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Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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für vieles die Hand ins Feuer gelegt, doch dafür schon: Der Mörder von Steinhoff und Schulz kam nicht aus den Reihen des Verfassungsschutzes.
    Plötzlich erstarrte Mike. Er senkte den Kopf, hielt den
Atem an. Hob eine Hand, um ihr zu signalisieren, dass sie schweigen sollte.
    So angestrengt sie auch lauschte, sie hörte nichts.
    Er stand auf. »Wir müssen weg.«
    » Was? Warum?«
    Ohne zu antworten, zerrte er sie hoch und drängte sie in Richtung Brücke. Sie rutschte auf dem glitschigen Weg aus, fiel nur deshalb nicht, weil seine Hand noch an ihrem Arm lag und sie hielt. Angst ergriff sie, Angst vor Mike, Angst vor dem, der da lauern mochte, immer mehr Angst, und ihr wurde endgültig klar, dass dies schon lange nicht mehr ihr Spiel war, dass sie an die Grenze dessen gekommen war, was sie ertrug.
    »Ich will meine Patronen!«
    »Später, jetzt ist keine Zeit.«
    Sie rannten zur Brücke, Louise voran, Mike dicht hinter ihr. Seine Hand umklammerte noch immer ihren Arm, ließ nicht locker, so heftig sie sich auch loszureißen versuchte. »Verdammt«, zischte sie, »ich kann allein laufen!«
    Die Hand gab sie frei.
    Und lag Sekunden später schwer an ihrem Nacken. »Ducken!«
    »Was?« Sie warf einen Blick auf Mike, verstand, als sie sah, dass er gebückt rannte.
    Auf dem Weg hinter ihnen war noch immer niemand.
    Wieder rutschte sie aus, wieder hielt er sie.
    Dann hatten sie die Brücke erreicht. In dem schmalen Streifen Dunkelheit unter dem Dach aus Stein hielten sie inne. »Meine … Patronen«, stieß Louise keuchend hervor.
    Mike antwortete nicht. Er stand mit dem Rücken zu ihr, beobachtete den Uferweg, auf dem sie gekommen waren.
Seine Schultern bewegten sich vor dem Laternenschein im Rhythmus seiner Atemzüge, die Arme hingen zu beiden Seiten herab, die rechte Hand hielt die Pistole.
    »Ich will meine Patronen, klar?«
    Abrupt drehte er sich zu ihr um, und für einen Augenblick zeichnete sich sein Gesicht im Dunkeln ab. Bevor sie reagieren konnte, war er mit einem raschen Schritt hinter ihr. Die freie Hand legte sich auf ihren Mund und drückte sie an seine Schulter, die Rechte schwebte dicht neben ihrem Gesicht.
    Sie hörte, wie der Hahn sehr langsam gespannt wurde.
    »Können Sie für einen Moment still sein?«, wisperte er dicht an ihrem Ohr.
    Als sie nickte, gab die Hand ihren Mund frei.
    »Meine Patr … «
    Die Hand erstickte den Rest des Wortes. Panisch begann Louise sich zu wehren, griff nach Mikes Arm, um seinen Griff zu lockern, gewann keinen Millimeter Spielraum, während eine hysterische Stimme durch ihren Kopf gellte, in die Falle gegangen, Bonì, ohne nachzudenken, ohne Unterstützung, einmal zu sehr aufs Glück verlassen …
    Plötzlich drang ein Knall, begleitet von Mechanikgeräuschen, an ihr Ohr. Im selben Moment erlosch auf der anderen Flussseite die der Brücke am nächsten stehende Wegleuchte.
    Ein Schuss aus einer Nachladeautomatik, der Schall reduziert von einem Dämpfer …
    Mike hatte den Arm hochgerissen, zielte auf den Laternenmasten. »Linke Tasche«, flüsterte er.
    Sie griff hinter sich, fand die Tasche seiner Jacke, zerrte die Hand mit den Patronen heraus.
    »Kein Wort, okay?« Mike löste sich von ihr.
    So rasch wie möglich lud sie das Magazin. »Sehen Sie jemanden?«
    Wieder antwortete er nicht, zog sie nur stumm hinter sich. Mit angehaltenem Atem ließ sie die Augen über das gegenüberliegende Ufer gleiten. Noch immer war niemand zu sehen, lediglich der Weg, unmittelbar vor der Brücke ein grauweißes Band, dann verschwand er, wurde erst jenseits der zerschossenen Laterne wieder sichtbar.
    »Runter!«, flüsterte Mike. »Auf den Bauch!«
    Sie ließen sich fallen. Kurze Lichtblitze von drüben, wieder ertönte ein Knall, ein trockenes Echo unmittelbar hinter ihnen antwortete. Gesteinssplitter fielen Louise auf Kopf und Nacken. Fluchend legte sie beide Hände um den Waffengriff, zielte, ohne viel mehr zu sehen als eine schwarze Fläche von dreißig Meter Breite.
    »Noch nicht«, zischte Mike.
    »Glauben Sie, ich warte, bis er vor mir steht?«
    »Gesicht nach unten!«
    Sie presste die Stirn auf den Weg, spürte, wie sich spitze Steinchen schmerzhaft in ihre Haut drückten. Weitere Schüsse fielen, die Kugeln prallten an unterschiedlichen Stellen von der Brückenwand ab. Weitere Splitter, das Sirren von Querschlägern.
    Dann nichts mehr.
    Über ihnen dröhnte ein Motorrad, aus einem nahen Haus drang Hundegebell. Louise hörte den Regen auf dem Uferweg, das Plätschern der

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