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Das verbotene Land 3 - Drachenbruder

Das verbotene Land 3 - Drachenbruder

Titel: Das verbotene Land 3 - Drachenbruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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zeitweise zum Fluss vereinten, dann aber wieder gabelten und in getrennten Betten weiterverliefen. Hier unterschieden sich die Drachenkinder von Drachen, die ihre Gedanken selten in Worte fassen. Sie waren aber auch anders als die Menschen, die dazu gezwungen waren. Bei ihnen verschmolzen Sprache und Gedanken, so dass sie oft keine Ahnung hatten, wo das eine begann und das andere endete.
    Der Gang, dem sie folgten, führte von der Abtei zum Palast unter dem Berg. Der Drache benutzte ihn, um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Nur wenige Menschen wussten von seiner Existenz. Was unter dem Berg geschah, war geheim und sollte auch geheim bleiben. Das wussten die Kinder aus den Gedanken des Drachen.
    An den Wänden klebten Schuppen, die darauf hindeuteten, dass der Drache hier vorbeigekommen war. Ihr Anblick ließ Lucien plötzlich ausrufen: »Unser Vater würde nie in den Körper eines Menschen schlüpfen. Das ist doch alles Lüge!«
    »Lüge«, stimmte Herzeleid ihm zu.
    Sie lief mit schnellen, sicheren Schritten, denn sie war von Zuversicht erfüllt. Als die Drachenkinder den großen Saal betraten, schwamm er in Blut.
    In der Mitte lag ihr Vater. Er war tot.
    Scharfe Nägel bohrten sich in Nems Menschenfleisch. Sie rissen seinen Unterarm auf. Der plötzliche Schmerz zerrte ihn wieder aus seiner Versunkenheit, obwohl er sich dagegen wehrte.
    Er schlug die Augen auf. Herzeleid hatte sich über ihn gebeugt.
    »Warum hast du das getan?«, fuhr sie ihn zischend an. »Warum hast du unseren Vater umgebracht?«
    Sie grub ihre Nägel noch tiefer in seinen Arm, bis er blutete. Ihre Wut blitzte durch die Dunkelheit. Sie erhellte ihr Gesicht, funkelte aus ihren Augen und trieb einen Moment lang sogar den Tod zurück.
    »Das verstehst du nicht«, flüsterte Nem mühsam. Er schloss die Augen und wollte unter die schwarze Oberfläche zurücksinken. »Geh einfach weg und lass mich.«
    »Ich glaube, er stirbt«, sagte Lucien gedämpft.
    »Oh, nein, das tut er nicht«, widersprach Herzeleid. »Nicht, ehe ich die Wahrheit kenne.«
    Die Hand, die sein Blut vergossen hatte, glitt an seine Stirn. Ihre andere Hand legte sich auf seine Brust. Bei der heilenden Berührung seiner Schwester wurde Nem von Wärme durchströmt. Dick, zäh und süß wie Honig breitete sie sich in ihm aus. Sein Herz schlug wieder kräftiger. Das Atmen wurde leichter. Die Dunkelheit wich, und er trieb rasch in Richtung Ufer.
    Nem setzte sich auf und schob ihre Hände von sich. Er hatte Kopfschmerzen, und ihm war speiübel, aber er war am Leben.
    »Du sollst leben«, erklärte Herzeleid ihm kalt. »Wie lange, das hängt von deinen Antworten ab. Lucien ist unglaublich stark. Einmal hat er einen Menschen Glied um Glied zerrissen. Das kann er bei dir auch.«
    Nem sah die beiden nicht an. Er starrte nur auf den Kadaver des Drachen. Zerrissenes, zerfetztes, schuppenbedecktes Fleisch. Freiliegende Knochen. Das Blut, das immer noch in Strömen in die Ritzen und Risse des Steinbodens floss. Es klebte auch an ihm. Und an den Händen seiner Schwester, die den Körper voller Ehrfurcht berührt hatte.
    »Warum hast du unseren Vater umgebracht?«, fragte sie wieder mit brechender Stimme.
    Diesmal nahm Nem sie erstmals wirklich wahr. Er bemerkte ihr Entsetzen.
    Grald hatte seine Kinder in Abgeschiedenheit aufgezogen. Sie waren von ihm abhängig. Das war ein guter Plan, denn Grald hatte nie vorgehabt, sie allein zu lassen. Drachen werden viele hundert Jahre alt. Darum war Grald davon ausgegangen, dass er seine Kinder altern und sterben sehen würde, viele Generationen hindurch, ehe er so weit war. Aber nun war er tot. Seine Kinder waren allein und nicht darauf vorbereitet.
    Nem verstand Herzeleids Furcht, denn er erkannte sich selbst darin wieder. In diesem Augenblick verspürte Nem, der immer nur sich selbst leid getan hatte, Mitleid für jemand anderen.
    »Warum?«, schrie Herzeleid auf. Sie warf sich auf ihn und schlug auf seine Brust ein. »Warum?«
    Er sagte nichts, denn es gab nichts zu sagen. Sie kannte den Grund. Er hatte die Bilder in ihren Gedanken gesehen. Ihr schreckliches »Warum« hatte nichts mit Gralds Tod zu tun. Es bezog sich mehr auf ihr eigenes Leben, den Grund ihres Seins. Zum ersten Mal stellte sie sich die Frage, die Nem sich schon seit Jahren stellte.
    Die Antwort würde ihr nicht gefallen.
    »Herzeleid«, rief Lucien. Er stand am Grab und starrte hinein. »Komm und sieh dir das an.« Er wirkte erschüttert.
    Seine Schwester sah Nem noch einen Moment an,

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