Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
Frau gerettet worden. Sie habe ihn aus seinem Käfig befreit und in eine Höhle gebracht. Die beiden hätten dann beschlossen, zu fliehen und nach einem Ort zu suchen, den sie
Zuflucht
nannten. Diese Zuflucht befände sich angeblich im Westen und – jetzt kommt’s –
am Meer.
« Gunnars Grinsen wurde breiter. »Wenn das mal kein Zufall ist, oder?«
Logan unterbrach sein Lautenspiel. »Allerdings.« Nachdenklich blickte er zu Boden. Er spürte, dass er da einer großen Sache auf der Spur war.
»Bitte, lass mich gehen, Vater«, sagte er. »Ich brauche nur ein paar Tage. Wenn ich den Wanderer finde, werde ich ihn danach fragen. Vielleicht weiß er noch andere Dinge. Bitte. Außerdem brauche ich mal ein bisschen Abstand. Cedric liegt mir die ganze Zeit in den Ohren, wie toll er mich findet und wie gut wir zusammenpassen würden – ich muss einfach für eine Weile hier verschwinden.«
Gunnar stellte seinen Hammer zur Seite. »Ob du es glaubst oder nicht, aber ich kann dich verstehen. Dieser Trubel fängt an, mir auf den Wecker zu gehen. Vielleicht ist es eine gute Erfahrung. Ein Mann muss von Zeit zu Zeit mal alleine sein. Es hilft einem herauszufinden, wer man ist und wo man steht. Du musst mir nur versprechen, vorsichtig zu sein.«
»Das werde ich«, sagte Logan freudestrahlend. Er hätte nie damit gerechnet, dass es so einfach werden würde.
Darf ich mit?
Dachs formte die Worte mit seinen Händen.
»Auf keinen Fall«, sagte Gunnar. »Logan ist erwachsen, er weiß, was er tut. Wenn du alt genug bist, darfst du auch in die Wildnis ziehen, aber nicht jetzt. Außerdem brauche ich dich hier. Morgen fangen wir mit dem Satz neuer Waffen für die Leibgarde des Warlords an, das schaffe ich nicht allein.«
Dachs verschränkte die Arme vor der Brust.
Logan bedachte seinen Bruder mit einem Lächeln. Es gab nichts Schlimmeres, als wenn man für alles
zu klein
war.
»Darf ich mir ein Kettenhemd ausleihen?«
»Selbstverständlich«, sagte sein Vater. »Und ein Schwert, eine Armbrust und einen Schild dazu. Ich lasse dich doch nicht unbewaffnet in die Wildnis ziehen. Außerdem bekommst du Halla. Sie ist sehr zuverlässig, wie du weißt.«
Halla war einer ihrer beiden Kaltblüter, eine mächtige Stute mit braunem Fell und schwarzer Mähne. Gunnar benötigte die Tiere, um Eisenbahnschwellen und andere schwere Metallgegenstände für die Schmiede heranzuschaffen. Pferde waren in diesen Landen eine Rarität. Es gab kaum noch gute Züchter, und die Bestände wurden von Jahr zu Jahr kleiner. Besonders Kaltblüter waren heiß begehrt. Als Zugtiere für Fuhrwerke oder Pflüge waren sie unersetzlich. Umso ungewöhnlicher, dass sein Vater ihm die Stute zur Verfügung stellen wollte.
»Das … das kann ich nicht annehmen«, sagte er. »Wirklich, das ist sehr nett, aber ich schaffe das auch so. Zu Fuß wird es genauso gut gehen.«
»Papperlapapp. Zu Fuß durch das Ödland? Da wärst du ja eine knappe Woche unterwegs. Mein Eisenlager ist voll, ich brauche Halla gerade nicht. Und zur Not habe ich immer noch Liesel. Versprich mir nur, dass du wohlbehalten wieder nach Hause kommst. Und bring ein paar gute Geschichten mit. Du weißt, wie sehr wir die hier gebrauchen können.«
Logan strahlte. »Versprochen. Ich werde gut auf Halla aufpassen und mich beeilen. Ihr werdet kaum merken, dass ich fort war.«
Gunnar nahm Logan in den Arm und klopfte ihm auf die Schulter. »Na, das ist doch ein Wort. Und jetzt fang an zu packen. Je eher du loskommst, umso eher bist du wieder da.«
20
W üst und leer breitete sich die Ebene in alle Richtungen aus. Ein totes Land, dahingerafft von einer furchtbaren Kraft, die nicht das kleinste bisschen Grün übrig gelassen hatte. Hier wuchsen weder Busch noch Strauch. Kein Gras, kein Farn und erst recht keine Blumen. Einzig ein paar tote Bäume reckten ihre verdorrten Zweige in den Himmel und bettelten um Regen.
Gwen schnürte ihren Mundschutz enger.
Was immer dieses Land einst verdorren ließ, es war stark genug gewesen, riesige Krater in den Boden zu reißen. Tellerförmige Halbschalen, so tief, dass ganze Ortschaften darin verschwunden waren. Straßen führten ins Leere, Abbruchkanten waren so steil, dass man besser in weitem Bogen darum herumritt, und Brückenpfeiler endeten im Nirgendwo.
Gwen hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Natürlich hatte sie schon davon gehört – alle hatten das –, aber die Verbotene Zone mit eigenen Augen zu sehen, das war etwas völlig anderes. Sie zog den
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