Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)
möchte, dass das Gebäude geräumt ist, wenn ich dort eintreffe. Nur der Ausländer, der den Aufruhr begonnen hat, soll dort bleiben. Halten Sie ihn im Inneren fest.«
Malone betrachtete den kleinen Raum von vielleicht drei mal drei Metern. Boden und Wände bestanden aus groben Backsteinen und die Decke aus kräftigen Balken. Ein Abschnitt der Decke war vor langer Zeit eingestürzt.
»Das erste Mal bin ich durch das Loch in der Decke hereingekommen«, sagte Pau.
Drei postamentähnliche Tische aus Stein standen leer da. Der Boden war mit Asche bedeckt, und die Luft roch kräftig nach Ruß.
Hier hatte es eindeutig gebrannt.
»Auf diesen Tischen hier haben einmal Bambustafeln und Seidenstoffe gelegen, Schriften aus der Zeit Qin Shis. Seine kaiserliche Bibliothek. Karl Tang hat sie vor zwei Tagen zerstören lassen.«
»Warum denn das?«, fragte Cassiopeia. »Wieso sollten diese Schriften eine Bedrohung für ihn darstellen?«
»Alles, was er nicht kontrollieren kann, ist eine Bedrohung für ihn.«
Malone hörte, wie der Lärm draußen abebbte. Er trat zum Eingang und spähte nach oben. »Die Leute verlassen die Halle.«
»Das wird wohl Tang befohlen haben. Was bedeutet, dass uns nur wenig Zeit bleibt.«
»Wozu?«, fragte Malone.
»Um von hier zu verschwinden.«
54
Ni stapfte durch nasses, verfilztes Gras und näherte sich dem zweiten von drei niedrigen Gebäuden. Noch immer fiel Regen. Die Vegetation hatte schon lange die Außenwände erobert, und dicke Ranken wucherten vom Boden bis zum Dach Die meisten Fensterscheiben waren noch heil, aber mit einem feuchten Schmutzfilm verschmiert. Wo die Scheiben gesprungen waren, klebte eine dicke Schicht von Käfern und Mücken.
Er trat zu der hölzernen Eingangstür. Wie man ihm gesagt hatte, war sie nicht durch ein Schloss versperrt, und so schob er sie auf. Die rostigen Angeln leisteten erst Widerstand, gaben dann aber nach.
Die Tür ging weit genug auf, dass er hineinschlüpfen konnte.
Er drückte sie wieder zu.
Durch die schmutzigen Fensterscheiben sickerte gräulich braunes Licht herein. Schatten erfüllten den vielleicht fünf mal fünf Meter großen Raum, dessen eine Wand eingestürzt war und den Blick auf das Wetter und auf das Gelände freigab, das hinter dem Haus lag. Pflüge standen auf dem schwarzen Lehmboden, alles war staubig und mit einer feuchten Schicht aus Rost und Erde überzogen. An der einen Wand türmte sich ein Haufen halb zerbrochener Tonkrüge und -schüsseln. In den Ecken hingen Spinnweben.
Er hatte wieder die Stimme im Ohr, wie sie vorhin aus dem Handy gedrungen war.
»Ich habe damals Spione eingesetzt, um zu überwachen, was Pau Wen beim Grabhügel tat«, berichtete der Parteigeneralsekretär. »Er glaubte, dass keiner ihn beobachtete, und für Mao und Deng mochte das zutreffen, aber nicht für mich. Ich hatte ihn genau im Auge.«
»Und was haben Sie erfahren?«, fragte Ni.
»Pau hatte einen Weg in den Grabhügel hinein gefunden. Das überraschte mich. Qins Grab sollte, so hieß es, große Mengen Quecksilber enthalten. Und doch drang Pau Wen persönlich dort ein, hielt sich an einem Tag mehrere Stunden dort auf und tauchte aus einem Loch in der Nähe des Ortes wieder auf, der später Grube drei werden sollte. Überdies kam es eine Woche lang nachts zu sonderbaren Vorkommnissen, auch wenn keiner offiziell darüber Bericht erstattete.«
Ni wollte mehr wissen.
»Es kamen Männer mit Ausrüstung, die im Dunkeln arbeiteten. Es waren Arbeiter da, die nicht zur Ausgrabungsmannschaft gehörten. Einer der Nachteile unserer Regierungsform war, dass keiner bereit war, über das, was er gesehen oder gehört hatte, Bericht zu erstatten. Pau hatte die Leitung, und keiner forderte ihn heraus.«
»Außer Ihnen.«
»Ich führte eine Untersuchung durch, aber erst Wochen später. Wir konnten nicht feststellen, wo Pau einen Zugang in den Untergrund gefunden hatte. Damals wurde so viel gegraben, dass das ganze Gebiet von Löchern und Gräben durchzogen war, und so fanden wir es nicht heraus. Aber Jahre später habe ich etwas anderes entdeckt. Ich wurde von Peking zum Grabhügel zurückbeordert. Das war nach Paus Flucht aus China. Ich erhielt den Auftrag, einen Weg in den Grabhügel zu finden, und das ist mir gelungen.«
»Warum wurde darüber nie gesprochen?«
»Es gibt einen guten Grund für die Geheimhaltung.«
Ni starrte in die Düsterkeit, die die verfallenen Hütten umfing. Baumwipfel sperrten den Himmel aus und ließen nur wenig Licht
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