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Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das verborgene Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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oder?« Der alte Mann zögerte, als überlegte er, ob er antworten sollte. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Ich kenne keinen Dennis, hab auch nie einen gekannt. Nicht hier in der Gegend«, sagte er, und seiner abwehrenden Haltung zum Trotz schwang ein Hauch Neugier in seiner Stimme mit. »Was soll’s denn mit einem Dennis auf sich haben?«
    »Also, ich würde mich freuen, mit Ihnen über meine Nachforschungen zu sprechen. Wie wäre es, wenn wir uns zusammensetzen und Sie mir von Ihrem Leben erzählen, früher, in den Dreißigerjahren?« Zach lächelte. Der alte Mann zögerte und zog die Unterlippe zwischen die Zähne. »Ich habe mich schon mehrmals mit Dimity Hatcher unterhalten«, sagte Zach in der Hoffnung, den alten Mann damit zu überreden, doch ihr Name bewirkte das Gegenteil. Sein Gesicht nahm einen harten, entschlossenen Ausdruck an.
    »Über Dimity Hatcher habe ich Ihnen nichts zu sagen!«, erwiderte er barsch. Er klang plötzlich verletzt, beinahe ängstlich, und Zach blinzelte.
    »Schon gut, natürlich. Ich interessiere mich vor allem für Aubrey …« Doch noch während er sprach, wurde ihm bewusst, dass das nicht mehr stimmte. Seine Neugier auf Di mitys Lebensgeschichte war seit ihrer ersten Begegnung ste tig gewachsen und steigerte sich mit jedem Gespräch – jedes Mal, wenn sie über irgendetwas nicht sprechen wollte oder durcheinandergeriet. Oder ihn belog. »Darf ich Sie zumin dest nach Ihrem Namen fragen?«, bat er. Wieder zögerte der alte Mann nachdenklich, ehe er antwortete.
    »Wilfred Coulson«, sagte er.
    »Also, Mr. Coulson, Sie wissen ja, wo Sie mich finden, falls Sie es sich anders überlegen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir helfen würden, auch wenn die Erinnerungen Ihnen vielleicht nicht bedeutsam erscheinen. Mich interessiert jede Kleinigkeit, jede Anekdote. Dimity hat mir schon von ihrer Liebesaffäre mit Charles Aubrey erzählt …«, sagte Zach ins Blaue hinein. Er hoffte, damit eine Reaktion zu provozieren, und die bekam er auch.
    »Liebesaffäre? Nein.« Wilf Coulsons Augen blitzten plötz lich auf. »Das war keine Liebe.«
    »Ach? Dimity scheint das aber ganz anders zu sehen …«
    »Was sie glaubt und was wirklich stimmt, ist nicht immer dasselbe«, brummte der alte Mann.
    »Was glauben Sie denn, was zwischen den beiden war, wenn nicht Liebe?«, fragte Zach, doch Wilf Coulson runzelte nur die Stirn, blickte an Zach vorbei in den schummrigen Pub, und eine Woge plötzlicher Traurigkeit rollte über seine Miene. »Das war keine Liebe«, wiederholte er. Dann wandte er sich ab und ging unsicheren Schrittes davon, wäh rend Zach dastand und sich über diese hitzige Behauptung wunderte.
    Es war noch früh am Abend, aber Zach knurrte der Magen, also bestellte er sich etwas zu essen und setzte sich an den Tisch, der inzwischen zu seinem Stammplatz geworden war – eine gepolsterte Sitzbank an einem Fenster nach Westen, durch das man ins Herz des Dorfes hinausschaute. Er wartete gerade darauf, dass sein Laptop hochfuhr, als das bellende Lachen einer Männerstimme durch den Raum hallte und vier Männer den Pub betraten. Zach achtete nicht weiter auf sie, bis er sah, wie Pete Murray sich resolut hinter seinem Tresen aufbaute und beide Fäuste mit den Fingerknöcheln auf die Bar stemmte.
    »Gareth, du weißt, dass ich dir nichts ausschenken werde, also warum kommst du überhaupt hier herein?«, fragte er.
    »Was? Soll das heißen, ich habe immer noch Hausverbot? Das ist jetzt schon Monate her, verdammt!«, erwiderte ein dünner Mann mit einem hageren, alterslosen Gesicht und funkelnden Augen. Er hätte zwanzig sein können oder vierzig, und seine Miene drückte tiefes Misstrauen aus und Abneigung. Hinter ihm stand ein stämmiger Kerl, groß und bärtig, in einem verwaschenen fliederfarbenen Sweatshirt, das an seinem massigen Oberkörper auf eigenartige Weise liebenswert wirkte. Zach saß nah genug, um den Schmutz schleier darauf zu erkennen. Alle vier verbreiteten einen leich ten Geruch nach ungewaschener Kleidung und Fisch.
    »Hausverbot ist Hausverbot, und zwar so lange, bis ich etwas anderes sage.«
    »Und, wann sagst du endlich mal was anderes?« Der dünne Mann beugte sich drohend zur Theke vor. Der massige Kerl in Lila trat neben ihn und runzelte so finster die Brauen, dass sie beinahe seine Augen bedeckten.
    »Du hast Hausverbot«, sagte Pete Murray, und Zach bewunderte seine ruhige, feste Stimme. »Geht woanders hin.«
    Die Gespräche im Raum verstummten, als die vier

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