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Das verbotene Land 2 - Drachensohn

Das verbotene Land 2 - Drachensohn

Titel: Das verbotene Land 2 - Drachensohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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Gehen. »Und wenn mein Vater mich wieder einmal zu sehen wünscht, sag ihm, dass ich ihm gegenübertreten möchte. Nicht dir.«
    Er war schon auf halbem Wege zur Tür, als Gralds Stimme sich erhob.
    »Du bist nicht der Einzige, den es nach dem Mädchen gelüstet, Drachensohn. Der Menschenkörper, den ich bewohne, will sie auch. Es gibt keinen guten Grund, weshalb ich ihn zurückhalten sollte. Mit Frauen geht er nicht besonders sanft um, wie du weißt.«
    Nem blieb stehen. Langsam drehte er sich um. »Also deshalb hast du sie hergebracht? Weil du sie willst?«
    »Nein.« Grald schüttelte den Kopf. »Weil du sie willst. Rede mit deinem Bruder, Drachensohn. Sag ihm, dass du ihn brauchst. Dann ist das Mädchen in Sicherheit und bleibt für dich reserviert.« Grald setzte sich wieder auf. »Was sagst du dazu?«
    Nem überlegte. Schließlich erklärte er achselzuckend: »Ich würde sagen, ich freue mich darauf, meinen Bruder kennen zu lernen.«

24
    Die Luft roch nach Gewitter. Sturmwolken kletterten übereinander, als wollten sie sehen, welche sich am höchsten in den Himmel erheben könnte. Ein Windstoß erfasste die Wipfel der Bäume und schüttelte sie kräftig durch. Der Fluss färbte sich schiefergrau. Schon schlugen Wellen an das Ufer. Markus hatte den Sturm von Westen her aufziehen sehen, während Bellona mit ihm geredet hatte. Ihm kam es so vor, als hätte sie den Wind und die Blitze beschworen, um ihre verstörende Geschichte von Liebe, Geburt und Tod zu unterstreichen.
    »Mir übergab Drakonas den Sohn des Drachen«, erzählte Bellona, als die ersten Regentropfen Markus' Wange trafen. »Er forderte mich auf, mit dem Kind in die Wildnis zu fliehen, weil sein Leben in Gefahr sei. Die letzten Worte, die Drakonas zu mir sagte, lauteten: ›Wenn der Drachensohn wissen will, wer und was er ist, bring ihn zum Grab seiner Mutter‹«.
    Bellona schwieg. Sie betrachtete die Bäume, die sich stöhnend im Wind bogen.
    »Er hat die Frage gestellt. Er fragte, ob er der Fluch seiner Mutter war.« Ihre Stimme klang trocken und gefühllos. »Ich habe ihm die Wahrheit gesagt, aber ich habe ihn nicht zu ihrem Grab gebracht.«
    Markus hörte wortlos zu. Ihm kam es so vor, als würde er ihr schon stundenlang zuhören, hier neben dem eigentümlichen Steingrab auf einem grasbewachsenen Berg, der über Meilen die höchste Erhebung in diesem Land war. Er war wie benommen, fühlte sich schockiert und erschüttert und zugleich seltsamerweise auch ruhig. Endlich bekam er Antworten auf die Fragen, die er sich sein Leben lang gestellt hatte. Die Antworten waren schrecklich und voller Blut. Er musste noch darüber nachdenken. Aber immerhin waren es Antworten.
    Jetzt begann es, stärker zu regnen. Die Tropfen waren hart wie Kanonenkugeln. Markus legte eine Hand auf das Grab seiner Mutter. Eine große Macht hatte der Erde Steine entrissen, sie aufgeschichtet und mit Feuer verbunden. Feuer hatte auch den Namen MELISANDE eingraviert. Und darunter das Wort DRACHENMEISTERIN.
    Die Steine waren noch heiß von der Nachmittagssonne, die den Kampf gegen die anrückenden Wolken verloren hatte. Markus stellte sich vor, es sei ihre Wärme, die seiner Mutter, die sich freute, dass er gekommen war. Ihr letzter Ruheort lag an einem verlassenen Dorf nur wenige Meilen vor der Stadt Neubramfels, der zweitgrößten Stadt im Königreich Idlyswylde. Markus' Familie hatte dort Verwandte, die sie mehr als einmal besucht hatten. Ein einstündiger Ritt hätte ihn an diesen Ort gebracht, wenn er von ihm gewusst hätte.
    »Warum hast du Nem nicht hierher gebracht?«, fragte er Bellona.
    »Weil ich wusste, dass er nicht mitkommen würde.«
    »Das verstehe ich nicht«, stellte er fest. Plötzlich lachte er. »Ich verstehe es nicht!« Er breitete die Arme aus und hob den Blick zum regennassen Himmel. »Wie in Gottes Namen soll ich das je verstehen? Dass meine Mutter in der Stunde meiner Geburt getötet wurde. Dass ich in ihrem Blut lag. Mein Zwillingsbruder … ich habe einen Bruder …«
    Ein Bruder! Die Hand, die zu seinen frühesten und tröstlichsten Kindheitserinnerungen zählte, griff nach ihm. Plötzlich erhaschte Markus einen kurzen, überraschenden Blick auf ein Gesicht mit düsteren, kalten, verbitterten Augen, glänzend wie blauer Stahl, in den sein Zwillingsbruder sich hüllte wie in eine Rüstung, als wäre er ein edler Ritter. Ein Ritter, der Schutz brauchte.
    Ein Hagelkorn traf Markus ins Gesicht. Der kalte Schmerz ließ ihn blinzelnd in die Realität

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