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Das verbotene Glück der anderen

Das verbotene Glück der anderen

Titel: Das verbotene Glück der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manu Joseph
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am Weg, wenn ein Mann wie ein Mann lebt. Still. Müssen wir dahingehen.»
    Ousep lässt den Stein fallen und legt die Hände über den Mund. Er geht übertrieben verstohlen auf einer Linie, die er für eine gerade Linie hält. Er betrachtet die braune Erde und fängt an zu lachen. «Kann ich euren doofen, pubertären Söhnen etwasmitteilen?», sagt er und sieht zu den Fenstern hinauf. «Kann ich ihnen etwas sagen, während das Sperma in ihren Händen trocknet? Etwas ganz Neues aus der Zukunft?» Sein schallendes Lachen wird immer lauter und weckt die Krähen auf. «Jungens», brüllt er, «ihr werdet im Zeitalter der Frau zu Männern.»
    Aus einem der oberen Stockwerke ertönt eine Männerstimme: «Gibt es hier einen Wächter, oder beschäftigen wir einen Eunuchen?» Ousep wirft den Stein in die Richtung, aus der die Stimme kommt. Der Stein prallt auf Beton, und die Gegenstimme erstirbt. Der Wachmann erscheint erneut im Lichtkreis der Straßenlaterne. Er versucht, mit Ousep zu ringen, und reißt dabei Ouseps Hemd ein. Ousep sieht auf sein zerrissenes Hemd und fixiert dann den Wachmann mit strengem Blick. Der Wächter sieht verängstigt aus, weicht aber nicht von der Stelle. «Was willst du sehen?», schreit Ousep. «Willst du sehen, woraus ich gemacht bin?» Und dann reißt er sein Hemd auf. Fast sieht es so aus, als zöge er gleich die Hose aus. Ob Ousep das tut?
    Mariamma rennt ins Schlafzimmer, noch ohne zu wissen, was sie als Nächstes tun wird. Sie nimmt den Bester-Schriftsteller-Preis von Ouseps Schreibtisch, packt ihn am Silberengel, rennt auf den Balkon und schleudert ihn Ousep mit aller Kraft vor die Füße. Er landet dreißig Zentimeter von ihm entfernt. Ousep blickt auf den Preis und zum Himmel und dann nochmals auf den Preis und zum Himmel. Er hebt ihn auf und zeigt ihn der Welt ringsum. Dann sagt er leise: «Es war einmal.»
    Sie setzt sich auf den Küchenfußboden neben den schwarzen Mörser. Von dort aus kann sie ihn sofort sehen, wenn er die Wohnung betritt. Mit dem Hemd und dem Preis in der Hand steht er schließlich in der Diele und starrt sie wortlos an. Dann geht er in sein Zimmer und schließt die Tür.
    Sie sitzt da, starrt Unnis Porträt an der Wand an und murmelt etwas vor sich hin. «Ich bin nicht ungestraft davongekommen,Mariamma ist nicht davongekommen», erzählt sie der Katze. Sie denkt an ein Verbrechen, das sie mit sieben Jahren begangen hat. Sie spielte am Flussufer mit einem schwarzen Kätzchen. Sie legte es in eine flache Grube und bedeckte es mit Erde. Als sie es gerade wieder ausgraben wollte, hörte sie, wie jemand schrie, ein Mädchen, das sich das Leben nehmen wollte, sei in den Fluss gesprungen. Sie rannte zum Unglücksort, wo fünf starke Männer zu dem Mädchen schwammen und es ans andere Ufer zogen. Bei all dem Wirbel vergaß Mariamma das Kätzchen völlig – erst abends fiel es ihr wieder ein. Sie kannte die Mutterkatze, sah sie jeden Tag mindestens einmal. «Mariamma ist nicht ungestraft davongekommen», sagte sie. «Auch ihr Sohn liegt jetzt unter der Erde.»
    Sie hebt die Hand, ein Finger ist drohend zur Zimmerdecke gerichtet. «Aber Ihr, Philipose», sagt sie dann, «Ihr seid davongekommen, Philipose.»
    Ousep sinkt in tiefen Schlaf und hat einen vagen, letzten Gedanken, einen alten, beunruhigenden Gedanken, der dann und wann auftaucht. Auf dieser Welt gibt es Menschen, die ein Leben lang auf Sinnsuche sind und eine Antwort finden wollen. Trotz seines Humors war Unni wahrscheinlich einer von ihnen. Ob es sein könnte, dass auch Ousep auf der Suche ist, dass er sich ein Ziel erhofft, das es gar nicht gibt? Sucht auch er nach einer illusorischen Wahrheit? Vielleicht haben die anderen recht, die ganz normalen Leute, die haben doch gewöhnlich recht, oder? Wie es auf der Welt zugeht, wissen sie besser, weil sie die Welt sind. Unni ist aus demselben Grund gestorben, aus dem sich die meisten das Leben nehmen – weil er unglücklich war. Mehr war es vielleicht gar nicht.
    Ousep fragt sich, warum es in seinem Zimmer nach Kerosin riecht. Der Geruch kommt näher, wird stärker, dann wieder schwächer und verschwindet schließlich spurlos. Zu seinerÜberraschung fragt er sich noch etwas, ohne zu wissen, wie er auf diese Frage kommt, die er sich noch nie gestellt hat: «Wer ist Philipose?»
    ~
    Am Samstagmorgen liegt Thoma in der Diele auf dem Boden, umringt von den dicken Wälzern seiner Mutter, die alle von
höchst ernsten Dingen
handeln. Wie immer sucht er die Seiten nach

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