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Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das verborgene Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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wo einer von Valentinas Fingernägeln sie erwischt hatte, als Dimity einer Ohrfeige ausgewichen war.
    »Eine echte Schönheit, nicht?«, sagte eine Stimme dicht hinter ihr. Dimity erkannte sie sofort, und ihr stockte der Atem. Charles. Sie wirbelte herum und trat von dem Auto zurück.
    »Ich habe nichts gemacht! Nur geschaut!«, keuchte sie. Charles streckte lächelnd beide Hände aus.
    »Ist schon gut, Mitzy! Du darfst es dir gern ansehen. Wenn du möchtest, machen wir mal eine kleine Spazierfahrt.« Er trat vor und küsste sie flüchtig auf die Wange. »Gut siehst du aus. Es freut mich, dich wiederzusehen.« Das sagte er ganz ruhig, als wüsste er nicht, dass dieses Wiedersehen das Einzige war, wovon sie zehn lange Monate geträumt hatte. Charles blickte an ihr vorbei auf das Auto, und seine Miene wirkte gleichermaßen schuldbewusst und hingerissen. Dimity brachte kein Wort heraus. Sein Kuss brannte auf ihrer Haut, und sie hob die Hand zu der Stelle, als könnte sie die Wunde ertasten. »Ich sollte in dieses Auto nicht so vernarrt sein. Es ist nur ein Fahrzeug. Aber kann nicht auch eine Maschine oder irgendein anderes von Menschenhand erschaffenes Ding wunderschön sein?« Er sprach wie zu sich selbst und strich mit einem verzückten Gesichts ausdruck über das Wagendach.
    »Das ist das schönste Auto, das ich je gesehen habe«, brachte Dimity atemlos hervor. Charles lächelte und warf ihr einen abschätzenden Blick zu.
    »Gefällt dir, ja? Er ist nagelneu. Ein Freund von mir hat seinen bis auf sechsundneunzig Kilometer pro Stunde beschleunigt. Sechsundneunzig! Das ist ein Austin zehn – das neue Cambridge-Modell. Einundzwanzig PS , Seitenven tilmotor mit vier Zylindern …« Er verstummte, als er das völlige Unverständnis auf ihrem Gesicht sah. »Wie auch immer, es freut mich, dass er dir gefällt. Ich war nicht einmal sicher, ob ich ein Auto brauche. Eigentlich war das Celestes Idee, aber jetzt, da ich es habe, kann ich mir kaum noch vorstellen, wie ich je ohne zurechtgekommen bin. Es erscheint mir so altmodisch und umständlich, auf Zugverbindungen und Taxen angewiesen zu sein. Mit einem Automobil liegt einem praktisch die ganze Welt zu Füßen. Man kann über all hinfahren, wann immer man will.« Er hielt inne und schaute sie an, doch Dimity wusste nicht, was sie dazu noch sagen sollte. Sie sah ihm an, dass er etwas erwartete, und hilflose Verzweiflung schnürte ihr die Kehle zu, während sich Hitze an ihrer Nasenwurzel sammelte. »Also, ich werde dich bald mal darin spazieren fahren, versprochen. Jetzt geh ruhig rein – Delphine kann es kaum erwarten, dich zu sehen.«
    Dimity gehorchte, sosehr es ihren Füßen auch widerstrebte, sich von Charles Aubrey und dem himmlischen blauen Automobil wegzubewegen. Sie klopfte, merkte je doch rasch, dass niemand es gehört hatte. Also schob sie sich vorsichtig in die Küche, wo Élodie, die seit ihrer letzten Begegnung ein ganzes Stück gewachsen war, gerade mit dem Fuß aufstampfte, die Hände zu Fäusten geballt. Ihr schwarzes Haar war zu einem schulterlangen Bob geschnit ten, der ihren Kiefer streifte, während sie mit schriller Stimme schrie: »Ich bin acht Jahre alt, und ich ziehe an, was mir gefällt!«
    Celeste wandte sich vom Spülbecken ab und stemmte die Hände in die Hüften. »Du bist acht Jahre alt und wirst tun, was man dir sagt. Laisse-moi tranquille! Das ist dein bestes Kleid, und das da sind deine besten Schuhe. Wie sind in Dorset, am Meer. Zieh sie aus und such dir etwas Passenderes zum Anziehen.« Celestes blaue Augen waren sogar noch fesselnder, als Dimity sie in Erinnerung hatte. Sie schienen vor Zorn von innen zu leuchten.
    »Ich hasse alle meine Sachen! Sie sind hässlich! «
    » C’est ton poblème . Geh und zieh dich um.«
    »Nein!«, kreischte Élodie. Celeste fixierte sie mit einem Blick, bei dem Dimity das Blut in den Adern gefroren wäre, wenn er ihr gegolten hätte, obwohl sie an Valentinas gewalt tätige Wutausbrüche gewöhnt war. Allmählich erschlafften Élodies Hände, ihr Mund öffnete sich leicht, und flammende Röte überzog ihr Gesicht. Sie drehte sich um, wollte hinauslaufen und prallte gegen Dimity. »Na, großartig. Du bist wieder da. Ist das nicht wunderbar! «, rief sie aus und drängte sich an ihr vorbei.
    » Merde. Dieses Kind – in jeder Kleinigkeit widersetzt sie sich mir!« Celeste seufzte und fuhr sich mit der Hand durch das üppige, schwere Haar. »Sie ist mir allzu ähnlich. Stur wie ein Maulesel, und ebenso

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