Das verbotene Eden 01 - David & Juna
dieser Ton, den sie so verabscheute. So von oben herab, als wäre sie ein kleines Kind. Schlimm genug, wenn Arkana unter vier Augen so mit ihr sprach, aber hier, vor den versammelten Ratsmitgliedern, kam es einer Beleidigung gleich.
»Wenn es keinen anderen Weg gibt … ja.« Juna hob herausfordernd das Kinn. »Ich stehe mit meinen Kriegerinnen bereit.«
Für einen Moment lang erwiderte Arkana den Blick ihrer Tochter, dann entspannten sich ihre Züge. Ihre Stimme bekam einen versöhnlichen Klang. »Du weißt doch gar nicht, was Krieg bedeutet, mein Kind. Du sprichst mit dem Feuer der Jugend.« Ein trauriges Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. »Einst dachte ich genauso wie du. Ich glaubte, wenn wir nur hart genug zurückschlagen, würden sich die Fronten klären. Klare Grenzen, klare Regeln, klare Gesetze. Doch so einfach ist das nicht. Wir leben in einer Grauzone. Es gibt kein Schwarz und kein Weiß. Wir brauchen die Männer, genauso, wie sie uns brauchen. Wir können nicht zusammenleben, aber getrennt sein können wir auch nicht.«
»Sagt wer?« Edana hatte ihre Hände auf den Tisch gestützt und erhob sich nun ebenfalls von ihrem Stuhl.
»Wo steht geschrieben, dass wir die Männer brauchen? Ich weiß, dass du diese Meinung schon lange vertrittst, Arkana, aber du bist uns den Beweis schuldig geblieben. Wer sagt denn, dass es nicht auch ohne sie geht?«
»Das gebietet die Logik. Die menschliche Rasse wird aussterben, wenn wir uns nicht vermehren.«
Edana schüttelte den Kopf. »Die jetzige Situation ist für uns alle unerträglich. Du hast doch selbst im Kreis gestanden und die Prozedur über dich ergehen lassen. Nicht umsonst tragen diese Orte den Namen
Schandfleck.
Empfängnisbereite Frauen, die sich den Männern hingeben wie Vieh. Und das alles nur, um einen falschen Frieden zu erhalten.« Sie spuckte auf den Boden. »Ich sage euch, es geht auch anders.«
Arkana zog eine Braue in die Höhe. »Und wie gedenkst du, den Schoß unserer Frauen mit Kindern zu füllen? Mittels Luftbestäubung?«
»Wir sollten ein paar Männer gefangen nehmen und sie für unsere Zwecke gebrauchen. Es wird weitere Kinder geben, allerdings nur auf unserer Seite. Wir werden überleben, sie werden aussterben.«
»Du sprichst von Sklaven?«
»So ist es.«
»Und was geschieht mit den neugeborenen Jungen?«
»Ein paar ziehen wir auf, um unseren Fortbestand zu sichern, den Rest töten wir.«
Arkana wich einen Schritt zurück. Das Entsetzen in ihren Augen war nicht gespielt. »Ich kann nicht glauben, was ich da höre«, sagte sie. »Ein solches Vorgehen widerspricht allen Gesetzen der Humanität. Es ist unmenschlich.«
»Es ist unumgänglich«, widersprach Edana. »Es hilft uns, unseren Bestand zu sichern. Gleichzeitig wird es den Frieden gewährleisten, und zwar dauerhaft.«
»Ja, einen Frieden, der mit Blut erkauft ist. Die Männer sollen aussterben, damit wir weiterleben können? Und die wenigen, die wir am Leben lassen, sollen als Sklaven dahinvegetieren?« Arkana schüttelte entschieden den Kopf. »Nie und nimmer werden die Göttinnen so etwas gutheißen.«
»Wie kannst du das wissen, ehe du sie befragt hast?«
»Da muss ich nicht fragen, das
spüre
ich. Aber ich werde die Traditionen natürlich bewahren und die Göttinnen um Antwort bitten, dessen kannst du gewiss sein. Und ihr Urteil wird über euch alle kommen, euch, die ihr hier sitzt und über das Schicksal der Menschheit bestimmen wollt, als wäre es ein Spiel, das man auf dem Papier spielen könnte. Die Jahre nach dem Zusammenbruch haben zu einem massiven Geburtenrückgang geführt, unter dessen Auswirkungen wir heute noch zu leiden haben. Erst nach dem Pakt wurde es wieder besser. Es ist ein sehr empfindliches System. Wenn irgendetwas schiefgeht, werden wir alle aussterben. Wenn ihr heute von Krieg sprecht, stellt ihr damit die Weichen für eine Zukunft, die unumkehrbar ist, seid euch dessen bewusst. Die Wunden, die ihr heute reißt, werden nie wieder verheilen.«
Schweigen erfüllte den Saal. Es war eine Stille, die so mit Energie aufgeladen war, dass man sie beinahe mit Händen greifen konnte. Edana und die Hohepriesterin warfen sich unversöhnliche Blicke zu.
Der Graben war tief. Viel tiefer, als Juna das je für möglich gehalten hätte. Die Mehrheit schien auf Edanas Seite zu stehen, doch ihre Mutter wusste die Göttinnen hinter sich, und die hatten bereits oft den Ausschlag gegeben.
Noreia breitete die Hände aus und gebot den beiden Kontrahentinnen, sich
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