Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
Keine trübsinnigen Gedanken, keine Reue, keine Bitterkeit – und vor allem keine schwerwiegenden Entscheidungen. Einfache, pure Existenz, die Sonne im Haar und die Erde unter den Füßen.
Sie seufzte. Plötzlich klopfte es an der Tür.
»Hallo? Ist jemand zu Hause?«
»Ist offen«, rief Gwen.
Die Tür öffnete sich, und Solveigs Gesicht erschien im Spalt. Strubbeliges mausbraunes Haar, runde Wangen und ein Mund, der immer zu lächeln schien. Solveig war Gwens beste Freundin. Sie kannten sich schon seit Kindertagen, waren zusammen im Kinderhort gewesen und hatten anschließend bei den Weberinnen gearbeitet, wo Solveig es inzwischen zur Meisterin gebracht hatte. Ihre Wege hatten sich erst getrennt, als Gwen beschloss, in die Häuser der Heilung zu wechseln.
»Störe ich?«
»Komm nur rein, aber mach die Tür zu. Ich will nicht, dass Füchschen draußen herumstromert und neue Mäuse herbeischleppt.«
Solveig folgte ihrer Anweisung und kam dann zu ihr herüber.
»Ich staune immer wieder, wie sauber es hier ist. Verglichen mit deinem ist mein Haus eine Rumpelkammer. Schau dir das an, nicht mal ein Krümel auf dem Boden.«
Gwen fuhr mit der Hand über das Holz. »Hat sicher damit zu tun, dass ich den ganzen Morgen geputzt habe. Um mich abzulenken, weißt du?«
Solveig berührte ihre Schulter. »Ich habe es schon gehört, Gwen. Es tut mir so leid. Wenn es irgendetwas gibt, was ich für dich tun kann …?«
»Nimm dir einen Tee und setz dich. Es tut gut, mit jemandem zu reden.«
Solveig holte eine Tasse aus dem Schrank, füllte etwas ein, schenkte auch Gwen noch einmal nach und setzte sich dann zu ihr auf die Bank.
»Magst du es mir erzählen?«
Gwen zuckte die Schultern. »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich war nicht bei der Sache, habe Mist gebaut und bin durchgefallen, so einfach ist das.«
»Quatsch. Du weißt, dass das nicht stimmt. Um dich aus der Ruhe zu bringen, bedarf es mehr. Also, was war los?«
Gwen schwieg einen Moment. Sie überlegte, ob sie Solveig von der Begegnung mit Arkana erzählen sollte, entschied aber, dass es nicht wichtig war. Das Erlebnis war auch wirklich zu absurd.
»War es wieder wegen Juna?«
Gwen nickte. »Ich war gerade mitten in der Operation, als ihr Gesicht plötzlich auftauchte. Schwupp, war es einfach da, ich konnte es nicht verhindern. Sie sprach zu mir, sagte, ich solle ihr weh tun.«
»Ist ja eklig«, sagte Solveig.
»Schon, aber es kam noch schlimmer. Als Nächstes sah ich, wie sie dalag, tot. Sie und dieser … dieser Mann.« Sie spie das Wort geradezu aus. »Die beiden lagen zerfetzt in ihrer Flugmaschine. Händchenhaltend, einen zufriedenen Ausdruck im Gesicht. Na ja, und dann ging bei mir gar nichts mehr. Totale Leere.«
Solveig schwieg betroffen.
»Es war, als wäre ich zu Stein erstarrt. Sie haben die Operation dann allein fortgesetzt, mich rausgeführt und nach Hause gebracht.«
»Du Ärmste.« Solveig legte ihre Hand auf Gwens. »Ich weiß nicht, was Magdalena sich dabei gedacht hat. Wenn du mich fragst, es war zu früh für die Prüfung.«
»Sie wollte, dass ich auf andere Gedanken komme. Sie dachte, Arbeit wäre die beste Medizin.«
»Indem sie dich ein Kind operieren lässt?« Solveig stieß ein abfälliges Lachen aus. »Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich auszumalen, dass das in die Hose gehen musste. Von Sensibilität hat Magdalena wohl noch nichts gehört.« Sie senkte ihren Blick. »Aber du weißt ja, was ich von ihr halte.«
»Ja, das weiß ich«, sagte Gwen. »Doch sie ist nun mal die beste Heilerin, die wir haben. Sie ist eine Frau mit vielen Geheimnissen. Du magst das nicht verstehen, aber für mich ist sie ein Vorbild. Ich wäre gerne so wie sie: ruhig, klar und unerschütterlich.«
Solveig rührte nachdenklich in ihrer Tasse herum.
»Du bist anderer Meinung?«
»Vielleicht sollten wir das lieber lassen, Gwen. Ich bin zu dir gekommen, um dich zu trösten, nicht, um mit dir zu streiten.«
»Wir streiten doch nicht, wir reden. Und es tut mir gut, mit jemandem zu reden. Also komm schon, spuck es aus. Was denkst du wirklich?«
Solveig überlegte kurz, dann sagte sie: »Ich denke, dass es ein Fehler war, dass du zu den Heilerinnen gewechselt bist. Du wärst viel besser bei uns Weberinnen aufgehoben. Gewiss, die Arbeit ist hart, aber dafür umgeben wir uns von morgens bis abends mit schönen Dingen. Sieh dir zum Beispiel diesen Stoff an.« Sie breitete ihren Rock aus. Er war grün und besaß mit goldenem Faden eingesponnene
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