Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
der Versammelten schweifen. »Erwähnte ich das nicht? Es war ein Unfall. Gerade eben noch war er bei bester Laune, da stürzte er und stieß seinen Kopf so unglücklich an einer Rüstung, dass er binnen weniger Sekunden starb. Ich war sofort bei ihm, doch ich konnte ihm nicht mehr helfen.« Er deutete auf einen Mann, der ein goldenes Rüstungsstück vor sich hertrug. »Dies ist die Rüstung, durch die mein Vater den Tod fand. Ihr werdet verstehen, dass weder ich noch sonst jemand dieses Stück jemals wird tragen können. Sie soll mein Geschenk an die Götter sein, damit mein Vater nicht mit leeren Händen vor sie treten muss.« Er ging zum Scheiterhaufen hinüber und legte sie auf den Sarg.
Logan sah sofort, dass es der Brustharnisch war.
»Unfall, dass ich nicht lache«, stieß er hervor. »Er hat ihn umgebracht, um schneller an die Macht zu kommen. Jetzt will er uns dafür die Schuld in die Schuhe schieben. Der Kerl schreckt wirklich vor nichts zurück.«
»Sei still«, zischte Gunnar. »Cedric hat seine Augen und Ohren überall.« Misstrauisch sah er sich um, doch niemand schien von Logans Worten Notiz genommen zu haben. Vermutlich dachten viele in diesem Moment genau wie er.
Logan strich seinem Bruder über den Kopf. Gemeinsam sahen sie zu, wie Cedric den Scheiterhaufen in Brand setzte. Das Holz war mit Öl getränkt worden, so dass bald ein riesiges Feuer in den Himmel loderte. Die Flammen schlugen empor und tauchten Sarg und Rüstung in blendende Helligkeit. Heißer Wind schlug ihnen ins Gesicht. Das Knacken und Bersten der Holzscheite hallte von den Hauswänden wider.
»Das Schicksal hat sich gegen uns gewandt«, sagte Gunnar mit düsterer Miene. »Ich dachte, es könne nicht mehr schlimmer werden, aber ich habe mich geirrt. Ab jetzt wird das Chaos regieren. Am besten, wir verkriechen uns und hoffen, dass der Sturm über uns hinwegzieht.«
»Macht das«, flüsterte Logan. »Aber für mich hat das Verkriechen ein Ende. Ich werde Gwen finden und sie befreien. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
51
D er Morgen war grau und verhangen. Nebel hing zwischen den bewaldeten Schluchten und ließ die Gebäude noch riesenhafter erscheinen. Über Nacht hatte es schlagartig abgekühlt. Von Osten waren dunkle Wolken herangezogen.
Logan fröstelte. Nach dem herrlichen Wetter der letzten Tage hatte nun unzweifelhaft der Herbst Einzug gehalten. Bald würden die Stürme und der Regen kommen und die letzten Blätter von den Bäumen fegen.
Er schlug den Kragen hoch.
Drüben, etwa hundert Meter entfernt, waren die Überreste des Scheiterhaufens zu sehen. Zwischen den verkohlten Balken stieg dünner Rauch in die Höhe. Noch immer lag der Geruch von verbranntem Holz in der Luft. Die Bestattungsfeierlichkeiten hatten bis spät in die Nacht angedauert und – wie es die Tradition erforderte – in einem Besäufnis geendet. Logan hatte nicht an der Zeremonie teilgenommen. Für ihn stand fest, dass Cedric seinen Vater ermordet hatte, um sich selbst an die Spitze des Clans zu setzen. Derlei Machtwechsel waren bei den Clans zwar nichts Ungewöhnliches, doch die Sache hatte einen unangenehmen Beigeschmack. Erstens war Cedric Alexanders leiblicher Sohn, zweitens war der Tod nicht durch einen ehrenhaften Zweikampf erstritten worden, vielmehr durch List und Heimtücke. Da jedoch niemand etwas gesehen hatte, musste man dem Wort des jungen Fürsten glauben.
In dubio pro reo,
wie es bei ihnen hieß. Im Zweifel für den Angeklagten.
Für Logan aber ging es jetzt erst mal um Gwen.
Er hatte herausbekommen, dass Cedric sie gestern Nachmittag, noch ehe er dem Volk vom Tod seines Vaters berichtet hatte, heimlich aus der Stadt hatte schaffen lassen.
Mit unbekanntem Ziel.
Corbin, der Gunnar und seiner Familie nach wie vor freundlich gesinnt war, erzählte ihm, dass er gesehen hatte, wie Gwen gefesselt auf ein Fuhrwerk verladen und abtransportiert worden war. Begleitet wurde sie dabei von Männern aus Cedrics Leibwache. Vierschrötige Kerle, die für Geld alles tun würden. Wohin die Reise gehen sollte, konnte er nicht sagen, aber er tippte auf die alte Stadt.
Den entscheidenden Hinweis lieferte Dachs. Tief in der Nacht, als alle schon schliefen, kam er zu Logan und rüttelte ihn wach. Er sagte, ihm wäre etwas eingefallen, das Cedric gesagt habe, kurz bevor er ihn niedergeschlagen hatte. Die Rede sei davon gewesen, dass er sie zum Inquisitor bringen wolle und dass sie eine Verräterin und Attentäterin sei. Er wusste sogar von
Weitere Kostenlose Bücher