Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
nichts Besonderes sind. Mit Ware, wie man sie dutzendfach auch bei anderen Clans finden kann. Ich bin bescheiden genug, um zu würdigen, was meine Konkurrenz anbietet. Und ich weiß, dass auch kleine Auktionen wichtig sind. Sie bringen gutes Geld, und wenn meine Kunden zufrieden sind, so bin ich es auch. Aber in der Tiefe meiner Seele bin ich ein Jäger. Genau wie ihr bin ich auf der Suche nach dem Außergewöhnlichen, dem Besonderen, dem
Großen.
Nach etwas, das den Aufwand lohnt und einem ins Gedächtnis ruft, warum man diesen Beruf ergriffen hat. Oft genug wird man enttäuscht, doch manchmal – ganz selten – trifft man auf etwas, das einem das Herz höherschlagen lässt. So auch hier. In dem Moment, als ich dieses Geschöpf zum ersten Mal sah, wusste ich, dass es die Erfüllung meiner Gebete war und dass sich das Warten gelohnt hat. Verehrte Herren, ich präsentiere euch die Jungfrau von Glânmor.«
Von links näherte sich eine kleine Gruppe. Die Frau in ihrer Mitte war mit Tüchern verhüllt. Während die Dreiergruppe die Stufen zur Tribüne erklomm, rief sich Logan noch einmal ihr Aussehen ins Gedächtnis. Der Sklavenhändler neigte hin und wieder zu Übertreibungen, jeder wusste das, aber das war nun doch etwas zu viel des Guten. Gwen, die Erfüllung seiner Gebete?
Der Schuss konnte nur nach hinten losgehen.
Kolya trat neben die verschleierte Frau, und ein siegessicheres Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Mit einer eleganten Geste zog er den Schleier zur Seite und enthüllte dem gebannten Publikum, was sich darunter verbarg.
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E in Raunen ging durch die Menge. Alle starrten mit großen Augen auf die wundersame Erscheinung, die Kolya – einem Zauberer gleich – vor ihnen enthüllte. Selbst Logan fiel es schwer, seinen Mund wieder zu schließen. Er musste zweimal hinschauen, um wirklich sicherzugehen, dass es dieselbe junge Frau war, die er vor zwei Tagen gefesselt und an sein Pferd gebunden von der Himmelskerze hierhergebracht hatte. Dieses Wesen dort drüben auf der Empore wirkte heute so anders. In ein fliederfarbenes Kleid gehüllt, stand dort ein Mädchen, das durchaus dem erhabenen Titel Jungfrau von Glânmor gerecht wurde. Ihr Gesicht war geschminkt, ihre Augen an den Rändern leicht abgedunkelt, was die Iris wie Edelsteine schimmern ließ. Auf den Wangen lag ein rosiger Schimmer, und die Lippen erstrahlten in einem kräftigen, glänzenden Rot. Ihre dunklen Haare waren hochgesteckt und mit goldenen Bändern durchwoben, die auch im Kleid Verwendung fanden. An ihren Ohren hingen wertvoll aussehende Ringe, die bei jeder Bewegung ihres Kopfes leise klingelten. Hände und Füße waren ebenfalls mit Schmuck verziert, genau wie ihr Hals, um den Kolya eine teuer aussehende Kette mit passender Brosche gehängt hatte. Das Kleid war ein wenig durchscheinend, so dass es der Phantasie genügend Möglichkeiten ließ, sich zusammenzureimen, wie es wohl darunter aussehen mochte. Alles in allem erschien sie eher als Göttin denn als junges, unerfahrenes Mädchen.
Logan fiel auf, dass Gwen vollkommen teilnahmslos agierte. So als ginge sie das alles gar nichts an. Ruhig stand sie da, abgeklärt und uninteressiert. Beinahe, als stünde sie unter Drogen.
Er kam nicht mehr dazu, den Gedanken weiter zu vertiefen, als der Sklavenhändler sein Startgebot nannte. Die unglaubliche Summe von fünfhundert Nickeln schwebte über den Köpfen der Besucher. Etliche Arme schossen in die Höhe, darunter die von Cedric und Stollberg. Wollte der Handelsfürst etwa noch eine Frau erwerben? Oder bereute er bereits seinen ersten Kauf und hoffte auf einen Umtausch? Doch Kolya gewährte Umtausch nur auf mangelhafte Ware, niemals, weil man seine Meinung geändert hatte.
»Sechshundert.«
Immer noch waren etliche Arme in der Luft.
»Sieben.«
Zwei Hände senkten sich.
»Acht.«
Nur noch vier Arme blieben erhoben.
»Sagt jemand neun?«
Cedric war der Erste, der sich meldete, doch Stollberg konterte mit neunhundertfünfzig. Cedric überlegte kurz, dann bot er eintausend. Wieder ging ein Raunen durch die Menge. Noch niemals war auf einer Auktion das Gebot von eintausend Nickeln gefallen. Das war mehr Geld, als ein einfacher Arbeiter in seinem ganzen Leben verdiente. Es war, als hätte jemand gegen ein ungeschriebenes Gesetz verstoßen. Eine solche Summe zu bieten, das war einfach …
unredlich.
Wie gebannt verfolgten die Menschen den Kampf der Titanen. Roderick Stollberg war bekanntermaßen einer der reichsten
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