Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)
lächelte.
»Südlich von Kunming sind überall Seen. Dian Chi ist der beste. Vierzig Kilometer lang. Massenhaft Platz, um unbeobachtet zu wassern.«
»Und was sollen wir tun, sobald wir dort sind?«, fragte Malone.
»Wir können mit dem Zug nach Xi’an im Norden fahren«, e rklärte Pau. »Das dauert nur ein paar Stunden. Von dort kön n en wir einen Bus zum Terrakotta-Soldaten-Museum nehmen.«
Malone blieb skeptisch. »Das hier ist keine Spritztour quer durch Europa. Sie schlagen vor, dass wir unangemeldet fünfhundert Meilen in ein abgeriegeltes Land mit einer mächtigen Luftwaffe eindringen. Da könnte jemand rasch auf dumme Gedanken kommen.«
»Ich gebe Ihnen Pilot mit«, sagte Ivan, »der Flugzeug bedienen kann.«
»Ich kann das verdammte Ding selber fliegen«, entgegnete Malone. »Ich möchte einfach nur die Landung erleben.«
Ivan wischte Malones Sorgen beiseite. »Provinz Yunnan ist freundlich.«
Pau nickte. »Yunnan ist seit jeher eine rebellische Provinz. E ine abgelegene, raue Gegend mit einer sehr vielfältigen Bev öl kerung. Hier lebt ein Drittel aller chinesischen Minderheiten.«
»Wir haben Freunde, die dort helfen«, sagte Ivan. »Die Route wird kein Problem. Nehmen Sie mit diese Karte mit meinen Markierungen. Sie wissen, wie man navigiert?«
Cassiopeia schnappte sich die Karte. »Darum kümmere ich mich.«
»Voll aufgetankt?«, erkundigte Malone sich bei Ivan über das Flugzeug.
»Genug, um dorthin zu kommen. Aber Sie müssen verstehen, es gibt kein Rückflug.«
Ni ging nicht auf diese negative Bewertung seiner Fähigkeiten ein, dazu war er zu klug. Vielmehr kehrte er zu seiner anfänglichen Frage zurück. »Erzählen Sie mir mehr über Pau Wen.«
»Ich lasse mich nicht verhören. Das hier ist keine Ihrer Untersuchungen.«
»Vielleicht sollte es das aber sein.«
»Wegen Pau Wen? Sie sind diesem Mann gegenüber viel zu gutgläubig.«
»In Belgien hat Karl Tang Leute geschickt, um mich zu ermorden. Pau Wen hat das verhindert. Außerdem hat er mir einiges über Tang und Sie erzählt. Er hat auch von Unterredungen zwischen Ihnen und ihm selbst gesprochen. Er sagte, Sie hätten sich sogar über mich unterhalten. Ich möchte mehr über diese Gespräche erfahren.«
Sie standen am Eingang der Bestattungshalle. In ihrem Zentrum lag Maos Leiche in einem Kristallsarg.
»Ich habe ihn von unten hochbringen lassen«, erklärte der Generalsekretär. »Ich wollte ihn in seiner ganzen Pracht sehen.«
Ni wusste, dass Mao wie so viele Menschen in Peking jeden Tag zur Arbeit pendelte. Die Leiche wurde aus einer erdbebensicheren Kammer tief unter der Erde heraufbefördert und abends wieder dorthin zurückgebracht. Sie war in einen durchsichtigen Behälter eingeschlossen und in reinem Stickstoff gelagert. Halogenleuchten tauchten sie in einen goldenen Schein.
»Sie glauben, Pau, Tang und ich hätten uns verschworen?«, fragte der Generalsekretär schließlich.
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich stelle einfach nur eine Frage. Erzählen Sie mir von Ihren Unterredungen mit Pau Wen.«
»Ich erinnere mich an Maos Tod«, sagte der Generalsekretär und zeigte auf die Leiche. »Am 9. September 1976, kurz nach Mitternacht. Zehn Tage lang hat die Nation getrauert. Aus Lautsprechern und Radios schallte düstere Musik. In den Zeitungen wurde er als der größte Marxist der gegenwärtigen Ära gerühmt. Es hieß, er werde auf immer die Straße des Fortschritts für das chinesische Volk erleuchten. Drei Minuten lang verharrte das ganze Land an jenem Tag in Schweigen.« Der alte Mann hielt inne, den Blick noch immer auf den Sarkophag geheftet. »Aber wozu, Herr Minister? Sagen Sie mir, wozu?«
Ni begriff, dass der Generalsekretär seine Frage absichtlich überging. »Ich war damals nicht da. Sie dagegen schon. Was hoffte man daraus zu gewinnen, dass man Mao praktisch zum Heiligen erhoben hat?«
Der Generalsekretär sah ihn an. »Wissen Sie, was nach seinem Tod geschehen ist?«
Ni schüttelte den Kopf.
»Mao hatte öffentlich festgehalten, dass er eingeäschert werden wollte. Er sagte, Menschen sollte nach ihrem Tod nicht gestattet sein, weiter Platz zu verbrauchen. Sie sollten verbrannt werden. Er verkündete öffentlich, er werde mit seinem Beispiel vorangehen, sich einäschern und als Dünger verstreuen lassen. Aber wir wussten alle, dass das nur Propaganda war. Er wollte, dass man ihm huldigte. Das Problem war, dass keiner etwas von der Technik des Einbalsamierens verstand. Es entspricht
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