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Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das verborgene Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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begleitet, die nicht stumm bleiben wollten. Celeste. Élodie. Delphine. Hure . Also war es besser, gar nicht zu sprechen, aber die Vorstellung, dass Zach nicht wiederkommen würde, machte sie traurig. Sie stellte sich vor, wie er vor dem Haus stand, an die Tür klopfte, Bilder von ihr mitbrachte, die fröhliche Lieder in ihrem Inneren hervorlockten bei diesem Wiedersehen. Sie waren Fenster zu einer Zeit, die sie liebte, kristallklare, reine Fenster. Aber gib gut acht, gib gut acht. Die beiden schwammen weiter, bis sie sie hinter der Klippe nicht mehr sehen konnte. Da wandte sie sich ab, ging, ohne nachzudenken, die Treppe hinauf und blieb vor der rechten Tür stehen. Der verschlossenen Tür. Sie legte die Hand an das Holz, wie sie es schon so oft getan hatte.
    Hoffnung und Angst durchströmten sie. Sie glaubte zu hören, wie sich drinnen etwas bewegte. Seit Zach Gilchrist sie besuchte, war es ihr schon mehrmals so gegangen. Seit das Amulett im Kamin heruntergefallen war und das Haus eine Zeit lang weit offen gestanden hatte. Sie hielt den Atem an und legte ein Ohr an die Tür, presste das Gesicht dagegen, sodass die alte, schlaffe Haut ihrer Wange das kühle Holz spürte. Ihre Hand hob sich, ertastete den Türknauf und schloss sich darum. Sie konnte die Tür öffnen und hineingehen. Sie glaubte zu wissen, was sie drinnen sehen würde, aber sie war nicht sicher, nicht ganz sicher. Und sie war nicht sicher, ob sie es sehen wollte. Das Holz der alten Tür hatte Astlöcher, ein Gesicht. Sie hielt es für Valentinas, doch es hätte auch Hannas Gesicht sein können. Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund. Der sagte Dimity, was hast du getan? Was hast du nur getan? Die Dinge, die Hannah wusste. Die sie in jener Nacht gesehen hatte. Hannahs Herz hatte so heftig gepocht, dass Dimity es deut lich an die Rippen hatte schlagen hören. Und es hatte sie entsetzt, das vor Angst und Grauen verzerrte Gesicht des Mädchens und seinen zitternden Körper zu sehen. Dimity schluckte, löste die Hand vom Türknauf und trat zurück.
    Im Wohnhaus des Hofes verschwand Hannah in einem Zimmer, das die Waschküche hätte sein können – Haufen von Kleidung und Tüchern aller Art lagen darin herum, quollen aus mehreren Körben, und Zach sah eine ganze Reihe leerer Waschmittelkartons. Sie brachte ihm ein scheuß liches Badelaken, grellbunt gestreift. Er nahm es und rubbelte sich damit die Haare. Der Rest von ihm war auf dem Weg vom Strand hierher getrocknet, aber seine Boxershorts klebten klatschnass und kalt an seiner Haut. Er zupfte un ter seinen Jeans möglichst unauffällig daran herum, doch Hannah sah es und lächelte.
    »Haben wir ein Problem da unten?«, fragte sie.
    »Ein bisschen Sand, ein bisschen Seetang. Damit komme ich schon klar.«
    »Kaffee?«
    »Kann man den trinken, ohne krank zu werden?«
    »Ja, ich denke doch.« Hannah warf ihm einen herablassenden Blick zu. »Das kochende Wasser tötet die Keime ab.« Sie ging in die Küche und wich dabei routiniert den Müllhaufen im Flur aus. Die lagen offenbar schon sehr lange dort. Der grau-weiße Border Collie, der am Hoftor erschienen und ihnen ins Haus gefolgt war, verzog sich in seinen Hundekorb und beobachtete sie sehnsüchtig, als sie an ihm vorbeigingen.
    »Aber mal im Ernst … Der Hof ist so sauber und ordentlich.« Zach blickte sich in der Küche um und wies mit erhobenen Händen auf das Chaos. »Wie findest du hier drin noch irgendwas?«
    »Der Hof ist wichtig, deshalb ist er ordentlich. Und hier drin steigt das, was ich brauche, schon irgendwann an die Oberfläche.« Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen, als sähe sie ihn ausnahmsweise einmal klar und deutlich. Ihre Mundwinkel zuckten und sanken dann herab. »Meine Mutter war immer sehr stolz auf ihren ordentlichen Haushalt. Sie wäre entsetzt, wenn sie das hier sehen könnte. Vor allem ihre Küche. Früher war das eine Küche, in der ein Backblech mit frischen Scones zum Abkühlen auf dem Tisch stand, wenn man von der Schule nach Hause kam.« Zach schwieg. »Aber … Toby war ein Chaot. Als er mich im College zum ersten Mal mit in sein Zimmer genommen hat, war ich schockiert. Er selbst war immer gepflegt und ordentlich – fast ein bisschen zu ordentlich. Aber sein Zimmer sah aus, als wäre eine Bombe darin explodiert. Es hat nach gammeligem Brot und alten Socken gestunken. Ich musste das Fenster aufreißen und mich hinauslehnen, um Luft zu bekommen, da half alle Leidenschaft der Welt nichts mehr. Als er starb

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