Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)
ausstrecken können. Sie konnten sogar etwas essen, da die Bordküche vor dem Abflug mit Vorräten versehen worden war. Vor dem Überfliegen der Taklamakan-Wüste waren sie einmal zum Auftanken gelandet.
Während des Flugs hatte Sokolov ihnen von seiner Gefangennahme durch Tang berichtet, von der Folter und der Gefangenschaft im Labor. Vor einigen Stunden hatten Nis Leute die Einrichtung gestürmt, die Wächter überrumpelt und ihn befreit, wobei zwei von Tangs Verbündeten getötet worden waren. Sokolovs Sorge schien allein seinem Sohn zu gelten, und er fasste neuen Mut, als Cassiopeia ihm berichtete, dass sie vielleicht wussten, wo der Junge sich befand.
»Warum sind Sie so wichtig für Karl Tang?«, fragte Ni.
»Ich hasse euch Chinesen«, spie Sokolov heraus.
»Ni ist hier, um uns zu helfen«, sagte Cassiopeia. »Tang hat versucht ihn und mich zu töten.«
»Ich verstehe Ihren Groll«, meinte Ni. »Aber ich hätte Sie nicht mitnehmen müssen, und ich hätte Sie auch nicht befreien müssen. Ich habe mich für beides entschieden, und das sagt doch hoffentlich etwas über meine Absichten aus.«
Sokolovs Gesicht wurde weicher, und die Wut verschwand aus seinen Augen.
»Ich habe entdeckt, dass Öl unbegrenzt verfügbar ist.«
Tang hörte sich über Kopfhörer die Berichte seiner Untergebenen an und erfuhr, was nach seiner Abreise aus Xi’an dort vorgefallen war und was sich in dem Labor in Lanzhou ereignet hatte.
»Sokolov wurde südwärts nach Xi’an geflogen«, erklärte sein Chefberater. »Und inzwischen ist Minister Ni mit zwei Ausländern und Lev Sokolov auf dem Weg nach Westen.«
»Wissen wir, wohin genau?«
»Nein. Sie haben keinen Flugplan angegeben.«
»Finden Sie heraus, wo das Flugzeug sich derzeit befindet. Die Maschinen von Sichuan Airlines sind mit Transpondern ausgerüstet. Ich möchte wissen, wo sie landen.«
Sein Berater nahm den Befehl bereitwillig entgegen.
Es wurde Zeit für ein paar vorbeugende Maßnahmen.
»Verbinden Sie mich mit dem pakistanischen Verteidigungsministerium«, trug er seinem Mitarbeiter auf. »Jetzt sofort.«
Viktor hatte das Gespräch über sein eigenes Headset mitverfolgt. Während Tang darauf wartete, dass die Verbindung hergestellt wurde, sagte er: »Ni hat beschlossen, sich Malones und Vitts zu bedienen. Sie zu seinen Verbündeten zu machen.«
Der Russe nickte. »Ein kluger Schachzug. Aber Malone ist ein Problem. Ni weiß nicht, mit wem er es da zu tun hat.«
Tang gefiel das alles nicht. Er wurde dazu gezwungen, zu immer gewagteren Mitteln zu greifen. Bisher hatte er sich auf die Geheimhaltung von Parteiaktivitäten berufen können, so dass niemand ihm irgendwelche Fragen gestellt hatte. Aber hier war nicht Peking.
Er fühlte sich verwundbar.
»Wollen Sie, dass ich mir Malone und Vitt vorknöpfe?«, fragte Viktor.
»Nein. Diesmal erledige ich das selber.«
Ni hatte Lev Sokolovs Worte gehört. »Erklären Sie, was Sie damit meinen.«
»Erdöl ist eine unbegrenzt verfügbare Ressource. Es bildet sich tief unter der Erde, und die Vorräte können sich auffüllen. Seine Ursprünge sind abiotisch. Biotisches Öl wurde aber schon vor langer Zeit aufgebraucht.«
»Ist das der Grund, weshalb Tang die Lampe mit dem Öl haben wollte?«, fragte Cassiopeia.
Der Russe nickte. »Ich brauche eine Probe für den Vergleichstest, der meine Theorie beweisen würde. Öl, das vor langer Zeit an bestimmter Stelle aus der Erde geholt wurde.«
Ni schwirrte der Kopf. »Weiß Tang darüber Bescheid?«
Sokolov nickte. »Deswegen hat er mein Kind entführt. Deswegen …«, er berührte sanft den Hemdstoff über seinem Bauch, »…hat er mich gefoltert.«
»Haben Sie eine Möglichkeit, zu beweisen, dass Öl tatsächlich eine unbegrenzt verfügbare Ressource ist?«
»Ja, allerdings. Das ist mein Lebenswerk. Mein Freund Jin Zhao wurde deswegen getötet.«
Was erklärte, warum Karl Tang Zhaos Hinrichtung so am Herzen gelegen hatte. Ni berichtete Malone und Vitt von Zhaos Anklage, Prozess und Todesurteil, deren Vollstreckung Tang persönlich überwacht hatte.
»Er war ein guter Mann«, sagte Sokolov. »Ihr habt ihn umgebracht.«
»Nicht ich«, stellte Ni klar.
»Euer ganzes Land ist korrupt. Nichts daran ist gut.«
»Wenn Sie das so sehen, warum sind Sie dann eingewandert?«, fragte Malone.
»Ich liebe meine Frau.«
Ni fragte sich, wie viele Menschen die chinesische Kommunistische Partei ebenso vor den Kopf gestoßen haben mochte. Millionen? Nein. Hunderte Millionen. Ohne
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