ich brauchen kann. Diese Dame lebt sehr zurückgezogen, verstehen Sie? Ein paar von uns aus dem Dorf haben sie immer wieder mal besucht, um nach dem Rechten zu sehen, aber im Lauf der Jahre hat sie deutlich gemacht, dass sie das nicht besonders schätzt. Sie will in Ruhe gelassen werden. Was soll man da machen? Muss sehr einsam sein, aber wenn jemand keine Hilfe annehmen will …« Er wandte sich wieder seinen Gläsern zu, und Zach lächelte.
»Danke.«
»Oh, bedanken Sie sich mal nicht zu früh. Ich habe Sie gewarnt, dass vielleicht rein gar nichts dabei herauskommt. Dann mache ich das Zimmer oben für Sie fertig, ja? Fünfundvierzig pro Übernachtung.«
»Akzeptieren Sie Kreditkarten?«
»Natürlich.«
»Ich heiße übrigens Zach. Zach Gilchrist.« Er streckte die Hand aus, die der Wirt lächelnd ergriff.
»Pete Murray. Viel Glück da draußen.«
Sie war wieder eingedöst nach dem Mittagessen, das aus hart
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