Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
sein Gesicht.
Gwen blieb das Herz stehen. Um ein Haar hätte sie aufgeschrien. Sie kannte die Geschichten um den Inquisitor, sie wusste von seinen Verletzungen. Doch was sie sah, spottete jeder Beschreibung.
»Du willst nicht mit mir reden? Nun, das ist dein gutes Recht, allerdings ist es nicht sehr höflich. Denn in diesem Fall bin ich gezwungen, die Unterhaltung alleine zu bestreiten. Ich denke, die Vorstellung können wir uns sparen. Du weißt, wer ich bin, und ich weiß, wer du bist. Habe ich recht, Gwen von Glânmor?« Er nickte. »Ja, es gibt so einiges, was ich über dich weiß. Doch es gibt noch mehr Dinge, bei denen ich noch im Dunkeln tappe. Dinge, wie den Angriff auf die Raffinerie und deine Beziehung zu einer Hexe namens Juna. Ah, ich sehe, du kennst sie. Ich bin sicher, dass es vieles gibt, worüber wir beide uns unterhalten können. Magst du mir dabei helfen, den Schleier zu lüften?« Er streckte seine Hand zwischen den Gitterstäben hindurch. Gwen versuchte, noch weiter zurückzuweichen, doch da waren die Eisenstangen. Der Blick, den er ihr mit seinem einen Auge zuwarf, ließ sie vor Furcht aufstöhnen.
53
D a kommt jemand.«
Arkana war gerade dabei, das Kaninchen, das Claudius erlegt hatte, zu häuten und in mundgerechte Stücke zu schneiden. Sie wollte das Fleisch zusammen mit einigen Zwiebeln und Wurzeln, die sie im Wald gefunden hatte, kochen und einen schmackhaften Eintopf daraus zubereiten. Genauer gesagt hatte sie vor, Claudius dabei zu assistieren, denn im Gegensatz zu ihm konnte sie überhaupt nicht kochen. Was das betraf, hatte sie zwei linke Hände – genau wie ihre Tochter. Sie konnte allerdings zu ihrer Entschuldigung vorbringen, dass es nie zu den Tätigkeiten einer Hohepriesterin gehört hatte, ein Essen zuzubereiten. Seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, hatte man ihr diese Tätigkeit abgenommen. Ob als Brigantin in den Diensten Silvanas oder später in der Schwesternschule, nie hatte sie diese Fähigkeit benötigt. Doch hier in der Wildnis war auf einmal alles anders. Hier musste man Spuren lesen, Fallen stellen, Feuer machen und giftige von ungiftigen Pflanzen unterscheiden können. Man musste wissen, wie man eine Angel konstruierte und wie man Fische mit Ködern anlockte. Lauter Tätigkeiten, in denen ihr Lebensgefährte über grundlegende Kenntnisse verfügte. In der Spähertruppe der Heiligen Lanze hatte Claudius all diese Dinge lernen müssen – und dazu noch viel mehr. Überleben in eisiger Kälte, das Bauen eines Biwaks, Signalfeuer, medizinische Grundlagen. Voller Verblüffung stellte sie fest, dass er in all den Jahren nicht aus der Übung gekommen war. Sehnig sah er aus, sportlich – wie neugeboren.
Claudius drehte sich um. »Was hast du gesagt?«
»Ich sagte, dass ich jemanden gehört habe.«
Claudius wischte seine Hände an einem Lappen ab und verließ das Haus. Arkana folgte ihm, das Messer in der Hand.
Sie hatte sich nicht geirrt. Auf dem Weg, der von der Innenstadt am Kanal entlangführte, kam ihnen ein seltsames Gespann entgegen. Auf einem Esel saß ein gebeugter Mann, dessen Körper und Gesicht von einer hellgrauen Kutte mit tiefsitzender Kapuze verdeckt waren. Beide, der Mann wie auch der Esel, schienen recht alt zu sein, auch wenn man das auf die Entfernung hinweg natürlich nicht hundertprozentig erkennen konnte. Doch sie hatten eine Art, sich zu bewegen, wie man sie nur bei alten Geschöpfen fand. Geschöpfen, die unter Gicht oder anderen altersbedingten Krankheiten litten.
Das Gespann war noch gute fünfzig Meter entfernt, als es plötzlich anhielt. Der alte Mann hob seinen Kopf und blickte genau in ihre Richtung. Fast hätte man meinen können, er habe sie gewittert. Sein Gesicht lag immer noch im Schatten. Eine ganze Weile stand er so da, dann stieg er vom Rücken des Esels und packte seinen Stab. Er band das Tier an einen nahe gelegenen Baum, verließ den Weg und kam genau auf sie zu.
»Geh wieder ins Haus«, raunte Claudius. »Das Messer kannst du mir dalassen.«
»Ich gehe nirgendwohin«, sagte Arkana. »Wenn es Ärger gibt, möchte ich lieber dabei sein. Hast du eine Ahnung, wer das ist?«
»Nein.« Claudius schüttelte den Kopf. »Auch wenn mir die Gestalt irgendwie bekannt vorkommt. Ich weiß auch nicht …«
Der Fremde war auf zehn Meter herangekommen, als er stehen blieb. »Wer ist da?« Seine Stimme klang dünn und brüchig. Arkana schien mit ihrem Gefühl, was sein Alter betraf, richtiggelegen zu haben.
»Mein Name ist
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