Das verbotene Land 3 - Drachenbruder
war, aber immerhin bereit dazu. Er hatte sie über die Mauern geführt und ihr die berühmten Kanonen gezeigt. Dann hatte es ein Festmahl im großen Saal gegeben, dazu Musik und Tanz, und natürlich war lsabel seine Tänzerin gewesen.
Anschließend hatte seine Mutter eine Partie Schach vorgeschlagen, bei der weder er noch lsabel sehr gut abgeschnitten hatten. Vielleicht weil beide nicht besonders bei der Sache gewesen waren. Gunderson, Sir Troeven und ein paar andere Ritter hatten sich auf eine Seite des Saals zurückgezogen. Markus hatte viel Zeit damit verbracht, ihnen zuzusehen und sich zu überlegen, was sie wohl redeten. Er musste sich zwingen, höfliche Konversation zu betreiben und seine Schachfiguren zu bewegen, wenn er am Zug war.
Lady lsabel wirkte ähnlich beschäftigt. Als ihm klar wurde, dass sie lange schweigend dagesessen hatten, stellte er fest, dass sie mit ernstem Gesicht ins Feuer starrte. Schließlich stand die Königin auf, rief ihre Damen zu sich und schickte Markus zu seinem Vater. lsabel verbeugte sich, bedachte ihn mit einem rätselhaften Lächeln und glitt ohne einen weiteren Blick auf ihn zu Ihrer Majestät zurück.
Edward lenkte sein Pferd näher zu Markus, damit sie sich unter vier Augen unterhalten konnten. Das Knarren und Klirren von Sattelzeug und Zaumzeug und das Donnergrollen verschluckten ihre Worte.
»Was hältst du wirklich von ihr?«, hakte Edward nach.
»Sie ist ganz nett, Vater«, antwortete Markus. Noch während er dies sagte, wurde ihm klar, dass er nicht gerade hingerissen klang.
Edward schien sich an seine eigene Verlobungszeit zu erinnern, die gerade einmal eine Viertelstunde gedauert hatte, denn ihm hatte man Ermintrude erst am Hochzeitstag vorgestellt.
»Keine Flöten und Schalmeien beim Klang ihres Namens, wie die Dichter sagen?«, fragte Edward leicht ironisch.
»Im Moment ist alles so unsicher«, entschuldigte sich Markus. »Ich kann einfach nicht ans Heiraten denken.«
»Der falsche Zeitpunkt – auch wenn deine Mutter und die Heilige Schrift etwas anderes behaupten.« Edward schwieg. Dann sagte er: »Die Liebe kommt mit der Zeit, Markus. Vielleicht nicht die Liebe, die von den Dichtern besungen wird, aber eine, bei der man sich einfach wohl fühlt.« Nach einer weiteren Pause fügte er leise hinzu: »Deine Mutter hat sich gestern Abend mit Fräulein Evelina unterhalten.«
Markus' Haut glühte so sehr, dass die Regentropfen auf seinen Wangen zu zischen schienen.
»Deine Mutter hat ihr erklärt, dass eine Heirat nicht in Frage kommt. Sie hat ihr zugesagt, dass für Evelina und das Kind – falls sie wirklich schwanger ist – gesorgt werden wird.«
»Wie hat Evelina … was hat sie … hat sie etwas dazu gesagt?«
»Das Mädchen hat es mit Fassung getragen, meint deine Mutter. Natürlich ist sie durcheinander, aber deine Mutter sagt, sie käme schon darüber hinweg, besonders wenn sie erst einmal begreift, dass eine Beziehung zu dir keine Zukunft hat. Sie hat von deiner Verlobung erfahren. Damit sollte die Sache abgeschlossen sein.«
Das sollte sie, aber Markus hatte das Gefühl, dass es nicht so kommen würde. Seine Gefühle für Evelina waren sehr verworren, ein Mischmasch aus Begehren und Abscheu, den er nicht verstand. Er sah sie nackt neben sich im Bett und spürte die Leidenschaft in seinen Lenden, dann wieder sah er sie anderswo, wo sie etwas anderes tat – er erinnerte sich nicht mehr, was oder wo –, und wenn dieses vage Bild an seinem Gedächtnis zupfte, verwandelte sich seine Begierde in ein Ekel erregendes Gefühl, bei dem ihm die Galle hochkam und sein Magen sich umdrehte.
Doch er sagte nichts. Sein Vater glaubte zu verstehen. Er bedachte den Sohn mit einem mitleidigen Blick und ritt vor, um Markus seinen Gedanken zu überlassen. Die wanderten sofort wieder von Heiraten und Lustgefühlen zu dem, was vor ihnen lag – was auch immer das war.
An diesem Tag ritten sie zügig und schlugen erst am späten Abend ein kaltes, unangenehmes Lager auf. Der Regen hörte auf, aber die Bäume tropften noch die ganze Nacht. Auch der Boden war nass und matschig. Die rauchenden Lagerfeuer spendeten nur widerwillig etwas Wärme. Von dem langen Ritt war Markus steif und wund. Die Nacht auf dem Boden machte es kaum besser. Sobald das Licht für Mensch und Tier wieder ausreichte, waren alle wieder auf den Beinen. Sie ritten den ganzen Tag, schliefen noch einmal auf durchnässtem Untergrund und erwachten erneut mit der Morgendämmerung.
An jenem Morgen zogen
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